Essen. Anders als bei Hepatitis A und B gibt es gegen Hepatitis C noch keine Schutzimpfung. Am Essener Uni-Klinikum suchen Forscher daher nach einem solchen Impfstoff. Ihr Labor ist wahrscheinlich einer der am besten isolierten Orte der Stadt.

Soll niemand sagen, hier sei nicht an alles gedacht worden: Genau 2000 Kubikmeter Wasser ergössen sich im Falle eines Brandes über das Labor, kein einziger mehr. Das hat seinen Grund. Der Boden des Raumes ist zur Mitte hin leicht gesenkt, so dass eine Art Wanne entsteht, die exakt jene 2000 Kubikmeter fassen kann. Darin würde sich das Löschwasser sammeln, statt unter den Türen hindurch und das Treppenhaus hinunter zu fließen, denn das wäre folgenschwer.

In dem Labor des Essener Uni-Klinikums forschen Wissenschaftler an Zellen, die mit dem Hepatitis C-Virus infiziert sind. Weil dabei gentechnische Veränderungen eine Rolle spielen, herrschen besonders hohe Sicherheitsstandards. Wahrscheinlich handelt es sich um einen der am besten abgeschotteten Orte der Stadt.

Die Virologen mussten sich lange gedulden, bevor sie die Anlage überhaupt nutzen konnten. Fünf Jahre stand das Labor im Robert-Koch-Haus an der Virchowstraße fertig da, ohne dass es in Betrieb genommen werden durfte. Der ohnehin aufwendige Genehmigungsprozess verzögerte sich immer wieder, weil dieses oder jenes Detail strittig war. Für die Räume gilt die Sicherheitsstufe 3 der sogenannten Gentechnikverordnung. Labore mit noch höheren Anforderungen gibt es lediglich an zwei Standorten in Deutschland.

Nichts verlässt den Raum unbeobachtet

„Alles, was die Anlage verlässt, muss inaktiviert werden. Der Müll wird anschließend verbrannt“, erklärt Dr. Andreas Walker. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Virologie und dort auch der Gentechnik-Beauftragte. „Inaktivieren“ bedeutet: eine halbe Stunde in 130 Grad heißem Dampf.

Sämtliche Gegenstände, die die Mitarbeiter aus dem Labor tragen, kommen in den Sterilisator, das gilt für Kleidung ebenso wie für Notizblöcke. Es empfiehlt sich also, gut zu überlegen, was man überhaupt mit hineinnimmt. Laptops und Datenträger jedenfalls nicht. Ergebnisse werden ausschließlich von den im Labor aufgestellten Computern elektronisch übermittelt.

Doppelte Absicherung

Auch sonst ist der Raum bestmöglich abgeschirmt. Die Mitarbeiter betreten und verlassen ihn durch eine Schleuse. Wasser- und Abwasserleitungen gibt es nicht, die Lüftung ist eine ausgeklügelte Angelegenheit. „Es herrscht ein konstanter Unterdruck, damit die Luft immer nach innen strömt“, so Walker. Kein Hauch Verunreinigung soll nach außen dringen. Weil es ohne Abzug freilich nicht geht, wird die Luft auf dem Weg hinaus durch zwei Filtersysteme geschickt. Sollte eines ausfallen, greift immer noch das andere.

Ein kleiner Kreis von Auserwählten 

Das Prinzip der doppelten Sicherung wird hier ohnehin hochgehalten – schon bei der Kleidung. Ganzkörperanzüge und Mundschutz sind zwar nicht vonnöten, dafür trägt man zum Beispiel zwei Paar Handschuhe übereinander, für den Fall, dass das obere kaputtgeht.

Fünf Mitarbeiter des Instituts arbeiten regelmäßig im Labor. „Wir haben den Kreis der Personen bewusst klein gehalten, damit man einen Überblick hat“, so Walker. Der Gentechnikbeauftragte muss neben den praktischen Vorkehrungen auch formale Anforderungen im Auge haben, denn mit der Genehmigung des Labors als solchem war die Sache nicht getan.

Auch für einzelne Vorhaben benötigt das Institut unter Umständen eine Erlaubnis. Im April erst bekam man von der Bezirksregierung grünes Licht für weitere Arbeiten. Die Genehmigung musste öffentlich bekannt gemacht werden, lag danach zwei Wochen in Düsseldorf aus. Nun folgt noch eine Klagefrist von vier Wochen. Hat die schon mal jemand genutzt? „Wäre mir nicht bekannt“, sagt Walker.

Teure Therapie

Anders als bei Hepatitis A und B gibt es gegen Hepatitis C keine Schutzimpfung. Eine solche zu finden, ist das langfristige Ziel der Virologen des Uni-Klinikums. Ihr Ansatz: „Bei Hepatitis-C entwickelt ein Teil der Patienten eine Immunität, der andere nicht“, so Prof. Dr. Jörg Timm, stellvertretender Direktor des Instituts. „Wir wollen wissen, wie diese Immunität entsteht.“ Dafür bringen die Forscher derzeit infizierte Leberzellen und Immunzellen zusammen.

Zwar gehe die Zahl der Hepatitis-C-Infektionen in Deutschland zurück und würden die Medikamente zur Therapie stets besser, so Timm: „Ich schätze, dass die Heilungschancen bald jenseits der 90 Prozent liegen.“ Den Zweck ihrer Forschung sehen die Essener Wissenschaftler dadurch jedoch nicht geschmälert, denn die Behandlung sei teuer. Rund 40.000 Euro koste eine zwölfwöchige medikamentöse Therapie nach neuestem Standard.