Herne. Die Herner Großpfarrei St. Dionysius hat einen neuen Leiter. Nils Petrat (43) steht nicht nur am Altar, sondern auch vor der Kamera.
Die Pfarrei St. Dionysius in Herne hat einen neuen Leiter. Nils Petrat tritt Anfang März die Nachfolge von Georg Birwer an. Der 43-Jährige steht nicht nur am Altar, sondern auch vor der Kamera. Welche Ziele er in Herne hat, wie er vor allem junge Menschen von der Kirche überzeugen möchte und warum er alle Fußballplätze in Herne kennt: All das hat er WAZ-Redakteurin Lea Wittor im Interview verraten.
Sie kommen ursprünglich aus Castrop-Rauxel, waren dann aber einige Jahre nicht im Ruhrgebiet unterwegs. Wie hat Ihr Weg Sie zurück in die Nähe Ihrer Heimat verschlagen?
Ich war jetzt 20 Jahre nicht im Ruhrgebiet - zumindest beruflich. Ich bin fürs Studium erst nach Münster, Rom und schließlich nach Paderborn gegangen und habe dann in verschiedenen Stellen gewirkt, erst im Sauerland und dann zehn Jahre in Paderborn. Nach den zehn Jahren wollte ich mich noch einmal verändern. Da kam die Stelle hier in Herne sehr gelegen.
Kennen Sie Herne bereits?
Ich habe mir vorher nicht alles genau angeguckt. Aber ich hatte als Castroper natürlich ein Grundgefühl. Und ich habe früher Fußball gespielt. Ich kenne also alle Fußballplätze in Herne. Das kirchliche Leben und die Gemeinden lerne ich aber gerade erst kennen.
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In Herne wurden einige katholische Kirchen geschlossen. Ist das eine der großen Herausforderungen, die nun auf Sie zukommen?
Das ist auf jeden Fall eine Herausforderung. Was mir wichtig ist: Wie kann in Herne eine christliche Gemeinschaft weiterleben, sich entwickeln, Akzente setzen in einer Stadt? In dieser Hinsicht vieles auszuprobieren, das reizt mich schon. Und dazu ist die Zusammenarbeit der Gemeinden - sowohl in Herne und Wanne als auch mit den evangelischen Christen - wichtig.
Neben den Kirchenschließungen steht die katholische Kirche vor vielen weiteren Herausforderungen. Stichwort: Kirchenaustritte. Ich stelle es mir schwierig vor, bei den Zahlen motiviert zu bleiben...
Ich bin hier sehr motiviert hingekommen, habe Lust auf Kirche in Herne. Das hat auch mit meinen positiven Erfahrungen aus den letzten Stellen zu tun. Gerade mit der Arbeit mit jungen Leuten als Studierendenpfarrer. Aber natürlich sehe ich sehr realistisch und klar die Herausforderung. Ich habe mir schon die Statistiken angeguckt, wie viele Menschen hier austreten pro Jahr. Und man kann ja hochrechnen, was das bedeutet in zehn oder schon in fünf Jahren. Aber ich würde das eher als Auftrag und Herausforderung annehmen wollen: Wie können wir Menschen zum Bleiben motivieren?
Wieso ist Ihnen die Arbeit mit jungen Erwachsenen so wichtig?
Ich finde es einfach schön, jungen Menschen zu zeigen, welche Ressourcen der Glaube ihnen für ihr eigenes Leben bieten kann. Gerade im Alter ab 18 Jahren gibt es viele wichtige Entscheidungen, die man treffen muss. Sei es in der Beziehung oder im Studium bzw. der Ausbildung. Vielleicht kann in so einer Zeit der Glaube Orientierung geben, wo es eigentlich hingehen soll im eigenen Leben, wie der stimmige persönliche Platz gefunden werden kann.
Viele junge Menschen kehren jedoch der Kirche den Rücken, etwa wegen des Umgangs mit Homosexualität. Erst vor wenigen Tagen hat der Vatikan nun jedoch die Segnung von homosexuellen Paaren erlaubt. Glauben Sie, dass das der richtige Weg ist, um junge Menschen wieder von der Kirche zu überzeugen?
Erfreulicherweise gibt es nun die ersten Schritte in die Richtung. Kirche ist erstmal offen für alle. Das steht glücklicherweise auch in der Pastoralvereinbarung, die ich hier vorgefunden habe. Auf der anderen Seite gibt es Studien, die zeigen, dass selbst die besten Reformen uns nicht automatisch mehr Mitglieder geben. Ich glaube, man muss natürlich erst mal diese Offenheit schaffen und dann muss man zusätzlich für sich persönlich noch den Mehrwert des Glaubens sehen. Eine rein äußere Attraktivität wird der Kirche nicht nutzen. Aber unabhängig davon finde ich die Offenheit wichtig und sie ist sogar, meine ich, von unserem Glauben her grundgelegt. Das ist nichts, wo wir uns mühsam zu durchdringen müssen.
Wie wichtig ist Digitalisierung für die Kirche geworden? Welche Pläne haben Sie diesbezüglich in Herne?
Das Thema ist mir sehr wichtig. Ich habe ein Format im TV auf ProSieben. Ich habe keine Berührungsängste, vor der Kamera zu stehen und so Botschaften und Inhalte zu vermitteln. Auch Social Media würde ich gerne mehr angehen. Ich glaube allerdings, dass Gottesdienste lieber in Präsenz veranstaltet werden sollten. So ein Gottesdienst lebt von der physischen Präsenz.
Sie waren als Pfarrer im TV?
Ja, ich bin da regelmäßig, auf ProSieben gibt es das sogenannte Motzmobil. Das ist ein gelbes New-York-Taxi, wo Leute einsteigen können und zu aktuellen Themen ihre Meinung sagen. Meistens zu Aufreger-Themen. Ich versuche dann, mein Statement und eine christliche Note dazuzugeben. Also nach dem Motto: Vielleicht kann man es auch nochmal aus diesem Blickwinkel sehen, oder habt ihr mal darüber nachgedacht? Die Sendung läuft jeden Samstag um elf Uhr auf ProSieben oder man kann es sich auch digital anschauen. Ich mache das nun seit fünf Jahren. Das ist für mich ein schöner Ausgleich zu der alltäglichen Arbeit.
Wie oft wird die Sendung gedreht?
Das wird immer staffelweise gedreht - immer im Wechsel mit einer evangelischen Kollegin. Alle zwei Monate fahre ich für einen Tag nach Köln und wir drehen draußen, entweder in der Fußgängerzone oder am Rhein-Hafen.
Ist die erste Vorweihnachtszeit in Herne für Sie stressig?
Klar, ein bisschen stressig schon, aber die Veranstaltungen und Termine sind ja auch schön. Gerade für mich, weil ich immer wieder neue Leute kennenlerne und mit ihnen ausführlicher sprechen kann. Aber ich bin jetzt auch sehr gespannt auf die Weihnachtstage und freue mich sehr, weil die Zeit für eine Gemeinde und für mich als Pfarrer eine besondere Zeit ist. Diese Weihnachtszeit ist mein erster Höhepunkt hier in Herne.