Kreis Wesel. Viele Menschen sind mit Messern bewaffnet, die Polizei muss damit rechnen. Auch im Kreis Wesel sei das so, sagt GdP-Vorsitzender Nils Krüger.
697 Beamte und 135 Angestellte zählt die Kreispolizei Wesel – sie ist eine der größten Landratsbehörden, wie Nils Krüger sagt: Seit 2019 ist der Leiter des Bezirksdienstes Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) im Kreis Wesel. Was treibt die Gewerkschaft um, was die Kolleginnen und Kollegen? „Ein Hauptthema ist das Personal“, sagt der 59-Jährige. Ein weiteres ist die zunehmende Respektlosigkeit und Gewaltbereitschaft, mit denen es die Polizisten zu tun bekommen. Zudem sei eine gewisse Kritikbereitschaft entstanden, polizeiliche Maßnahmen werden zunehmend in Frage gestellt. Jüngstes Beispiel war die Diskussion um eine Straßensperrung in Dinslaken, die eine Frau nicht akzeptieren wollte.
Thema Gewalt: „Widerstand gegen Polizeimaßnahmen hat es auch vor 30 Jahren schon gegeben“, sagt Krüger. Ihn persönlich erschrecke es aber, dass sich Gewalt jetzt auch gegen Feuerwehr und Rettungskräfte richte, die nur helfen wollen. Obwohl der Kreis Wesel eher ländlich geprägt ist, gebe es hier ähnliche Probleme wie in den Großstädten nur in geringerer Intensität: Die Hemmschwelle, übergriffig zu werden, sei deutlich niedriger geworden. „Früher konnte man bei konkreten Einsätzen mit Widerstand rechnen, bei Betrunkenen etwa“, erläutert der erfahrene Beamte. Heute begegne man Gewalt auch überraschend, „da fliegen dann etwa Steine und Flaschen“. Ebenfalls eine Entwicklung der vergangenen Jahre: Es gibt eine hohe Gewaltbereitschaft bei sehr jungen Täterinnen und Tätern, „das beginnt mit 13, 14 Jahren“. Problematisch sei das in Moers, wo die rivalisierende Jugendgangs einander bekämpften, aber auch in Dinslaken.
Messer sind ein Problem geworden, zum Teil gar nicht als Waffe zu erkennen
Und: „Immer mehr Menschen haben Waffen dabei“, sagt Nils Krüger, ein Umstand, auf den sich die Beamten einstellen müssen. Vor allen Messer seien ein erhebliches Problem geworden, unter anderem sogenannte Scheckkartenmesser, die auf den ersten Blick nicht als Waffe erkennbar seien. Eine latente Heimtücke habe sich eingeschlichen.
Auf der anderen Seite stehen Polizeieinsätze in der Kritik: Die Schüsse auf einen 19-Jährigen in Bad Salzuflen im Juni, der Polizeieinsatz in Dortmund im vergangenen Jahr, bei dem ein 16-Jähriger aus dem Senegal starb, die Schüsse an einer Tankstelle in Moers auf einen 25-jährigen Ladendieb, der mit Wodkaflasche und Messer auf Polizisten losgegangen sein soll. Es sind Meldungen, die erschrecken. Verändern sie das Verhalten der Menschen der Polizei gegenüber? Das stellt Krüger nicht fest, „mit normalen Bürgern ist noch immer gut zu reden“. Er selbst habe nie seine Waffe ziehen müssen. Solche Situationen seien immer mit Stress verbunden, trotz intensiven Trainings. „Was das innerlich mit einem macht, kann man nicht trainieren.“ Zwar seien auch Polizisten nicht fehlerfrei und man müsse einzelne Einsätze auch hinterfragen, „aber 95 Prozent machen einen guten Job und halten täglich ihren Kopf hin“. Innenminister Herbert Reul und Ministerpräsident Hendrik Wüst stellt Krüger ein gutes Zeugnis aus. Obwohl es noch zahlreiche Baustellen gebe, hätten sie viel für die Polizei getan.
Die neue Polizeistruktur erntet inzwischen kaum noch Kritik der Bürger
Inzwischen sei die Umorganisierung der Polizei im Kreis Wesel kein Thema unter den Bürgern mehr. „Es ist ja nicht weniger Polizei unterwegs. Es sind nur in Neukirchen, Rheinberg, Hamminkeln, Hünxe und Voerde die Dienststellen nicht mehr rund um die Uhr besetzt“, erläutert Krüger. Eine Ausnahme macht Xanten wegen der zahlreichen Touristen. Die neue Struktur habe sich etabliert und funktioniere.
Personalfragen treiben die Gewerkschaft seit Jahren um: 2021 gab es 60 Vollzeitbeamte weniger als noch im Jahr 2015. Das war die Talsohle, und auf der verharre die Polizei im Kreis Wesel aktuell mehr oder minder, im vergangenen Jahr gab es eine Stelle mehr. Es ist eine Herausforderung, diejenigen zu ersetzen, die in Pension gehen und auch in der Behörde stehen die Babyboomer kurz vor dem Ruhestand.
Nils Krüger ist sichtlich stolz auf die GdP, „wir haben landesweit mehr als 47.000 Mitglieder und sind weltweit die größte Polizeigewerkschaft“, sagt er. Eine, die auch in den kommenden Jahren im Kreis Wesel noch viel zu tun haben wird.