Herne. Ein Kita-Leiter in Herne wurde entlassen. Verdacht: Er besitzt Kinderpornos. Nun fragen sich Eltern: Wie werden Kinder in der Kita geschützt?
- Dem Leiter einer Herner Kita wird vorgeworfen, Kinderpornos zu besitzen.
- Der Mann wurde fristlos entlassen.
- Jetzt stellen sich Eltern die Frage, was Mitarbeitende in Kitas dürfen und was nicht.
Wie werden Kinder in den Herner Kitas geschützt? Was dürfen die Mitarbeitenden, und was dürfen sie nicht? Das fragen sich viele besorgte Eltern – spätestens seit bekannt ist, dass dem Leiter einer Kita in Herne vorgeworfen wird, kinderpornografisches Material zu besitzen. Der Mann wurde fristlos entlassen. „Kinder wurden noch nie so gut geschützt wie jetzt“, sagt die Verantwortliche beim Träger, der die betroffene Kita betreibt. Völlig auszuschließen seien Vorfälle wie dieser potenzielle Fall aber nicht: Was Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter daheim „im stillen Kämmerlein“ machten, wisse niemand. Und: „Es steht Leuten ja nicht auf der Stirn geschrieben, dass sie pädophil sind.“
Kitas in Herne müssten viele Papiere vorweisen, sagt Stadtsprecherin Anja Gladisch zur WAZ. So müssten sie unter anderem ein Schutzkonzept, ein inklusionspädagogisches Konzept, ein sexualpädagogisches Konzept und ein Konzept zum Beschwerdemanagement besitzen. In den Konzepten sei auch der Umgang mit Kommunikationsmitteln, darunter Smartphones, geregelt. Nämlich: Bilder und Filmaufzeichnungen der Kinder seien ohne Einwilligung der Eltern verboten. Außerdem müssten alle Beschäftigten regelmäßig ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen.
Herne: Träger hat ein 14-seitiges Schutzkonzept
Der Träger, in dem der Kinderpornografie-Verdacht aufkam, hat ein 14-seitiges Schutzkonzept erarbeitet. Nach dem Papier, das der Träger der WAZ vorgelegt hat, müssten sich die Mitarbeitenden richten, stellt die Verantwortliche klar. Darin heißt es: Kita sollen Schutzorte sein. Damit das so ist, müsse jeder aussichtsreiche Kandidat, der sich für einen Job in der Kita bewerbe, zunächst eine Hospitation machen. Dabei würden die Hospitanten von den Mitarbeitenden beobachtet und beurteilt.
Wer angestellt werde, müsse ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen, dass alle fünf Jahre erneuert werden müsse. In einer Dienstanweisung an die Belegschaft heißt es zudem: „Es dürfen keine dienstlichen Informationen, Fotos oder Videos an Eltern, Institutionen, Therapeuten mit Messenger-Diensten weitergeleitet oder auf Social Media hochgeladen werden.“ Auch ist festgeschrieben: „Keine pädagogische Fachkraft darf das eigene Smartphone während der Arbeitszeit nutzen.“
Unterschreiben müssten die Mitarbeitenden auch einen Verhaltenskodex, der elf Punkte umfasst. Dort heißt es ganz am Anfang: „Ich nehme die Intimsphäre und die individuellen körperlichen Grenzempfindungen der mir anvertrauten Kinder wahr und ernst. Die Kinder erfahren in unserer Einrichtung in allen intimen und beschämenden Situationen Schutz. Mein grenzachtender Umgang beinhaltet auch, die Kinder nicht mit Kosenamen anzusprechen, nicht zu küssen und sie, nur in Absprache mit ihnen selbst, mit ihrem Spitznamen zu benennen.“
Ein weiterer Punkt: „Ich verpflichte mich, Kinder vor körperlicher, seelischer und sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch zu schützen.“ Unterschrieben werden müsse zudem, dass die Mitarbeitenden auf persönliche Geschenke von Eltern, Familien und Kindern verzichten. Nicht zuletzt: Die Angestellten seien verpflichtet, Meldung zu machen, sollte sich jemand im Team nicht an diese Regeln halten. „Je sensibler man ist, desto besser kann man Kinder schützen“, betont die Verantwortliche.
Wichtig: Neben dem Schutz müssten die Kinder auch gestärkt und beteiligt werden, nicht zuletzt müssten sich sich beschweren dürfen. Auch darauf legt das Konzept wert. So heißt es an einer Stelle: „Sich für die Ideen der Kinder zu interessieren, ihnen aufmerksam zuzuhören und immer wieder zu ermutigen ihre Meinung frei zu äußern – diese pädagogische Haltung wird durch jede pädagogische Fachkraft und das gesamte Team vertreten.“
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Menschen mit pädophilen Neigungen werden durch die Schutzkonzepte aber natürlich nicht zwingend enttarnt. Das weiß auch die Verantwortliche des Kita-Trägers. Der Kita-Leiter sei von Kolleginnen und Kollegen sowie von vielen Eltern sehr geschätzt und nie negativ auffällig gewesen: Niemals habe es auch nur die kleinste Andeutung gegeben, dass der Kia-Leiter sich eines Fehlverhaltens schuldig gemacht haben könnte – auch nicht von den Kindern selbst, sagt sie.
Eltern und Mitarbeitende seien nach Bekanntwerden der Vorwürfe geschockt. Nachdem die WAZ den Fall bekannt gemacht hatte, habe es Anfragen auch von anderen Medien gegeben, berichtet sie, außerdem habe ein Kamerateam vor der Tür gestanden.
Wichtig: Ein Riss sei durch den Vorfall und die fristlose Entlassung nicht durch die Einrichtung gegangen. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien zum Dienst erschienen, niemand habe sich krank gemeldet. Auch die Eltern stünden hinter dem Team, niemand mache der Einrichtung Vorwürfe. Dennoch: „Daran werden wir noch lange zu knacken haben.“
>>> WEITERE INFORMATIONEN: Der Fall
Die Staatsanwaltschaft verdächtigt einen Herner Kita-Leiter, dass er kinderpornografisches Material besitzt. Nach einem Tipp aus den USA durchsuchte die Polizei die Privaträume des Mannes. Als herauskam, dass er eine Kita leidet, wurden die Durchsuchungen auf den Arbeitsplatz des Mannes ausgeweitet. Als der Kita-Träger darüber informiert wurde, entließ er den Mann fristlos.
Die Datenträger und Dateien aus der Wohnung würden nun ausgewertet, so die Staatsanwaltschaft. Nach aktuellem Stand, so der Kita-Träger, lasse sich kein strafrechtlich-relevanter Bezug zur Kita oder einer anderen Einrichtung des Trägers herstellen. Das sagt auch der Oberstaatsanwalt. Die Ermittlungen könnten sich in diesem Fall noch über Monate hinziehen.
Der Name der Kita ist der Redaktion bekannt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt des Verfahrens wird er mit Rücksicht auf das Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten nicht genannt, um ihn nicht öffentlich vorzuverurteilen.