Herne. Real in Herne ist Geschichte. Was kommt jetzt an den Standort? Die Kunden spekulieren, Namen von möglichen Betreibern machen die Runde.
Nach 40 Jahren hat Real in Herne für immer dicht gemacht. Was folgt jetzt? Kommt ein neuer Supermarkt-Betreiber? Die Kundinnen und Kunden spekulieren, Namen werden genannt.
Klar war: Wer am Samstagmorgen, 23. März, nach halb neun noch ein letztes Mal zu Real nach Baukau wollte, der wurde in der Filiale enttäuscht. Die Türen des Marktes Am Großmarkt sind schon dicht, viele Stunden früher als geplant. Viele Kundinnen und Kunden ärgern sich, schimpfen. Auf dem Parkplatz herrscht auch an diesem Samstag ein emsiges Treiben. Fast pausenlos rollen Autos vor die Filiale, Menschen steigen aus, schnappen sich einen Einkaufswagen und gehen zum Eingang. Der aber ist längst verschlossen. Ein Blick von außen in den Kassenbereich zeigt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Kassen abbauen. Enttäuscht ziehen die Menschen wieder ab.
Herne: Schock-Nachricht über Schließung im November 2023
Bereits im November 2023 wurde bekannt, dass Real auch in Herne schließen muss. Nur anderthalb Jahre zuvor hatte der damalige Geschäftsleiter ein neues Konzept präsentiert, das den Markt in Baukau retten sollte. Vergeblich: Was folgte, war die Insolvenz, rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren von der Schock-Nachricht betroffen. Letzter Verkaufstag, so hieß es schließlich, sei Samstag, 23. März. Da gab es aber offenbar gar nicht mehr genügend Waren, um das Geschäft zu öffnen.
Das vorzeitige Ende hatte sich angedeutet: Zu Beginn des Räumungsverkaufs waren lediglich die Tiefkühltruhen nicht mehr in Betrieb, die ersten Rabatte in Höhe von bis zu 40 Prozent zeigten übersichtliche Wirkung auf Schnäppchenjäger. Auch die Obst- und Gemüseabteilung sowie Molkereiprodukte waren fast noch lückenlos bestückt. Doch je mehr Prozente es gab, desto stärker offenbar auch der Andrang. So machte die Belegschaft die Beobachtung, dass manche Kundinnen und Kunden ihren Wagen randvoll packten, die Waren ins Auto luden und eine weitere Runde durch die Regale drehten. So liegt die Vermutung nahe, dass die Real-Abwicklung auch Wiederverkäufer anlockte.
Am Freitagmorgen bot sich dann folgendes Bild: Obst, Gemüse, Milch und Käse gab es gar nicht mehr. Ebenso wenig alles, was nicht Lebensmittel war. Aber auch bei den Lebensmitteln waren die meisten Regale „blank“. In der ehemaligen Getränkeabteilung standen verloren ein paar Kisten herum, zum Beispiel Weizenbier der Marke Oettinger. Das Haltbarkeitsdatum 29. April 2024 deutet an, dass es kein Verkaufsrenner war. Ansonsten? Vier Flaschen Bionade Ingwer-Orange für 70 Cent das Stück, sie fanden schnell einen Käufer. Nudeln, Schokolade, Gummibärchen oder Kaffee waren noch vorhanden, auch Lindt-Pralinen. Da griffen die Kunden zu, so ein süßes Geschenk auf Vorrat zu haben, kann nicht schaden. Und im Räumungsverkauf fanden auch Exoten wie Hummus-Chips ihre Käufer. Kein Wunder, dass am Samstagmorgen kaum noch etwas liegen geblieben war.
Schon um halb neun, erzählt Silke Schulz, hätten Mitarbeitende von Real dann am Samstag draußen verkündet, dass der Markt leergekauft sei und nun dicht gemacht werde. Die 59-Jährige arbeitet in der Textilreinigung, die auf dem Real-Komplex untergebracht ist. Sie ist nicht überrascht von der vorzeitigen Real-Schließung: „Wenn man mal sieht, was die für Prozente gegeben haben und die Besuchermassen, die letzte Woche hier waren, da war mir klar: bis Samstag können die nicht geöffnet haben“, sagt Schulz. Sie berichtet von super-vollen Parkplätzen und heiß begehrten Einkaufswagen in den vergangenen Tagen.
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Ein Schild oder Ähnliches, das über die vorzeitige Schließung informiert, ist nicht zu sehen. Eine Kundin, die vor der verschlossenen Tür steht, ist Derya Met. Die 47-Jährige erzählt, dass sie oft zum Einkaufen bei Real gewesen sei. Am Samstagmorgen hofft sie vergeblich auf die letzten Schnäppchen. Sie arbeite in der Flüchtlingsunterkunft um die Ecke und habe extra noch zwei Leute von dort mitgebracht, „weil die Angebote hier so gut sind“. Auch sie müssen mit leeren Einkaufstaschen wieder abziehen. So wie auch Thomas Kanonenberg (64), der ebenfalls noch einmal zu Real will. Er ist enttäuscht, dass es in der Umgebung nun noch weniger Einkaufsmöglichkeiten gebe: „Früher hatten wir noch mehr Einkaufsmöglichkeiten und eine viel bessere Auswahl.“
Wie es jetzt weitergeht? Silke Schulz, die Mitarbeiterin der Reinigung, tappt im Dunkeln. Sie bekomme jede Woche neue Informationen: „Mal sollte ein Rewe da rein, dann ein Globus, dann doch der endgültige Abriss“, gibt sie Einblick in die Gerüchteküche. Das Textil-Reinigungsgeschäft bleibe vorerst auf dem Parkplatz bestehen, stellt sie klar. Auch unter den Kundinnen und Kunden gibt es Spekulationen. Viele vermuten an diesem Vormittag, dass Globus die Filiale übernimmt. Falls ein neuer Supermarkt in die ehemalige Real-Filiale einzieht, müsse aber einiges renoviert werden, meint eine Kundin. Auch Marie-Louise Ludwig (75), die oft bei Real einkaufen war, weiß genau, wie es drinnen aussieht: „Hinten bei der Käseabteilung ist schon länger eine große Wasserlache“, erzählt sie. Sie ist sich deshalb sicher, dass so schnell kein neuer Supermarkt aufmachen kann. mit t.b.