Herne. . Der Historiker Ralf Piorr hat in den USA einen „Emmy“ gewonnen: Er erhielt den Oscar der Fernsehbranche für seine Forschungen zu einer Dokumentation über Jesse Owens. Der schwarze Leichtathlet hatte 1936 bei Olympia in Berlin viermal Gold gewonnen.

Was haben Weltstar Michael Douglas, die US-Serie „Breaking Bad“ und der Herner Ralf Piorr gemeinsam? Sie alle haben in diesem Jahr für außerordentliche Leistungen einen „Emmy“ gewonnen, den „Oscar“ der US-Fernsehbranche.

Natürlich nicht als Darsteller, sondern als „Researcher“ ist dem Historiker Piorr diese Ehre zuteil geworden. Konkret: für seine Recherche zur US-Dokumentation über Jesse Owens, der als schwarzer Leichtathlet 1936 bei den Olympischen Spielen in Nazi-Deutschland vier Goldmedaillen gewann. Der 46-jährige teilt sich den Preis für „outstanding research“ (deutsch: herausragende Forschungsergebnisse) mit insgesamt fünf Kollegen aus Deutschland und den USA.

Auszeichnung in Abwesenheit

An der „Emmy“-Preisverleihung für Nachrichten- und Dokumentationssendungen in New York hat Ralf Piorr nicht teilgenommen: „Ich hätte den Flug und 500 Dollar für die Eintrittskarte selbst bezahlen müssen.“ Und dann hätte es ja auch passieren können, dass „American Experience“, so der Originaltitel des Films, leer ausgeht – waren doch mehrere Dokus nominiert.

Wie kommt eine US-Produktionsgesellschaft dazu, für einen Film einen Historiker aus Herne zu verpflichten? „Das lief über die Kölner Gesellschaft ,Taglicht Media’, die ebenfalls an der Dokumentation beteiligt ist“, so Piorr. Mit „Taglicht“ hat er schon häufiger eng zusammengearbeitet – so zum Beispiel bei einem Film über „Ölkönig“ Erhard Goldbach, der auch im WDR lief.

Für die Doku über Jesse Owens hat Ralf Piorr in diversen deutschen Archiven geforscht und mit Zeitzeugen gesprochen. Bei der Aufbereitung „einer der größten Sportgeschichten des 20. Jahrhunderts“ sei es auch zu Auseinandersetzungen mit dem US-Produktionsteam gegeben, berichtet er. Die Geschichte von der fehlenden Anerkennung in den USA für den schwarzen Athleten habe Regisseurin Laurens Grant erzählt. Dazu hätte als starker Kontrast der Mythos „Owens fährt nach Berlin und schlägt Hitler“ gut gepasst. Die historische Wahrheit sei jedoch eine andere: „Owens war der größte Athlet der Spiele, doch Hitler und sein Regime waren die größten Sieger.“ Vor allem sie hätten von Olympia profitiert. Trotz der Reibungsverluste – mit dem Film kann Piorr leben.

„Emmy-Gewinner“ darf sich der zurzeit befristet bei der Stadt Herne angestellte Historiker nun ganz offiziell nennen. Er werde es auf seine Homepage stellen, aber sonst hänge er diesen Titel nicht sonderlich hoch: „Ich war Teil eines Teams.“ Ob er als Auszeichnung eine Urkunde, eine Trophäe oder gar einen Geldpreis erhalten wird - „das weiß ich gar nicht“, sagt Ralf Piorr.

Doku ist auf youtube.de zu sehen

„Jesse Owens - der schnellste Mann der Welt“ heißt die (gekürzte) deutsche Fassung. Diese wurde 2012 vom WDR ausgestrahlt und kann nach wie vor youtube.de angesehen werden.

Das Original „Jesse Owens“ ist in den USA vom Sender Public Broadcasting Service (PBS) gezeigt worden. Diese nicht kommerzielle Senderkette gilt als Gegenstück zu den öffentlich-rechtlichen Programmen in Deutschland.