Herne. Haxn, Hendl, Leberkäse und Schnitzel: Die WAZ hat die Bavaria Alm Herne getestet. Unser Reporter erlebte viel. Veganer dürften schockiert sein.

Zünftig Bayerisches mitten im Ruhrgebiet? Die Bavaria Alm an der Holsterhauser Straße in Herne bietet Alpenländisches auf den Teller. Aber wie funktioniert das, wenn dann auch noch Systemgastronomie dahintersteckt? Die WAZ Herne hat es im Gastro-Check getestet.

  • Die Bavaria Alm gehört wie das Café del Sol zur Hildesheimer Gastro & Soul GmbH
  • Die Gastro ist seit 16 Jahren am Standort in Herne
  • Auf dem Teller landet nur wenig Vegetarisches und Veganes
  • Zur Kette gehören insgesamt fünf Standorte

Irgendwie gehört die Bavaria-Alm im Kopf vieler Hernerinnen und Herner immer noch zu den Frischlingen im gastronomischen Angebot. Denkste! Nach 16 Jahren am Standort ist die Filiale der Hildesheimer Gastro & Soul GmbH mittlerweile im besten Teenie-Alter. Bei der kleinen Schwester des jüngst getesteten fünf Jahre älteren Café del Sol nebenan spürt man das Konzept der Gastronomie auf der „grünen Wiese“ noch mehr.

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Atmosphäre: Wenn man mal außen vor lässt, dass diese Hütte nicht wirklich in den Alpen steht, könnte man es aber durchaus glauben. Die Bavaria Alm mit ihren mächtigen Holz-Balken und -Stämmen unterscheidet sich nicht von den „echten“ Ski-Almen zwischen Garmisch und Berchtesgaden. Drinnen ist es urgemütlich. Das bringt das Konzept mit. Die Gäste verteilen sich gut in den Sitzecken und um den Kamin im Erdgeschoss. Die offene Galerie oben lässt viel von der Atmosphäre schnuppern. Anders als nebenan im Café del Sol hält sich auch die Lautstärke trotz vieler Gäste noch in Grenzen. Ein perfekter Ort für kleine oder größere Feiern ist der Gesellschaftsraum im Halb-Untergeschoss. Hier lässt es sich gut abgegrenzt von der Masse der Besucherinnen und Besucher ungestört und entspannt feiern. Ein kleiner Minuspunkt: Wer oben auf der Galerie sitzt, hängt den Menschen unten direkt über dem Teller.

Die Bavaria Alm an der Holsterhauser Straße in Herne. Hier gibt es zünftig Bayerisches auf den Teller.
Die Bavaria Alm an der Holsterhauser Straße in Herne. Hier gibt es zünftig Bayerisches auf den Teller. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Service: Licht und Schatten waren selten so dicht beisammen. Beginnen wir mit dem Negativen bei einem Test-Besuch am Samstagabend. Da ist es rappelvoll, aber man kann’s ja mal probieren. Der Service-Mann am Empfang sagt außer „Alles voll!“ recht wenig, geht weg und lässt uns einfach stehen. Kein Gruß, kein „Tut mir leid“, kein Verweis aufs nächste Mal oder bessere Uhrzeiten und Termine. Dass viele (offensichtlich bereits reservierte) Tische frei sind, könnte man den Gästen nett erklären. Denn eigentlich ist „Empfangschef“ am Tresen eine ziemlich gute Sache, um freie Plätze und ankommende Gäste zusammenzubringen. Nur den Gedanken muss man halt auch leben. Ein ganz anderes Bild bei einem weiteren Besuch unter der Woche: Die junge Kellnerin verdient sich Top-Noten in Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Essen und Getränke kommen schnell. Die Abläufe wirken rund. Leider kann man das nicht beim Blick auf alle Kolleginnen und Kollegen sagen. Auch beim dritten Besuch zur Mittagszeit ist der Service hervorragend.

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Angebot: Bei fünf Standorten (darunter eine hoch oben zwischen Bundesstraße und Skigebiet im Harz im niedersächsischen Torfhaus) ist der Begriff Systemgastronomie vielleicht noch nicht so sehr zutreffend wie für das Café del Sol. Die Speisekarte gilt allerdings für alle Restaurants gleich. Es gibt Suppen, Brotzeiten und Salate. Bayerische Identität stiften Schnitzel (17,40 bis 18,90 Euro), Knödel (10,90 bis 13,90 Euro), Flammkuchen (11,10 bis 13,70 Euro), Leberkäse (14,70 Euro), Weißwürste (5,50 Euro) und Haxn (19,90 Euro). Dazu: Hendl und Burger. Aufgepasst bei den Burgern: Zum Preis von 11,50 bis 14,90 Euro kommen noch die Beilagen. Dennoch: Die Preise sind bester Gastro-Durchschnitt. Ein kurzer Blick aufs Flüssige: Die Getränkekarte bleibt klassisch. Biertrinker finden Löwenbräu und Franziskaner. Die Maß kostet 9,40 Euro, unter Oktoberfest-Niveau. Der (alkoholische) Rest der Karte ist Standard, aufgehübscht mit ein paar schönen Überraschungen wie dem Ski-Shot für 3,60 Euro oder dem Longdrink Flying Hirsch (5,50 Euro). Hey, was ist eigentlich mit Vegetariern? Für Veganer gibt’s quasi nichts auf der Speisekarte.

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Geschmack: Wer’s zünftig mag, wird hier satt und glücklich. Wir testen (mal wieder) das Schnitzel. Das Jägerschnitzel kommt perfekt auf den Punkt. Die Waldpilzrahm-Soße wird in der eigenen Sauciere geliefert und rettet das Schnitzel vor dem Ertrinken, bevor es am Platz ankommt. Der Salat ist in Ordnung. Das Gericht bietet insgesamt wenig Kreativität beim Kochen. Was anderes kann man von System-Gastronomie aber auch nicht erwarten. Auch der Kaiserschmarrn als Nachtisch schmeckt gut abgestimmt, wenn auch die Portion für 11,10 inklusive 1,20 Euro Aufpreis für die Rum-Rosinen doch recht klein geraten ist.

Fazit: Wer Zünftiges mag, ist hier sehr gut aufgehoben. Die (künstlich geschaffene) Atmosphäre überzeugt mehr als bei anderen System-Gastronomen, wenn man verdrängen kann, dass nur ein paar Meter weiter kein Bergbach, sondern die A 43 rauscht. Nur, liebe Veganer, bitte nehmt Reißaus vor dieser Alm! (Oder wie der tradierte Bayer sagen würde: Hier ist die Welt noch in Ordnung.) Ein ganz klares Minus: Der Service ist zu sehr von der Person abhängig, die einem gerade begegnet. Da müsste deutlich mehr Linie vom Haus zu erkennen sein.

Bewertung:

  • Geschmack: 4,0 von 5,0
  • Atmosphäre: 4,0 von 5,0
  • Service: 3,0 von 5,0

Hinweis der Redaktion:Diese Gastro-Kritik entspricht dem subjektiven Geschmacksurteil des Verfassers. Bei unseren Tests geben wir uns nicht zu erkennen, bewerten unabhängig und bezahlen das Essen selbst.

Adresse: Holsterhauser Straße 188, 44625 Herne, Telefon:02325/4670250, Reservierung auf www.bavariaalm.de, Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag von 12 bis 22 Uhr, Küche bis 21.30 Uhr. Freitag: 12 bis 23 Uhr, Küche bis 22.30 Uhr. Samstag von 9 bis 23 Uhr, Küche bis 22.30 Uhr. Sonntag und Feiertag: 9 bis 22 Uhr, Küche bis 21 Uhr.