Herne. Einen Monat, bevor der Real-Markt schließt, werden die Lücken in den Regalen immer größer. Das Ende ist für einen anderen Laden ein Problem.
Ziemlich genau ein Monat noch: Am 16. März schließen sich am Real-Markt für immer die Automatiktüren. Es war ein jahrelanger und quälender Abschied. Als der Metrokonzern die Real-Märkte loswerden wollte, griff keiner der Branchengrößen zu. Und die Neuerfindung unter der Marke „mein real“ im Jahr 2022 währte nicht lange - im Oktober vergangenen Jahres meldete die Kette Insolvenz an. Wer den Markt in diesen Tagen besucht, könnte einen alten Werbespruch leicht abändern: Einmal hin, kaum noch was drin.
Sortiment jeneseits von Lebensmitteln wird zu Sonderpreisen angeboten
Schon die Ankunft auf dem Parkplatz vermittelt den Eindruck, dass sich die Kundschaft inzwischen anders orientiert hat: Nur wenige Stellplätze sind belegt. Dieser Eindruck setzt sich im Markt fort, fast hat es den Anschein, als ob an diesem Morgen mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch die Gänge laufen als Kundinnen und Kunden. Der Abverkauf hat längst begonnen, gerade jene Artikel aus dem Sortiment jenseits der Lebensmittel werden zu Sonderpreisen angeboten. Die sind handschriftlich auf rote Zettel gekritzelt, beim Abwickeln ist ansprechende Optik überflüssig.
Kühl- und Tiefkühltruhen sind schon länger außer Betrieb
Dass in diesem Bereich keine Ware mehr nachgeordert wird, versteht sich von selbst, doch auch bei den Lebensmitteln tun sich inzwischen erhebliche Lücken auf. Ganze Regale sind verschwunden. Am offenkundigsten wird es bei den Kühl- und Tiefkühltruhen: Die sind bereits seit einiger Zeit leer und außer Betrieb. Auf Schildern wird dies mit einer technischen Störung begründet: Doch sind sie alle auf einmal ausgefallen? Und dann noch die Bedientheke für Fleisch und Wurst? Ein Indiz dafür, dass es nicht so ist, zeigt sich in der MoPro-Abteilung (das Branchensprech für Molkereiprodukte). Auch dort sind plötzlich ganze Regale leer und abgedeckt. Das war in der vergangenen Woche noch nicht der Fall. So ist es nicht auszuschließen, dass am 16. März, wenn die Kassen den letzten Bon ausgespuckt haben, nicht mehr allzu viel Ware abtransportiert werden muss. Das Unternehmen reagierte zunächst nicht auf eine Anfrage der Herner WAZ-Redaktion.
Am 16. März könnte also eine rund 40-jährige Tradition an diesem Standort enden, der ein oder andere wird sich noch an den Namen Divi erinnern können. Hernes Wirtschaftsförderer Dirk Drenk hatte jedoch in der Bezirksvertretung Wanne mitgeteilt, dass es Gespräche mit dem Gebäudeeigentümer gebe und er „guter Hoffnung“ sei, dass es dabei gelinge, einen neuen Lebensmittelhändler in dem Gebäude unterzubringen.
Reinigungs-Betreiber: Wir hängen total in der Luft
Diese Hoffnung haben mutmaßlich auch die Betreiber der Lottoannahmestelle und die Bäckerei Brinker, denn sie müssen mit dem Real-Aus das Gebäude ebenfalls verlassen. Doch es gibt noch ein Geschäft, dessen Schicksal quasi untrennbar mit der Real-Immobilie verbunden ist: Textilservice Herdrich. Die Reinigung hat ein eigenes kleines Gebäude vor dem Supermarkt-Eingang. Das Problem, vor dem Besitzer Manfred Herdrich steht: Seine sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nutzen bislang die Toiletten im Real-Gebäude, auch der Stromzähler befindet sich dort. „Wir hängen total in der Luft, ich erfahre gar nichts“, so Herdrich im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Ihm sei lediglich mitgeteilt worden, dass der Real-Markt geschlossen werde und er sein Gebäude verlassen müsse. Er wisse gar nicht, wer der Gebäudeeigentümer ist.
Er wolle den Standort nicht verlassen, doch wegen der Toiletten und Stromzähler habe er eigentlich keine andere Wahl. In diesem Fall müsse er auch dem Personal kündigen, denn er habe nur noch eine weitere Filiale. Das Real-Aus treffe sein Geschäft unmittelbar gar nicht so hart, denn es gebe kaum noch Reinigungen in Herne. „Ich lebe schon ewig nicht mehr von den Real-Kunden“, so Herdrich. Der Standort sei für ihn „eigentlich ganz toll“, weil die Kundinnen und Kunden mit dem Auto vorfahren könnten, um ihre Sachen abzugeben. Dass nun - kurz vor dem Ende - die Kundenfrequenz bei Real deutlich gesunken sei, spüre er noch nicht. Und so kann Herdrich nur abwarten, was in den kommenden Wochen und Monaten passiert.