Herne.. Es geht wieder rund auf der Cranger Kirmes. Und von der Reibekuchenbäckerin bis zum Hauptkommissar auf der Kirmeswache ist jeder auch in diesem Jahr mit viel Liebe dabei. Die Besucher honorieren das und werden auch in diesem Jahr so manchen Euro auf der Kirmes lassen.
Crange ist eine Herzensangelegenheit; wer dort wohnt, hat jetzt Urlaub, die Fahnen über den Balkon gehängt und heute Abend 1001 Verabredungen am Bierstand. Weshalb die 578. Kirmes am Freitag eröffnet wurde unter dem Motto: „Crange ist Liebe“. Eine heiße Liebe an diesem brütenden Sommertag, der Rummel rumpelte deshalb etwas schwerfällig an, aber nun brennt das Herz wieder.
Liebe nämlich ist, wenn ganze Familien auf den Stufen des Karussells warten, dass das Kassenhäuschen endlich die Rollläden hochzieht. Eine kam aus Lüdenscheid, verschob eigens den Urlaub um einen halben Tag nach hinten. Reglementierte allerdings die Kirmesfreuden: entweder Wildwasser- oder Geisterbahn. „Wissen Sie, was das sonst kostet? Dafür können wir in die Ferien fahren!“ Andere verzichten genau darauf: An der Achterbahn schickt ein Patenonkel seine -kinder auf die Fahrt, „fünf Mal, bitte“, macht 35 Euro.
„Looping“ kostet 7 €, Wildwasserbahn 5 €, „Big Monster“ 3 €, das Riesenrad 5 €, in die Geisterbahn („Neue Geister eingetroffen“) geht’s für 4 €. Kinderkarussells fahren ab 2 €, der Autoscooter auch. Zehn Lose kosten 2 €, ein Schuss an der Schießbude ab 40 Cent („schräg schießen verboten“), Dosenwerfen 2,50 €. Und beim Enten-Angeln gibt es „keine Nieten“.
Die besondere Liebe für die Cranger Kirmes
Liebe ist auch, wenn trotz der Hitze der Grillschinkenbräter seinen Grill anwirft, der Fischbräter seine Fritteuse und die Reibekuchenbäckerin ihre Fettpfanne. Wenn sich alle diese Gerüche in der Nase mischen und im Ohr der Gesang von Xavier Naidoo mit dem von Bob Marley, aber trotzdem wird niemandem schlecht. Wenn mittags um eins drei Männer bei „Steinmeister“ ihr Herrengedeck nehmen und im Schnaps dabei Gummibärchen schwimmen. Und der sehr französisch aussehende Crepe-Bäcker zu den Kunden „Maaahlzeit“ sagt.
Backfisch kostet 4 €, Grillschinken auch. Gebrannte Mandeln gibt’s 100 Gramm zu 2,50 €, anderswo werben sie mit dem „halben Pfund“ zu fünf und schreiben rücksichtsvoll dazu, das seien „250 Gramm“. Eis schäumen sie ab 1,50 €, Bier zu 2,20 €.
Liebe ist, dass Dieter und Maria Scheyk in diesem Jahr wieder Riesenrad fahren, wie in jedem Sommer seit dem 10. August 1963. Denn damals, vor 50 Jahren, haben die beiden Herner sich kennen gelernt, hier auf Crange. Es gibt viele solcher Geschichten von dieser Kirmes; es vergeht ja kein Jahr, in dem der Chef vom Riesenrad nicht zu erzählen wüsste von Heiratsanträgen in seinen Gondeln. Heimatgeschichten sind das, allesamt. Eine neue ist die von den Autokennzeichen: Auf den Parkplätzen rund um den Kirmesplatz firmieren viele Wagen jetzt unter WAN. Man ist auf Crange „Wanne-Eickel, statt Herne“ (HER).
Hauptkommissar Turowsky ist das 40. Jahr auf der Kirmeswache
Liebe ist, dass „Locke“ dieses Jahr ein Tränchen im Auge hat, „aber es kullert noch nicht“. Locke alias Hauptkommissar Ulrich Turowsky sitzt 2013 das 40. Jahr auf der Kirmeswache, das heißt, er sitzt nie und schon gar nicht drinnen, er ist „immer draußen, draußen, an der Front“. Manchen Schausteller hat er schon als Kind gekannt, er hat ihnen Zahnärzte organisiert an Sonntagen, „viel zugehört, aber wenig weitererzählt“.
Kommissar Locke sagt, Kirmes sei „ein anderes Leben“, 500 Einsätze in zehn Tagen: meist Schlägereien, „weil der Sprit irgendwann wirkt, und dann hauen sie sich auf die Köppe“. Manchmal kamen die Menschen aber auch zur Polizei, weil der Aal angeblich schlecht war oder in der Schießbude das Röhrchen um die Rosen zu hart.
Dieses Crange-Jahr ist für den 60-Jährigen sein letztes – im Dienst. Er wird aber wiederkommen: zu den Menschen, zu den Fressbuden („Ich mag alles!“). Und die Enkel wollen mit dem Opa aufs Karussell.