Herne/Wuppertal. . Eigentlich wollten die Eltern ihr verstorbenes Baby am Freitag auf einem Wuppertaler Friedhof beerdigen, doch dazu kam es nicht. Das Frühchen starb am Dienstag nach einer Notoperation im Marienhospital in Herne und ist jetzt spurlos verschwunden. Nun ermittelt die Kriminalpolizei.
Im Marienhospital in Herne ist ein verstorbener Säugling verschwunden. Als die Bestatter das Kind am Freitag um 9 Uhr abholen und zur Beerdigung transportieren wollen, ist das Bettchen in der Leichenhalle leer. Die Eltern stehen unter Schock, die Verantwortlichen des Krankenhauses vor einem Rätsel.
Angehörige des toten Mädchen stehen am Freitagvormittag bereits am offenen Grab in Wuppertal, als sich vor der Kinderklinik in Herne-Börnig ein Drama abspielt: Onkel und Tanten, später auch die Eltern des Säuglings eilen zur Klinik, als sie von den Bestattern erfahren, dass das Kind verschwunden ist. Sie sind entsetzt, erregt, diskutieren lautstark vor dem Eingangsportal. Dann rufen sie die Polizei. Zwei Streifenwagen fahren vor, dann kommt die Kripo.
Aufregung im Krankenhaus
Im Krankenhaus herrscht Aufregung. Telefone glühen, Theo Freitag, Geschäftsführer des St. Elisabeth-Gruppe, fährt vor. Er ist es, der gegen Mittag die Angehörigen und die Beamten der Kriminalpolizei in einem Besprechungsraum versammelt. Informationen werden ausgetauscht, Fakten kommen auf den Tisch. Für Aufklärung kann niemand sorgen: „Wo das Kind ist, ist völlig ungewiss“, sagt er der Redaktion.
Festzustehen scheint allein: Die Tote muss im Zeitraum zwischen Dienstag und Freitag aus dem Aufbewahrungsraum im Kellergeschoss verschwunden sein. Das Mädchen, berichtet der Klinik-Chef, sei in Wuppertal als extremes „Frühchen“ zur Welt gekommen und nach Herne ins Marienhospital II transportiert worden. Die Zweigstelle der Klinik im Herner Norden beherbergt neben der Urologie unter anderem auch die Kinderchirurgie. Letztere habe einen „exzellenten Ruf in der Behandlung von Frühgeborenen“. Das Leben des Mädchens, das laut Angehörigen nach nur einem guten halben Jahr auf die Welt kam, haben die Ärzte nicht retten können. Nach einer Not-Operation sei es am Dienstag verstorben; es habe nur 450 Gramm gewogen.
Kurz darauf verliert sich die Spur des Kindes. Eine Krankenschwester, sagt der Geschäftsführer, habe es – wie in solchen Fällen üblich – in ein Tuch gehüllt und gemeinsam mit einem Teddybärchen in ein Bettchen gelegt und in die Leichenhalle gebracht. „Wir haben es pietätvoll, menschlich und respektvoll behandelt“, stellt er klar. Was aber anschließend mit dem Kind passiert ist, weiß bislang niemand.
Geschäftsführer sichtlich mitgenommen
Laut Klinikchef nehmen die Ermittler nun Kontakt mit allen Beteiligten auf, darunter mit Pflegekräften, Ärzten, Servicepersonal, aber auch mit einem anderen Bestatter, der zwischenzeitlich im Raum war und einen anderen Toten abgeholt hat. Der Aufbewahrungsraum sei immer abgeschlossen, der Schlüssel liege in der Pforte.
Die geschockten Eltern des Kindes sitzen am Nachmittag lange auf Bänken in dem langen Flur im Erdgeschoss der Klinik, um sie herum ihre Angehörigen. Reden wollen sie nicht mit der Redaktion. Das machen Angehörige. Sie äußern Zweifel, ob es in dem Krankenhaus mit rechten Dingen zugegangen ist. Die erregten Verwandten erheben schwere Vorwürfe, fragen sich, ob bei der Not-Operation womöglich etwas schief gegangen ist und ob Mitarbeiter anschließend mit der Beseitigung des Leichnams etwas vertuschen wollten. Klink-Chef Freitag schüttelt energisch den Kopf. Das sei völlig ausgeschlossen, stellt der sichtlich mitgenommene Geschäftsführer klar.