Herne. Fast 25 Jahre schlummerte die Leberentzündung Hepatitis C im Körper von Frank Legat – bis er an einer Studie in Herne teilnahm. Drei Monate später war Legat geheilt. Rückblickend spricht der Dortmunder von einem “Sechser im Lotto“.

Als bei Frank Legat Ende der 80er Jahre Hepatitis C diagnostiziert wurde, war die Behandlung der Leberentzündung noch in den medizinischen Kinderschuhen. Legat arbeitete zu diesem Zeitpunkt seit fünf Jahren als Zahntechniker in Dortmund. „Die Fingerkuppen sind immer wund, man pikst sich hier und dort“, sagt der heute 57-Jährige, wenn er auf diese Zeit zurückschaut. Von Ansteckungsgefahr über kontaminiertes Blut und Hepatitis C wusste noch niemand etwas. Nach einer Blutspende kam drei Wochen später die Diagnose: „Herr Legat, sie haben Hepatitis C“, sagte ein Arzt.

Teilnahme an einer Studie

Dann nahm die Krankheit ihren Lauf. Die Medien berichteten von einem neuen Hepatitis-Typ, bisher kannte die Medizin nur Typ A und B. Hepatitis C wurde erstmals im Jahre 1989 mit Hilfe gentechnischer Methoden identifiziert. Legat begab sich in Behandlung in das Bochumer Bergmannsheil, doch da, erinnert sich der 57-Jährige zurück, habe man in den Augen der Ärzte nur „die Dollarzeichen“ gesehen. Legat verabschiedete sich und ließ die Krankheit zunächst gewähren. „Ich habe keine großen Auswirkungen gesehen, war manchmal nur etwas müde.“ Und: Aus Legats Umfeld gab es keine Ausgrenzungen, keine Vorurteile – alles lief seinen gewohnten Weg.

Im Dezember 2012 hörte Legat von Dietrich Hüppe, einem Gastroenterologen aus Herne. Schnell fühlte sich Legat in Hüppes Praxis wohl, es folgte zunächst die klassische Therapie mit Interferon und Ribavirin, um die Abwehrreaktion des Körpers gegen die Virusinfektion zu verstärken und die Vermehrung der Viren zu verhindern. Gut ein Jahr später erfuhr Legat von einer Studie, in der eine neue Therapie zur Behandlung von Hepatitis C erprobt wurde. Auch Dr. Hüppe nahm daran teil. Legat bewarb sich und hatte Glück: Eine Probandin aus Portugal sprang ab, Legat rutschte in die Studie, die von dem amerikanischen Pharmaunternehmen GileadSciences mit 100 000 Euro pro Probanden finanziert wurde. „Es war wie ein Sechser im Lotto“, blickt Legat zurück.

Er nahm den damals noch als „Prüfmedikament“ bezeichneten Wirkstoff Sofosbuvir in Kombination mit Interferon, doch bis auf wenige Hautirritationen und leichten Schlafstörungen gab es fast keine Nebenwirkungen zu verspüren. Die antivirale Wirkung des neuen Wirkstoffs führte dazu, dass der Vermehrungszyklus der Hepatitis-C-Viren in der Leberzelle unterbrochen wurde. Nach drei Monaten war Legat virenfrei – sein neues Leben begann.

Herner Mediziner zeigt sich stolz

„Wir sind natürlich stolz darauf, dass wir als eine der wenigen Praxen in Europa an dieser internationalen Medikamenten-Zulassungsstudie teilnehmen konnten“, sagt der Herner Mediziner. Insgesamt fünf Patienten des Genotyps 2 und 3 seiner Praxis nahmen an der Studie teil, alle konnten ohne die Zugabe von Interferon geheilt werden.

Der neue Wirkstoff Sofosbuvir gilt als hoch effizient und erhöht die Heilungsrate der chronischen Hepatitis C laut Hüppe „um mehr als 90 Prozent“. Aber: „Der Wirkstoff schafft es nicht allein. Andere Medikamente sind nötig“, so der Gastroenterologe. Der Vorteil: Das neue Medikament funktioniere fast ohne Nebenwirkungen. Die Ergebnisse der Zulassungsstudie haben nun dazu geführt, dass die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) ein beschleunigtes Zulassungsverfahren für das neue Medikament eingeleitet hat.

Nun ist es auch in Deutschland verfügbar. Die Therapie mit dem neuen Medikament dauert üblicherweise drei Monate und erfordert die tägliche Einnahme einer Tablette in Kombination mit anderen Wirkstoffen. Die antivirale Wirkung der Substanz führt dazu, dass der Vermehrungszyklus der Hepatitis-C in der Leberzelle unterbrochen wird. Doch einfach nur die Pille einschmeißen und dann auf Besserung hoffen, das sei nicht zu empfehlen: „Obwohl die Behandlung immer einfacher wird, sollten weiterhin nur Zentren die Behandlung durchführen, die mit der Erkrankung sehr vertraut sind“, warnt der Mediziner Hüppe.

Und: Die Therapie erweist sich zurzeit noch als äußerst kostspielig. 60 000 Euro für drei Monate kostet die Behandlung mit Sofosbuvir. Zurzeit laufen Preisverhandlungen zwischen den Krankenkassen und den Pharmafirmen.