Herne. Nun haben die Eltern der Kita Langforthstraße in Herne traurige Gewissheit: Ab Sommer wird die Awo Träger sein. Dabei keimte kurz Hoffnung auf.

Emotional berührt, aufgewühlt und mit Tränen in den Augen verlässt Elisa Herrmann am Mittwochabend den Balkon des Ratssaales im Herner Rathaus. Gerade wurde über die Zukunft ihrer Tochter entschieden, die die Kita Langforthstraße besucht. Für sie bricht eine Welt zusammen, als die Mitglieder des Ausschusses für Jugend, Kinder und Familie für den Wechsel des Trägers stimmen: Ab Sommer wird die Kindertagesstätte nicht mehr von der Stadt, sondern von der Awo betrieben. Alle vertrauten Erzieherinnen werden die Kita in dem Zuge verlassen.

Es ist rund zwei Wochen her, dass die Eltern der Kita Langforthstraße durch eine schriftliche Mitteilung über die Absicht der Stadt informiert wurden, die Trägerschaft ihrer Kita abzugeben. Darin wird ihnen versichert, dass das Kind weiter in der Awo-Kita bleiben oder auf Wunsch mit den Erzieherinnen in die neu eröffnende, städtische Kita „Am Freibad“ wechseln könne, die allerdings nicht in Horsthausen, sondern in Wanne entsteht. Die Eltern fühlen sich überrumpelt. Sie haben Sorgen vor Änderungen der Öffnungszeiten, des Konzeptes und möchten einfach, dass ihre Kinder weiter in dem vertrauten Umfeld, mit den bekannten Gesichtern, spielen dürfen. Sie erinnern daran, dass in der Kita regelmäßig Brot für das gemeinsame Frühstück gebacken werde und alle sich bei den Erzieherinnen und der Kita-Leitung sehr wohlfühlten, wie sie betonen.

Elisa Herrmann, Mutter und Vorsitzende des Elternbeirates der Kita-Langforthstraße in Herne ist schockiert über die Entscheidung des Ausschusses.
Elisa Herrmann, Mutter und Vorsitzende des Elternbeirates der Kita-Langforthstraße in Herne ist schockiert über die Entscheidung des Ausschusses. © FUNKE Foto Services | Jonas Richter

„Die Intention ist es, die Trägervielfalt zu wahren“, begründet Heike Hütter, Abteilungsleitung der Tageseinrichtungen bei der Stadt Herne, den Schritt vor dem Ausschuss. Sie verweist auf eine Strategieplanung aus dem Jahr 2019, wonach ein Viertel der Kitas in städtischer Trägerschaft liegen solle. Da die Stadt zwei neue Kitas eröffne, habe sie sich für diesen Schritt entschieden. Eine der beiden neuen Kitas an einen anderen Träger abzugeben, komme hingegen nicht infrage, teilt Stadtsprecherin Anja Gladisch auf WAZ-Anfrage schriftlich mit. „Für diese Neubauvorhaben zur Errichtung neuer Plätze kann die Kommune eine nicht unerhebliche Summe von Fördermitteln des Landes abrufen.“ Diese fiele deutlich geringer aus, wenn sie die Kitas von einem anderen Träger betreiben ließe und auch die Refinanzierung durch das Kinderbildungsgesetz sei dann deutlich schwieriger. „Die Awo bewirtschaftet als großer regionaler Kita-Träger in Herne erst eine vergleichsweise geringe Anzahl von Tageseinrichtungen und wurde somit als Träger angesprochen“, begründet die Stadt die Entscheidung weiter.

„Uns ist durchaus bewusst, dass das natürlich für die Eltern ein bewegendes Thema ist“, zeigt die zuständige Dezernentin Stephanie Jordan Verständnis für die Sorgen der Eltern. „Wir wissen, wie viel Vertrauen den Einrichtungen entgegengebracht wird, wenn man die Kleinsten abgibt und sie dort gut aufgehoben wissen möchte.“ Gleichzeitig würden in Herne „massive Kraftanstrengungen“ investiert, um die Zahl der Kita-Plätze zu erhöhen. „Wir schaffen es nur gemeinsam. Wir schaffen es nur in der Trägervielfalt.“ Die Langforthstraße sei keine städtische Einrichtung im klassischen Sinne, es gebe einen Eigentümer für das Grundstück. Das Gebäude sei in die Jahre gekommen und es sei bereits investiert worden, um den Betrieb weiter gewährleisten zu können. „Aber wir wissen, dass das keine langfristige Perspektive in dem Gebäude ist, auch mit den zunehmenden Qualitätsstandards, die in Kitas gefordert werden“, so Jordan weiter. Sie erwarte, dass ab 2026 nochmal eine Übergangslösung kommen werde, und ein Investor eine sechsgruppige Einrichtung bauen und an einen freien Träger vermieten werde.

„Wir werden den Übergang natürlich mit Augenmaß machen und zunächst mit drei Gruppen starten“, kündigt Heike Hütter an. Das seien die Kinder, die bereits in der Kita seien und diese nicht in Richtung Schule verließen. Christopher Becker, Sprecher der Awo Ruhr-Mitte, gibt auf Anfrage hingegen an, dass es derzeit noch keine Entscheidung dazu gebe, ob die Kita drei- oder vierzügig starte und man noch die Betriebsvereinbarung des LWL abwarte. Es scheint also noch einigen Klärungsbedarf zu geben. Viele Fragen sind auch aufseiten der Eltern noch offen. Denn erst für den Tag nach der Ausschussentscheidung, am Donnerstag, 22. Februar, waren sie zu einem Infoabend eingeladen.

Für die SPD und CDU ist dies alles kein Grund, der Vorlage nicht zuzustimmen. Anders sieht dies Anna Schwabe von der Grünen Fraktion, die gegen den Antrag stimmte und so bei den Eltern für einen kurzen Hoffnungsschimmer sorgte. Zwar begrüße sie den Ausbau der Kitas in Herne, aber ihrer Meinung nach „wurden einfach die Eltern der Kita Langforthstraße zu wenig eingebunden und vor vollendete Tatsachen gestellt“, da der Infoabend erst nach der Ausschusssitzung stattfinde. „Für uns ist das eine unglückliche Kommunikation.“

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„Sehr unglücklich“, fand Mutter Elisa Herrmann auch, dass eine kurzfristig eingereichte Anfrage aus der Elternschaft erst am Ende der Sitzung, nach der Entscheidung über die Vorlage, von einer Vertreterin des Jugendamtselternbeirates vorgetragen werden durfte. Die Eltern trugen viele Fragen und Einwände zum Trägerwechsel vor. „Die letzte Hoffnungsblase ist jetzt geplatzt“, sagt sie und verlässt mit weiteren Eltern traurig und schockiert das Rathaus.