Herne. Nach seinem satirischen Behinderten-Ratgeber “Besser Arm ab als arm dran“ hat der Wanne-Eickeler Comedian Martin Fromme jetzt sein gleichnamiges Bühnenprogramm in Herne vorgestellt. Der Mix aus Texten, Filmen, Liedern und Stand up funktioniert. Sein Witz changiert zwischen bissig und brutal.
Darf man über Behinderung Witze machen? Man darf nicht nur, man muss es sogar, findet Martin Fromme. Denn Humor baut Berührungsängste ab. Also drischt der Comedian munter auf das Thema ein, das jetzt alle als „Inklusion“ entdeckt haben. Erst mit seinem satirischen Ratgeber „Besser Arm ab als arm dran“ und jetzt auch auf der Bühne. Sein erfrischendes Solo hatte am Dienstag in den Flottmann-Hallen Premiere.
Wer Wanne-Eickels abgedrehtestes Comedy-Duo, den Telök kennt, der weiß um die Qualität der Frommeschen Witze: gerne brutal, immer brachial und garantiert mit Aua-Effekt. Während aber Fromme und Dirk Sollonsch ihre Programme als fröhliche Gaga-Show inszenieren, hat das Solo einen ernsthaften Anspruch: Den Kleinkünstler und Schauspieler nervt einiges im Umgang mit Behinderten.
Das Programm ist kurzweilig
Er macht Schluss mit dem Herumgedruckse und dem Weggucken. „Ich will erstmal die Gehörlosen begrüßen.“ Gefuchtel mit Phantasiegebärden. „Sind Blinde da? Hat jemand Tourette?“ Die zwei Rollstuhlfahrer in der ersten Reihe schmunzeln. Fromme hebt den verkürzten Arm mit den fehlgebildeten Fingern: „Das ist keine Behinderung, sondern eine wertvolle Schnitzarbeit aus dem Erzgebirge.“
Aber der Mann kann nicht nur Stand up. Kurzweilig ist das Programm durch den Wechsel der Formen. Im T-Shirt mit „Breaking Bad“-Ikone „Heisenberg“ spielt er vom Tablet-PC Filmchen ein, aufgenommen mit versteckter Kamera. Darin reißt Fromme - Thema Bevormundung - im Einkaufszentrum Menschen Einkaufstüten weg oder schockt als Callboy mit lauten Telefonaten.
Apropos Sex: ein Thema, das zu mannigfaltigen Überlegungen anregt. „Gibt es Latexanzüge für Kleinwüchsige?“ Rabatte für Stotterer an der Sex-Hotline? Wie ein Porno für Blinde nachgesprochen werden könnte, führt der Solist im dramatischen Duktus eines Fußballreporters gleich vor.
Ein Kritiker falscher Töne
Martin Fromme ist vielseitig, und das trägt das Programm. Den traurigen Behinderten aus der Privatfernseh-Doku gibt er so echt wie seinen naiven siamesischen Zwilling Günther. Mit bemerkenswerter Stimme singt er Pop oder Schnulzen, ist Entertainer und gleich darauf scharfer Kritiker falscher Töne, etwa wenn er der schmierigen „Bild“-Kolumne über den gelähmten „Wetten dass“--Springer Samuel Koch seine böse Replik entgegenschleudert.
Der Championsleague mag es geschuldet sein, dass der Theatersaal bei der Premiere nicht ausverkauft war. Verdient hätte das Programm mehr Zuschauer. Schon damit Martin Fromme Geld verdient. Alles andere, davon hat er den am Ende wild applaudierenden Saal überzeugt, wäre behindertenfeindlich.