Herne. Während viele Kliniken Erste-Klasse-Zimmer für Privatzahler einrichten, klagen Kassen-Patienten über unhaltbare Zustände und fehlende Privatspähre. Zimmer, die mit fünf Betten belegt sind, seien eher Regel als Ausnahme, so Patienten aus Herne. Die Krankenhäuser kündigen nun Renovierungen an.
Der Bericht über den Erste-Klasse-Komfort in Wahlleistungszimmern der Herner Krankenhäuser hat einen Sturm der Entrüstung losgetreten: Die Einrichtungen schmückten sich mit der zweifelsohne komfortablen Ausstattung ihrer modernen Privatpatienten-Zimmer, während in den einfachen Mehrbettzimmern die Zustände untragbar seien, so die Argumentation vieler WAZ-Leser.
Vor allem in Bezug auf das St. Anna-Hospital hagelte es Kritik von ehemaligen Patienten. Die Belegung von Dreibettzimmern mit zum Teil fünf Patienten sei dort „eher der Regel- als der Ausnahmefall”, argumentierten gleich mehrere ehemalige Patientinnen, die anonym bleiben möchten. Die Zimmer seien was Platz und Einrichtung betrifft aber eben nur für drei Patienten ausgelegt, die Zustände unzumutbar: „Da liegen fünf Personen, zum Teil mit Darmerkrankungen, beengt auf einem kleinen Zimmer. Wenn dann auch noch Besuch kommt, ist es wirklich nicht mehr auszuhalten”, schimpft eine Leserin.
Sechs Personen teilen sich einen Toilettenraum
Eine andere beklagt Erlebnisse im Marienhospital: „Da mussten wir uns mit sechs Personen, wohlgemerkt Männer und Frauen, einen Toilettenraum teilen, der noch nicht einmal über ein Waschbecken verfügte. Das war im Zimmer und nur durch einen Vorhang abgetrennt.” Privatsphäre suche man in solchen Zimmern vergebens. Wenngleich keine die Qualität der medizinischen Versorgung in Frage stellte, so fühlten sie sich als gesetzlich Versicherte ohne das nötige Kleingeld für den Wahlleistungszuschlag doch schlecht aufgehoben.
Der Geschäftsführer des St. Anna-Hospitals Theo Freitag räumt auf Nachfrage ein: „Wir haben da ein Problem, das stimmt.” Allerdings handele es sich bei den mit fünf Patienten belegten Räumen um Vierbettzimmer. „Wir haben im Anna aus Alterszeit noch zwölf Vierbettzimmer, wie sie früher gang und gäbe waren. Natürlich ist das heute nicht mehr zeitgemäß und wir reagieren auf die Beschwerden.”
Viertes Bett im Zimmer sei ein Ausnahmefall
Das Haus soll für 2,3 Mio. Euro um zwei Stockwerke aufgestockt werden, das schaffe Platz für 40 neue Betten. Die alten Vierbettzimmer würden dann – bis Ende 2010 – von modernen Dreibettvarianten abgelöst. „Da im Schnitt 30 Prozent unserer Patienten Notfälle sind, können wir jedoch nie ausschließen, dass wir im Einzelfall mal ein viertes Bett hineinstellen müssen”, so Freitag.
Für das Marienhospital erklärt Verwaltungsdirektor Holger Raphael, bei den beanstandeten Räumen handele es sich um „den letzten Strang” noch unrenovierter Zimmer „mit Durchlader-WC”, das heißt mit Toiletten, die von beiden Seiten von je einem Zimmer begehbar sind. „Die kommen noch in diesem Jahr weg”, so Raphael. Dass ein viertes Bett gestellt würde, sei der „Ausnahmefall”: „90 Prozent unserer Zimmer lassen ohnehin kein viertes Bett zu.”