Herne. Klopapier an den Wänden, verstopfte WCs: Viele Toiletten an Herner Schulen sind in erbärmlichem Zustand. Wo die Stadt saniert hat – und wo nicht.

Nasses Toilettenpapier und Schmierereien an den Wänden, mutwillig verstopfte Toiletten, die überlaufen: Schulen in Herne kämpfen mit Ekel-Zuständen in ihren Toilettenräumen. Manche Kinder halten deshalb lieber ein, als in der Schule zum Klo zu gehen. Neben völlig veralteten Sanitäranlagen sind häufig Schülerinnen und Schüler selbst Verursacher des Problems. Einige Toiletten konnten mit Fördermitteln in Höhe von insgesamt 2,5 Millionen Euro saniert werden. Andere Schulen müssen weiter auf eine Besserung warten.

„Als ich die Schultoiletten gesehen habe, war mir das Entsetzen in die Augen geschrieben“, erzählte die Mutter zweier Kinder bei der vergangenen WAZ-Familienkonferenz. Ihr kleines Kind gehe als Erstklässler im Erdgeschoss auf die Toiletten, die natürlich von allen frequentiert werde. „Mädchen ekeln sich so, auf dieses Klo zu gehen, dass sie im Sommer stundenlang nichts trinken, weil diese Schulklo-Situation so ekelig ist.“ Die Situation sei nicht tragbar. Die Eltern hätten einen Brief an das Gebäudemanagement der Stadt geschrieben, aber die Frist sei ohne Rückmeldung verstrichen. „Es stinkt, da ist alles übergelaufen, die Hähne funktionieren nicht“, beschreibt sie ihre Beobachtung. „Wir werden von der Schule angerufen: Das Kind hat Bauchschmerzen. Dann holst du das Kind ab, es geht Zuhause auf Toilette und alles ist super.“

Kein Einzelfall. Nicole Nowak, Leiterin des Haranni-Gymnasiums erzählt von völlig veralteten Lehrertoiletten, für die sie sich bei Besuch schäme. An der Gesamtschule Wanne-Eickel seien die Toiletten regelmäßig durch Vandalismus geschädigt, sagt Schulleiterin Katharina Rodermund. „Da werden die Toilettentöpfe umgetreten, da werden die Leitungen abgetreten, das alles überschwemmt. Die Toiletten werden mit Toilettenpapierrollen vollgestopft und darauf macht man dann sein Geschäft.“ Sie hat die Vermutung, dass die Zerstörung der Toiletten eine TikTok-Challenge war. Betroffen seien vor allem die Toiletten im Haus, die anderen seien während der Unterrichtszeit abgeschlossen.

Schulleiterin Katharina Rodermund hat es wiederholt mit mutwilliger Zerstörung der Toiletten an der Gesamtschule Wanne-Eickel zu tun und vermutet eine TikTok-Challenge dahinter.
Schulleiterin Katharina Rodermund hat es wiederholt mit mutwilliger Zerstörung der Toiletten an der Gesamtschule Wanne-Eickel zu tun und vermutet eine TikTok-Challenge dahinter. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Toiletten seien die Räume in der Schule, die unbeaufsichtigt seien, sagt Rabea Garczarek, Leiterin der Realschule Sodingen. Da entlade sich vieles an Frustration. „Im Moment ist der Trend, dass man Klopapier nass macht und gegen die Wände wirft.“ Der Matsch könne zwar von den Toilettenkräften wieder gereinigt werden, aber das sei natürlich zusätzliche Arbeit. Außerdem werde auf den Toiletten viel gevaped. „Vapes“ sind bunte Einmal-E-Zigaretten mit verschiedenen Geschmacksrichtungen, die bei Jugendlichen gerade beliebt sind.

„Wir versuchen gerade, während der Unterrichtszeiten nur noch im Gebäude die Toiletten nutzen zu lassen und nicht mehr die außerhalb gelegenen, wo die Aufsicht noch schwieriger ist“, erklärt Rabea Garczarek. Die Schülerinnen und Schüler müssten sich dann den Schlüssel beim Hausmeister abholen, der seinen Platz direkt gegenüber der Toiletten habe. Sie habe bereits versucht, eine Toilettenkraft zu bekommen, habe damals aber niemanden gefunden. Es scheitere also nicht nur am Geld, sondern auch an Personen, die diesen Job machen wollten.

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Defekt, übelriechend, veraltet – mit diesen Worten beschreibt Stadtverordneter und Lehrer Markus Mähler die Situation an Herner Schulen. Er wollte zuletzt im Schulausschuss für die CDU-Fraktion mit den Verantwortlichen über diese Problematik sprechen, die so viele Lehrkräfte, Eltern und Schulkinder täglich beschäftigt, wurde dabei aber jäh zurückgewiesen – aus formalen Gründen. Der Schulausschuss sei für das Thema der falsche Ort, dieses müsse im Immobilienausschuss besprochen werden. Eine eingereichte Antwort des Gebäudemanagements verlas Peter Reschke, stellvertretender Leiter des Fachbereichs Schule, aber dennoch.

Darin gibt die Verwaltung an, dass sie keine allgemeine Aussage zum Zustand der Toiletten an Schulen machen könne. „Einige Anlagen sind, wenn auch nicht auf aktuellem Ausbaustandard, in guten Gebrauchszustand. Es sind jedoch auch noch sanierungsbedürftige Anlagen (Stunden-, Pausen-, Lehrer*innen- und/ oder Behinderten-Toiletten) an Herner Schulen vorhanden“, heißt es da. Knapp 2,5 Millionen Euro seien im Rahmen des Förderprogramms Gute Schule 2020 in die Sanierung von Schultoiletten investiert worden (siehe Liste unten). Eine Prioritätenliste oder einen Zeitplan für weitere Sanierungen von Toiletten liege nicht vor. Auch das Kostenvolumen könne nicht benannt werden.

Mähler zeigte sich mit diesen „dürftigen Sachstandsbericht“ nicht zufrieden. Und auch der schulpolitische Sprecher der Grünen, Fabian May, betont, dass in diesem Bereich zu viel gespart werde: „Das Problem ist, dass wir in Herne unsere Finanzen sanieren, indem wir unsere Schulen nicht sanieren – und das sehen wir auch an den Toiletten.“

An welchen Schulen Toiletten saniert wurden

  • Mit Fördermitteln aus dem Programm „Gute Schule 2020“ konnten vor ein paar Jahren an einigen Schulen Sanierungen einzelner oder aller Toiletten durchgeführt werden. Das Gebäudemanagement benennt folgende: In Eickel sind es das Gymnasium Eickel, die Förderschule Dorneburg und die Grundschule Eickeler Park. In Mitte die Robert-Brauner-Schule, beide Standorte der Erich-Fried-Gesamtschule, die Grundschulen Kunterbunt, Sonnenschule und Horstschule und die Jungentoiletten an der Realschule Strünkede. In Sodingen konnten sich das Otto-Hahn-Gymnasium und die Grundschule Vellwigstraße freuen. In Wanne wurden Sanierungen an der Josefschule, Realschule Crange und dem Gymnasium Wanne durchgeführt.
  • Geplant, aber nicht rechtzeitig für die Förderung durchgeführt, waren laut Verwaltung Sanierungen am Emschertal-Berufskolleg, am Haranni-Gymnasium, an der Erich-Kästner-Förderschule, der Grundschule Pantrings Hof sowie der Mädchen-Toiletten an der Realschule Strünkede.
  • Aus anderen Finanztöpfen bezahlt wurden Sanierungen an den Grundschulen Freiherr-vom-Stein, Galileo, Kolibri, Kunterbunt, Lackmanns Hof (Neubau), Max-Wiethoff, Claudiusschule und Laurentiusschule. Im Bau befinde sich noch die WC-Anlage an der Michaelschule, geplant sind Neubau und Sanierung an der Gesamtschule Mont-Cenis und geplant ist auch die Sanierung aller Toiletten der Europaschule ab Sommer.