Herne. Raider heißt nun Twix, Twitter wurde X, und das Herner Eine Welt Zentrum benennt sich ebenfalls um. Mit dem neuen Namen wird sich einiges ändern.

Das Eine Welt Zentrum des Evangelischen Kirchenkreises Herne heißt künftig „Fachstelle Eine Welt“. Mit der von der Kreissynode beschlossenen Namensänderung geht eine neue Struktur mit zum Teil gravierenden Änderungen einher.

Finanzielle Gründe hätten zu der Umstrukturierung geführt, erklärt der Kirchenkreis. Die Evangelische Kirche von Westfalen habe sich aus der Förderung zurückgezogen. „Es ging uns bei deutlich veränderten Rahmenbedingungen um eine Schärfung der Eine Welt Arbeit, die seit vielen Jahren zum Profil unseres Kirchenkreises gehört“, so Superintendentin Claudia Reifenberger. Deswegen ließen sie sich diese Arbeit auch etwas kosten.

Claudia Reifenberger ist seit 2020 Superintendentin. Sie ist die erste Frau an der Spitze des Herner Kirchenkreises.
Claudia Reifenberger ist seit 2020 Superintendentin. Sie ist die erste Frau an der Spitze des Herner Kirchenkreises. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

In Zahlen: Die landeskirchliche Förderung einer halben Pfarrstelle (rund 60.000 Euro) und ein nennenswerter Sachkostenzuschuss (rund 30.000 Euro) wurden zurückgezogen. Der Eigenanteil des Kirchenkreises zur Finanzierung des Eine Welt Zentrums erhöht sich von 255.000 Euro (43 Prozent des Etats) auf künftig 277.500 (59 Prozent) Euro. Der Umstrukturierungsprozess soll in etwa einem Jahr abgeschlossen werden.

Betroffen von der Reform ist die Partnerschaftsarbeit mit dem Kirchenkreis Bukavu in der Demokratischen Republik Kongo. Diese werde nach der Pensionierung von Pfarrer Martin Domke mangels Kapazitäten nicht weitergeführt, erklärt der Herner Kirchenkreis. Die Arbeit in Bukavu werde jedoch mit jährlich 10.000 Euro weiterhin unterstützt. Das Geld würden die Partner vor Ort eigenverantwortlich einsetzen.

Herner Kirchenkreis stärkt die Flüchtlingsberatung

Ebenfalls neu: Die Beratungsarbeit soll künftig vor allem nach Bedarf und nicht nach Zuschüssen ausgerichtet werden. Das bedeute, dass die Flüchtlingsberatung wieder gestärkt werde. „Wieder“ heißt: Dieses Angebot ist 2018 nach Verrentung eines Mitarbeiters halbiert worden. Der Beratungsumfang werde nun von 19,25 auf 30 Stunden aufgestockt. Gleichzeitig werde die Beratung von Opfern von Menschenhandel nach der Pensionierung einer Mitarbeiterin Anfang 2025 deutlich reduziert: „Der Bedarf ist hier deutlich zurückgegangen“, so Kirchenkreis-Sprecher Arnd Röbbelen.

Neue Wege will der Kirchenkreis bei der Geschäftsführung im Eine Welt Zentrum gehen: Die Aufgabe soll nicht wie bisher von einem Pfarrer wahrgenommen werden. Die Stelle werde im Februar extern ausgeschrieben, kündigt Röbbelen an. Umstrukturierungen sind aber auch beim derzeitigen Personal geplant. Zurzeit seien im Eine Welt Zentrum sechs Menschen fest angestellt - zwei in Teilzeit, vier in Vollzeit. Bis auf zwei Mitarbeitende seien alle in mehreren Arbeitsbereichen tätig. Das Zurückfahren dieser Zersplitterung stelle auch eine Entlastung für die Betroffenen dar, heißt es.

Pfarrer Martin Domke - hier bei seiner Verabschiedung - leitete bis 2022 das Eine Welt Zentrum. Die Geschäftsführung soll künftig nicht mehr von einem Pfarrer wahrgenommen werden.
Pfarrer Martin Domke - hier bei seiner Verabschiedung - leitete bis 2022 das Eine Welt Zentrum. Die Geschäftsführung soll künftig nicht mehr von einem Pfarrer wahrgenommen werden. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Ehrenamtliche gesucht: Notfallseelsorge mit personeller Not

Veränderungen gibt es aber auch in anderen Bereichen des Kirchenkreises. Nach der Verwaltungsfusion des Kreiskirchenamts mit den Ämtern in Gelsenkirchen und Wattenscheid ist die Herner Verwaltung - zuständig für Personal, Finanzen und Liegenschaften - Ende Januar in Büros im Gelsenkirchener Nordsternpark umgezogen. Der Standortwechsel war umstritten: Der Beschluss fiel in der Herner Kreissynode mit 32-Ja-Stimmen bei 16 Nein-Stimmen und acht Enthaltungen.

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Eine Baustelle besteht derzeit in der Notfallseelsorge. Um diesen Arbeitsbereich im Kirchenkreis Herne aufrechterhalten zu können, müssten sich mindestens fünf Ehrenamtliche zum Kurs im Januar 2025 anmelden - ,„sonst sind wir hier nicht mehr handlungsfähig“, warnt Notfallseelsorge-Beauftragter Hans Zabel. Ein Grund für den Personalmangel sei die Corona-Pandemie, in der es keinen Zuwachs gegeben habe. Zurzeit engagierten sich 20 Frauen und Männer ehrenamtlich in diesem Bereich, vor sieben Jahren seien es noch 31 gewesen.

Wer Interesse an einer ehrenamtlichen Mitarbeit in der Notfallseelsorge hat, kann unter der Nummer 02325-6611279 seine Kontaktdaten hinterlassen und wird dann zurückgerufen.

Eine Welt Zentrum: Die Chronik

  • 1975/76: In Herne wird die erste Pfarrstelle für Ökumenische Diakonie in einem deutschen Kirchenkreis eingerichtet. Die Initiative geht von Pfarrer Harald Rohr und Superintendent Fritz Schwarz aus.
  • 1976: Gründung eines Informationszentrums Dritte Welt.
  • 1981: Start der Partnerschaft mit dem Kirchenkreis Bukavu (DR Kongo).
  • 1990-94: Pfarrer Martin Domke arbeitet in Bukavu.
  • 2002: Harald Rohr geht in den Ruhestand, Martin Domke wird neuer Leiter.
  • 2007: Umbenennung in Eine Welt Zentrum (EWZ).
  • 2022: Martin Domke geht in den Ruhestand, Katja Jähnel und Markus Heißler übernehmen die kommissarische Geschäftsführung.
Markus Heißler übernahm 2022 gemeinsam mit Katja Jähnel die kommissarische Geschäftsführung.
Markus Heißler übernahm 2022 gemeinsam mit Katja Jähnel die kommissarische Geschäftsführung. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener