Herne. Zwischen Straftat und Hobby: Cannabis könnte ab April teils legal sein. Die Polizei in Herne, Bochum und Witten fährt eine klare Linie.
Die voreilige Aussaat einer Cannabis-Pflanze könnte aktuell noch nach hinten losgehen. Die Polizei in Herne, Bochum und Witten verfolgt trotz der geplanten Legalisierung zum 1. April weiter alle Drogenstraftaten rund um Haschisch, Marihuana und Cannabis. Das Gesetz käme pünktlich zum Beginn des kommenden Monats, wenn es problemlos den Bundesrat passiert – was aktuell aber längst nicht sicher ist.
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Polizei: Ermittlungen und Strafverfolgung werden fortgeführt
„Die Polizei beobachtet das aktuelle Gesetzgebungsverfahren zur geplanten Cannabis-Freigabe genau und ist auch auf eine mögliche Legalisierung vorbereitet“, sagt Polizeisprecher Jens Artschwager. „Bis es so weit ist, werden die aktuell laufenden Ermittlungsvorgänge und die damit verbundene Strafverfolgung jedoch unverändert fortgeführt.“
Das heißt ganz praktisch, dass die Polizei auch weiterhin bei Kontrollen Drogen beschlagnahmen und gegebenenfalls Strafverfahren einleiten wird. Auch Razzien können weiter stattfinden. Aktuell gilt in NRW eine Freimenge von 10 Gramm Marihuana oder Haschisch. Die Staatsanwaltschaften stellen die Ermittlungsverfahren ein, wenn die Freimenge nicht überschritten wird. Der Verkauf ist aktuell verboten.
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Was künftig erlaubt sein soll – wenn das Gesetz kommt
Künftig soll nach dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz Cannabis im Betäubungsmittelgesetz nicht mehr auf der Liste der verbotenen Substanzen stehen. Erwachsene dürften künftig in der Öffentlichkeit bis zu 25 Gramm mit sich führen. Zu Hause wäre der Besitz von 50 Gramm und drei blühenden Cannabispflanzen je am Wohnort gemeldeter Person erlaubt. Allerdings gilt der Besitz von mehr als 5 Gramm unterwegs als Ordnungswidrigkeit, ab 10 Gramm zu Hause. In Cannabis-Clubs soll künftig auch gehandelt werden dürfen, allerdings nicht gewinnorientiert.
„Sollte das Gesetz am 1. April in Kraft treten, wird die Polizei gemäß der geänderten Gesetzeslage arbeiten“, erklärt Jens Artschwager. „Von den geplanten Amnestie-Regelungen ist die Polizei voraussichtlich nicht direkt betroffen, da es hier vorrangig um bereits abgeschlossene Verfahren geht.“ Die Amnestie-Regelung soll dafür sorgen, dass wegen des Besitzes oder Handels verurteilte Straftäter nicht mehr für die Taten büßen müssen, wenn diese nach aktueller Gesetzgebung nicht zu einer Verurteilung führen würden. Gerichte hatten bereits deutschlandweit Alarm geschlagen, weil sie durch die Überprüfung der Altfälle eine Welle an Arbeit auf sich zukommen sehen.
Erst Straftäter dann die lange Nase?
Man könne als Polizei immer nur nach der aktuellen Gesetzeslage handeln, betont Jens Artschwager. Für die Polizei birgt die aktuelle Situation das Risiko, heute einen Straftäter zu erwischen, der in nicht einmal zwei Wochen den Beamten in der gleichen Situation die lange Nase zeigt.
Dennoch ist noch denkbar, dass das Gesetz gar nicht kommt. Der Bundesrat tagt am 22. März. Das Ländergremium sieht die Legalisierung äußerst kritisch und könnte den Vermittlungsausschuss anrufen, was das Verfahren in die Länge zöge oder ganz kippen könnte. Als einer der großen Gegner der Legalisierung gilt NRW-Innenminister Herbert Reul. Der oberste Polizeichef im Land äußerte jüngst in einem ARD-Interview massive Kritik und sagte: „Ich habe keine Lust, meine Polizisten mit so einem Scheiß zu beschäftigen.“
Polizei: Sorge vor Legalisierung wegen Folgen für den Straßenverkehr
Die Polizei unterdessen sorgt sich auch um die Folgen im Fall einer Legalisierung für den Straßenverkehr: „Wenn jeder 25 Gramm haben darf, will ich nicht ausschließen, dass einige Verkehrsteilnehmer das auf die leichte Schulter nehmen“, sagte Frank Nows, Leiter der Direktion Verkehr bei der Vorstellung der Verkehrsunfallstatistik.
Anders als bei Alkohol funktioniere der Abbau von THC nicht kontinuierlich, warnte Nows gemeinsam mit Polizeipräsident Jörg Lukat. Dementsprechend drohe eine Gefahr für den Straßenverkehr. Lukat appellierte, auch das Gesetz genau zu lesen, falls es denn so komme. Es sei ein Irrtum, dass nun beim Cannabis-Konsum alles erlaubt sei.