Herne. Ein Paar aus Herne soll dank Bestellbetrug wie im Schlaraffenland gelebt haben. Vor Gericht geht es auch um einen Eierkocher auf Stadtkosten.
Massagesessel, Bio-Feinkost, Elektrogeräte, Konzertkarten: Ein mutmaßliches Betrügerpaar aus Herne soll jahrelang hemmungslos im Internet bestellt – für Delikatessen, Möbel, und Freizeitvergnügen aber nicht einen Cent bezahlt haben. Am Bochumer Landgericht wehren sich die Hernerin (37) und ihr Ex-Freund (35) jetzt gegen den Gang ins Gefängnis.
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Das Herner Schöffengericht hatte gegen das Duo im Mai 2023 Gefängnisstrafen von drei (sie) beziehungsweise zweieinhalb Jahren (er) wegen Betruges verhängt. Weil danach nicht nur die Angeklagten, sondern auch die Staatsanwaltschaft Berufung gegen das Urteil eingelegt hatten, wird nun vor der 15. Strafkammer alles noch einmal neu aufgerollt. In erster Instanz waren nicht die geringsten Zweifel übriggeblieben, dass das Paar ab 2018 durch Identitätsklau eine dreiste Betrugsserie hingelegt hat. „Bei mir waren es zwölf Strafanzeigen, bei meiner Tante neun, bei meinem Mann zwei und bei meinem Sohn vier“, erinnerte sich die Halbschwester der Angeklagten.
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Auch auf Namen und auf Rechnung von weiteren Verwandten soll fast täglich bestellt, an die Anschrift der Herner Angeklagten fast täglich geliefert worden sein. Die Liste reicht von Deko-Eichhörnchen und Plüschtieren, über Massagesessel, Hängeregale, Betten, Teppiche, Lampen, Vorhänge bis hin zu Shampoo, Anti-Stress-Creme und Milk-and-Honey-Gel. An Getränken ergaunerte sich das Paar laut Urteil per Flaschenpost kistenweise Cola, Apfelschorle und Milch. An Lebensmitteln wurden Rinderfilet, Hähnchenbrust, Artischockenherzen, Honigmelonen, Edelschokolade, Gute-Laune-Kekse und vieles mehr geordert. Der Gesamtschaden geht in die Tausende.
Stadt Herne sollte für Multikocher, Staubsauger und Eierkocher bezahlen
Die Bestellungen sollen von dem Paar häufig auf Rechnung, nicht selten aber auch mittels Lastschrift unter Angabe von im Netz frei einsehbaren Bankdaten erfolgt sein. Mit der Kontonummer der Stadt Herne sollen ein Multikocher, ein Staubsauger und ein Eierkocher für 509,99 Euro geordert worden sein. Mit der einer Herner Hilfeeinrichtung andere Elektrogeräte, mit der der Stadt Hamm Feinkost für 524 Euro. In allen drei Fällen flog der Betrugsversuch laut Urteil aber noch rechtzeitig auf.
Die Chancen des Ex-Paars auf geringere Strafen tendieren scheinbar gegen Null. „Nach Aktenlage ist das, was passiert ist, eine Riesensauerei“, sagte Berufungsrichterin Christine Katzer. Offenbar seien ja nicht nur Firmen geprellt, sondern auch unschuldige Verwandte in die Sache mit hineingezogen worden. Aktuell hat das Gericht noch vier weitere Sitzungstage bis Mitte Juni anberaumt.