Wanne-Eickel. . Heinz Rühmann, einer der bekanntesten deutschen Schauspieler, verbrachte seine Kindheit in Wanne, wo seine Eltern von 1902 bis 1916 die Bahnhofs-Gaststätte gepachtet hatten. Dort gab der kleine Heinz schon im Alter von vier Jahren erste Proben seines schauspielerischen Talents.

La-Le-Lu, nur der Mann im Mond schaut zu: Wenn man so will, hat Heinz Rühmann die helle Scheibe am Himmel musikalisch schon früher entdeckt (Wenn der Vater mit dem Sohne, 1955) als Friedel Hensch und die Cyprys, die sich 1962 mit dem Mond von Wanne-Eickel unsterblich machten. Schließlich ist der berühmteste Sohn des Stadtteils ja unter dem Mond von Wanne-Eickel groß geworden.

Das Straßenschild „Heinz-Rühmann-Platz“ erinnert an den großen Schauspieler, sonst nichts, aber auch gar nichts. Auch in der Bahnhofskneipe, die Rühmanns Vater von 1902 bis 1916 betrieb, findet man keine Hinweise auf Quax, den Bruchpiloten oder Johannes Pfeiffer (mit drei F) aus der Feuerzangenbowle. „Das wurde hier ja komplett umgebaut“, weiß die Wirtin, die den wunderbaren Namen Sonja Buongiorno tragen darf.

Urszenen seiner Karriere

Vor 100 Jahren ein turbulenter Treffpunkt, ist die Bahnhofsgaststätte, in der der kleine Rühmann schon seine ersten kleinen schauspielerischen Kunststücke zeigte, ein eher beschaulicher Ort. Zwei Herren sitzen an der Theke, die Straßenbahn quietscht vorbei. Am meisten los sei bei Fußballspielen und – natürlich – während der Cranger Kirmes, sagt Sonja Buongiorno.

Stadtarchivar Jürgen Hagen hat biografische Daten Rühmanns zusammengetragen: „In Rühmanns Kindheit nimmt der Bahnhof in Wanne-Eickel keine unbedeutende Rolle ein.“

Kurz nach der Geburt von Heinz Rühmann – das war im Jahr 1902 – sei die Familie von Essen nach Wanne gezogen. Die Eltern hatten dort die Bahnhofsgaststätte gepachtet. Die frühere Haushaltshilfe der Rühmanns, Wilhelmine Mertens, erinnerte sich an die ersten Theaterauftritte, die der vierjährige Heinz unter der Regie seines Vaters absolvierte. Dieser holte seinen Sohn hin und wieder aus dem Bett und stellte ihn mitten unter die Gäste auf einen Stuhl. Klein-Rühmann sorgte dann für die weitere Unterhaltung.

Bilder aus Illustrierten nachgespielt

Unter dem Beifall der Gäste gab er Proben seines schauspielerischen Talentes ab und spielte Bilder nach, die er in Illustrierten fand. Rühmann selbst bezeichnete die Auftritte als „Urszenen“ seiner Karriere. In Wanne erwachte aber auch Rühmanns Leidenschaft für die Fliegerei. So berichtet er, dass er als Junge tagelang am Flugplatz Wanne-Herten, der zu Pfingsten 1912 eingeweiht wurde, „herumlungerte“. „Ich war glücklich“, so seine Erinnerung, „wenn ich bei Piloten und Mechanikern sein konnte, die immer an etwas herumbastelten. Es roch so schön nach Öl und Benzin.“ Später machte Rühmann den Flugschein und übernahm bei den Dreharbeiten zu dem Film „Quax der Bruchpilot“ alle Flugszenen selbst, auch die Kunstflugszenen.

Die Bahnhofswirtschaft in Wanne war eine Goldgrube, wie Rühmanns Vater immer wieder erklärte. Allein die Automaten, die er als einer der ersten zwischen den Wartesälen aufstellte, warfen genügend Gewinn ab, um den Lebensunterhalt der Familie sicherzustellen. Auch die Küche der Mutter war hervorragend. Es gehörte zum guten Ton, samstags oder sonntags zum Essen zu Rühmanns in die Bahnhofsgaststätte zu gehen.

Aufgrund der guten wirtschaftlichen Situation übernahm das Ehepaar 1913 das neu eröffnete Hotel Handelshof in Essen mit Cafés, Restaurants, einem Weinsalon und diversen anderen Geschäften. Hier überhoben sie sich aber finanziell: Zwei Jahre später mussten sie Bankrott anmelden. Die Ehe zerbrach und Vater Heinrich Rühmann endete tragisch, er beendete sein Leben in Berlin – durch eigene Hand, wie Hagen ergänzt.

Geburtstagsgrüße an sein altes Gymnasium

Ob es in seiner Schulzeit auch „ein kleines Schlöckchen“ wie in der Feuerzangenbowle gab, ist nicht überliefert. Wohl aber, dass Heinz Rühmann das Realgymnasium der Ämter Wanne und Eickel, das heutige Gymnasium Eickel, besuchte. Als die Schule 1979 ihr 75-jähriges Jubiläum feierte, schrieb Rühmann ein lustiges Grußwort mit dem Titel: „Mein altes Gymnasium, ich grüße Dich.“ Damals 77 Jahre alt, konnte sich Rühmann an die Wanner Zeit gut erinnern.

„Damals wohnten wir auf dem Bahnhof in Wanne, und ein kleiner Junge als Sextaner mit der bunten Mütze auf marschierte stolz durch die Fahrkartensperre hindurch, die Straßen entlang, an der Metzgerei Leesen vorbei, zu Deinem mir unendlich gross erscheinenden Schulgebäude.

Auf dem Heimweg wurden Straßenschlachten geliefert, ich trage heute noch eine Narbe, und nachmittags wurde im kleinen Bahnhofsgarten Schleuderball gespielt, und eine Lokomotive, die vorne einen großen Haken hatte, nahm den Ball mit fort nach Gelsenkirchen, wo wir ihn abholen durften.

Eine glücklich unbeschwerte Zeit mit einer geliebten Mutter, die immer voll Sorge war, umgeben von guten Freunden, die, wenn auch nicht alle, heute noch da sind.

Mein altes Gymnasium, so alt bist Du gar nicht, etwas jünger als ich, aus Dir kann noch was werden! Ich grüße Dich, Dein Heinz Rühmann