Herne. . Hernes Oberbürgermeister Horst Schiereck sieht kein Problem darin, dass die französische Partnerstadt Hénin-Beaumont nun einen rechtsextremen Bürgermeister hat. Die Städtepartnerstadt bestehe seit 60 Jahren, damals habe es in Herne auch noch viele Nazis gegeben. Und: Herne habe ganz andere Probleme.

Er verstehe die ganze Aufregung nicht! Hernes Oberbürgermeister Horst Schiereck (SPD) kann sich regelrecht in Rage reden, wenn es in diesen Tagen um die Beziehung zur französischen Partnerstadt Hénin-Beaumont geht. Dort hatten die Bewohner, wie berichtet, vor gut einer Woche den rechtsextremen Steeve Briois vom Front National zum Bürgermeister gewählt. Und während belgische Städte gestern ihre Partnerschaften zu nach rechts abgerutschten Kommunen demons­trativ auf Eis legten, ereifert sich Schiereck, ihn plagten ganz andere Sorgen, nämlich „finanzielle“ um seine Stadt.

„In erster Linie geht es bei der deutsch-französischen Städtepartnerschaft um Kontakte zwischen Bürgern. Denken Sie doch mal daran, wie viele alte Nazis es in Herne gab, als vor sechzig Jahren die Partnerschaft begründet wurde“, argumentiert Schiereck. Hénin-Beaumont, das im Nordosten Frankreichs nahe Lille liegt, ist die einzige französische Stadt, in der ein Kandidat des Front National im ersten Wahlgang gewählt worden ist.

Strukturwandel nicht bewältigt

Die Stadt gehört zu einem ehemaligen Kohlenrevier, das bis heute den Strukturwandel nicht bewältigt hat und unter hoher Jugend-Arbeitslosigkeit leidet. Der Kontakt Hernes nach Hénin-Beaumont währt inzwischen 60 Jahre, regelmäßig tauschen sich Schulen und Sportvereine aus, gibt es bikulturelle Veranstaltungen.

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„Mal gucken, wie es weitergeht!“, sagt Jochen Paul, der Vorsitzende des Vereins zur Förderung der partnerschaftlichen Beziehungen der Stadt. Paul betont, dass es primäre Aufgabe sei, die Menschen zusammenzuführen. „Ich bin guten Mutes, dass es weitergeht!“ Die nächste Gruppe, die aus Herne nach Hénin-Beaumont reist, sind elf- bis 15-jährige Schüler der Realschule Strünkede. Jugendliche, von denen viele Migranten-Hintergrund haben. Türkische Wurzeln vor allem, aber auch afrikanische, albanische, syrische.

Bislang keine Bedenken gegen Schüler-Austausch

Bisher, so heißt es, hätten deren Eltern noch keine Bedenken geäußert, sie nach Frankreich fahren zu lassen, obwohl der Front National sich massiv gegen Zuwanderer positioniert. Oberbürgermeister Schiereck zieht sich darauf zurück, dass die französische Polizei für die Sicherheit der Jugendlichen zuständig sei.

Eine, die gerade erst mit ihren Schülern in der Partnerstadt war, ist die Lehrerin Edith Grams von der Gesamtschule Wanne-Eickel. „Es war sehr schön, die Menschen sind sehr freundlich. Aber ich bin froh, dass ich noch dem alten Bürgermeister die Hand schütteln konnte, nicht dem neuen“, sagt Grams. Sie fände es richtig, angesichts der Wahl ein deutliches Zeichen zu setzen, „ohne gleich die Bande zu kappen“.