A 42 soll zur Parkautobahn werden. Gegen das Kulturhauptstadt-Projekt regt sich Widerstand von Naturschützern.

Thomas Neiss (63) vom NRW-Umweltministerium steht am Rednerpult im Herner Rathaus. Er will die sachliche Grundlage für eine Debatte liefern, die voll im Gange ist. Es geht um die „Parkautobahn”, die neu gestaltete A 42 zwischen Duisburg-Nord und Castrop-Rauxel. Das Projekt ist 40 Millionen Euro schwer und soll bis zum Kulturhaupt-stadtjahr 2010 teilweise realisiert sein, zur Hälfte bezahlt aus Geldern der EU. Bereits jetzt erhitzt es die Gemüter. Umweltschützer und Anwohner sind mehr als skeptisch, auch die Herner.

Neiss ist ein glühender Verfechter der Idee. Wenn er darüber spricht, dann mit blumigen Worten und ausladenden Handbewegungen. Der Plan sei etwas Großes, etwas Einzigartiges, das müsse man begreifen. Neiss ist bereit, dafür zu kämpfen.

Die Parkautobahn, so der Mann vom Ministerium vor Mitgliedern von Umweltausschuss und Landschaftsbeirat, sei Teil des Emscher Landschaftsparkes. Und somit Mosaikstein eines der visionärsten Landschaftskunstwerke in einer dichtbesiedelten Region. Die Amerikaner seien derart begeistert davon, dass sie dem Projekt reichlich Platz einräumten in einer Ausstellung in New York. Im Ruhrgebiet hingegen, das muss Neiss wohl zugeben, sei der Park bisher wenig bekannt.

Der unumstrittene Hauptweg durch den oben erwähnten Grüngürtel – 430 Quadratkilometer groß, vollkommen erst im Jahr 2030 – ist die A 42. „Eine verdreckte, mit Straßenbegleitgrün umfasste Autobahn”, sagt Thomas Neiss. Mit Hilfe zahlreicher Experten haben sich Regionalverband Ruhr und das Land Gedanken gemacht, wie man diese Hauptschlagader zu einer „wahrnehmbaren Achse in einer Metropolregion” machen könnte. „Kultur ist nicht nur Theater, Tanz und Musik, auch die Landschaftskunst ist Teil der Erneuerung”, sagt Thomas Neiss.

Also soll die Autobahn hübscher werden und den Blick freigeben auf die Schätze der Region. Dazu soll das Begleitgrün – „schnell wachsende Bäume und Sträucher ohne großartigen ökologischen Wert” – reichlich ausgedünnt werden. Die acht bis zwölf Meter hohen Bäume seien sowieso eine Gefahr für den Verkehr und reif für den Pflegeschnitt. Statt blind rumzuholzen, so Neiss, wolle man den Bestand Pflanze für Pflanze „durchgehen” und schauen, welcher Baum eine Zukunft hat. Die anderen sollen weg oder durch langlebige ersetzt werden.

Die Durchforstung des Ge-hölzbestandes ist neben dem möglichen Bau von gläsernen Lärmschutzwänden jener Bestandteil der Parkautobahn, der Herne am meisten betrifft. Zwischen Wanne und Börnig nämlich stehen relativ viele Bäume in der Gegend herum. Für Anwohner und Umweltschützer macht das Sinn. „Wir können uns nicht vorstellen, dass in den gestaffelten Grünaufbau unweit von Autobahn und Wohnbebauung Schneisen geschlagen werden”, sagt die Vorsitzende des Landschaftsbeirates, Hiltrud Buddemeier. Die Bäume dienten als Lärmschutz, als Sichtschutz und Filter für aufwirbelnde Feinstäube.

Filter für Feinstäube

Laut Umweltministerium soll die Parkautobahn keine negativen Folgen für Ökologie und Mensch haben. Das Projekt erzeuge nicht mehr Lärm und sei auch nicht zu teuer. Die Modernisierung von Lärmschutzwänden und Grünstreifen würde in den nächsten Jahren sowieso etwa 20 Mio Euro kosten. „Das Projekt ist ein großes Experiment”, sagt Neiss – ein Experiment, „das eine kritische, solidarische und nachdenkliche Begleitung verdient”.

An Kritik und Nachdenklichkeit mangelt es in Herne nicht. Die Stadt traut dem Braten ebenso wenig wie Naturschutzverbände und Teile der Politik. Aus Kreisen des Landschaftsbeirates hieß es, es sei geradezu grotesk, die Landschaft für Autofahrer erlebbar zu machen. Eines der Mitglieder konnte keinerlei Sinn in dem Vorhaben entdecken.

Auch die Stadt will Radikalschnitte am Rande der A 42 gern vermeiden. Das Grün sei nicht zuletzt psychologisch wertvoll für die Anlieger der Autobahn. Es halte die Megastraße ein wenig raus aus deren Köpfen.

Ob und in wie weit die Verwaltung Einfluss nehmen kann auf den Fortgang der Ereignisse, bleibt abzuwarten. Stadt und Landschaftsbeirat, das hat das NRW-Umweltministerium versprochen, sollen einbezogen werden.