Herne. Rudi aus Herne und Nils aus Castrop-Rauxel schauen sich im Internet Satellitenbilder an. Sie suchen freie Wiesen und Flächen, um Golf zu spielen. Crossgolf oder Urban Golf nennt sich das Hobby des zwanglosen Golfspielens in der Stadt.
Doch was für die einen Freiheit bedeutet, ist für andere beängstigend. Crossgolf ist aus Sicherheitsgründen verboten.
Allein in diesem Jahr hat der Kommunale Ordnungsdienst der Stadt Herne bereits über 20 Mal Crossgolfer erwischt. „Auch ich wurde einmal aus dem Herner Stadtpark verjagt”, erzählt Rudi. Aber ansonsten habe er noch keine Beschwerden gehört. „Es gibt Leute, die in alte Abrissgebäude gehen nach dem Motto: Koste es, was es wolle. Aber das kommt für uns nicht in Frage”, sagt Rudi. Die Crossgolfer haben ihre festen Plätze und achten immer darauf, dass keine Personen in der Nähe sind. Rudi: „Weiter als 120 Meter kommen wir eh nicht - und das können wir gut einsehen.”
Die Stadt sieht das anders: Sie erwischt Jugendliche wie Erwachsene, meist zwar nicht im kompletten Golfoutfit, aber durchaus schon mit mehreren Schlägern, Bällen und Markierungsfahnen. In Aktion treten die Crossgolfer am häufigsten auf dem Hibernia-Gelände oder an der Ecke Grabenstraße/Albert-Einstein-Straße.
Bisher gab es nur Verwarnungen. Einen Crossgolfer haben die städtischen Ordnungshüter als Wiederholungstäter erwischt und ihm eine letzte Warnung verpasst. Ab sofort gilt: Der Erstverstoß geht vielleicht noch durch, danach hagelt es Verwarnungsgelder von 35 Euro, bei mehrfachen Wiederholungen ein Bußgeld ab 40 Euro.
„Bisher waren alle Personen umgänglich und haben das Spiel eingestellt”, so Martin Wagner vom Kommunalen Ordnungsdienst. Er nehme die Angelegenheit „sehr ernst”, weil er und seine Kollegen bereits mehrfach von Bürgern angesprochen wurde. Anwohner haben Angst, dass sie plötzlich ein Golfball trifft, wenn sie aus dem Haus gehen.
Grundsätzlich ist es verboten, in öffentlichen Grün- und Parkanlagen Golf zu spielen. Das ist festgelegt in der – Achtung, Luft holen – „Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Stadtgebiet Herne”. In Paragraph fünf heißt es, dass es verboten ist, in den Anlagen Wurf- und Schleudergeräte zu benutzen. Und ein Golfschläger zählt für die Stadt als Schleudergerät.
„Es gibt immer mal wieder Bürger, die sich gewisse Stellen für Crossgolf aussuchen”, weiß Martin Wagner vom Kommunalen Ordnungsdienst. Manchmal sind es Abschläge von nur einigen Metern, manchmal über 100. Weil in den Parkanlagen so viele Menschen unterwegs sind, sei die Verletzungsgefahr zu hoch. „Selbst wenn man Übung hat, kann man nicht jeden Ball berechnen”, so Wagner. Beispielsweise sei die Windgeschwindigkeit immer anders. Wagner zieht den Vergleich mit einem offiziellen Golf-Klub: Dort lernen Einsteiger gezielt auf abgezäuntem Gelände – in öffentlichen Grünflächen ist das nicht möglich.
Auch die öffentliche Rasenfläche leidet unter den Crossgolfern. Fragt sich nur, warum Crossgolf so im Kommen ist. Polo oder Cricket auf einer öffentlichen Wiese mitten in Herne hat das Ordnungsamt noch nicht registriert. Golfspielen dagegen wird als Trendsportart derzeit von Sporthäusern oder Discountern gefördert. „Viele meinen, das sei wie Fahrradfahren", kritisiert Wagner. Problem: Die nächsten Golfplätze sind am Kemnader Stausee, in Herten-Westerholt oder Recklinghausen und Gelsenkirchen.
Und selbst die sind Crossgolfern dann zu spießig. Zu hohe Mitgliedsbeiträge, zu viel Statusgehabe, argumentieren die Freigolfer. Darum wollen sie auch weiter draußen Golf spielen. „Unser Motto ist: Safety first”, so Crossgolfer Rudi. Darum hat er Angst, dass er nur wegen seines Hobbys in die Illegalität driftet.