Herne. Tägliche Gewalt, Mobbing und andauernder Unterrichtsausfall: Eltern der Gesamtschule Wanne sind sauer und fordern, dass sich einiges ändert.

Extreme Unterrichtsausfälle und tägliche Gewalt: Elternvertreter sind sauer über die desolaten Zustände an der Gesamtschule Wanne-Eickel und setzen sich nun dafür ein, dass sich an der Schule etwas ändert. Dazu fordern sie Unterstützung von der Stadt, dem Land und auch den Eltern.

„Gewalt, Körperverletzung, Mobbing und Bedrohungen sind an der Schule auf der Tagesordnung“, beklagt Melanie Mieske, Mitglied in der Schulpflegschaft. Dabei gehe es nicht darum, dass sich Kinder auf dem Schulhof ärgerten oder asozial verhielten. „Es geht wirklich um eine Gefährdung von Schülern und Lehrern“, betont die Mutter, deren Tochter die zehnte Klasse besucht.

„Kinder müssen nicht nur zur Schule gehen und was lernen, sie müssen dort auch sicher sein“, sagt auch Agnes Kretschmann, die ebenfalls in der Elternpflegschaft ist. Das sei an der Gesamtschule Wanne-Eickel derzeit nicht gegeben. Auch ihr Sohn sei bereits Opfer gewesen und von mehreren Schülern verprügelt worden. Nun hole sie ihn häufig von der Schule ab, aus Sorge, es könne erneut etwas passieren. Beide Mütter fordern von der Stadt, während der Schulzeit Sicherheitspersonal an jedem Eingang zu positionieren, das nur Schülerinnen und Schüler auf das Gelände lässt, die auch auf der Schule sind, und bei Konflikten den beaufsichtigenden Lehrern zur Seite steht.

Herner Schulleiterin wünscht sich mehr Hilfe der Polizei

Schulleiterin Katharina Rodermund sieht die Lage nicht ganz so dramatisch. „Dass es immer mal wieder zu Eskalationen kommt, das ist so“, räumt sie ein. In diesen Fällen werde die Schulberatungsstelle oder auch die Polizei hinzugerufen. Vor allem zum Beginn des Schuljahres habe es eine Häufung gegeben. Aber sie findet nicht, dass es an ihrer Schule ein größeres Thema als an anderen sei. Mehr Unterstützung erhofft sie sich aber von der Polizei, wenn etwa ein Schüler auf dem Weg zur Schule geschlagen oder ausgeraubt wurde und Anzeige erstatten möchte. Die Polizei sage dann häufig, sie könne nicht viel machen, so Rodermund. „Da würden wir uns wünschen, dass das ernst genommen wird.“

Katharina Rodermund kämpft als Schulleiterin der Gesamtschule Wanne-Eickel seit langem darum, die Bedingungen an der Schule zu verbessern (Archivfoto).
Katharina Rodermund kämpft als Schulleiterin der Gesamtschule Wanne-Eickel seit langem darum, die Bedingungen an der Schule zu verbessern (Archivfoto). © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Die Notwendigkeit für Sicherheitspersonal sehe sie hingegen nicht. Stattdessen würde sie sich über Aufsichtskräfte freuen, die während der Schulzeit im Gebäude sowie den Toiletten nach dem Rechten sähen. Denn es komme sehr häufig zu Sachbeschädigungen. Das Problem des Mobbings habe vor allem durchs Internet und die sozialen Medien zugenommen. Aber auch dem versuche die Schule, beispielsweise durch Medientraining, entgegenzuwirken.

Neben dem Thema Gewalt liegt den Eltern der ständige Unterrichtsausfall schwer im Magen. Dabei gehe es nicht um einzelne Stunden, sondern der Unterricht ende im Moment eher am Mittag als am Nachmittag, wie es bei einer Ganztagsschule vorgesehen ist, so Mielke. „Da ist kein Unterricht mehr möglich, der irgendwas mit Bildung zu tun hat“, beklagt Melanie Mieske. Schulleitung, Lehrkräfte und Eltern stünden ihrer Meinung nach mit dem Rücken zur Wand. Sie fordert deshalb von der Bezirksregierung in Arnsberg und vom Land NRW, Vertretungskräfte zu schicken. Doch die Bezirksregierung vertröste sie nur und berief sich darauf, dass alle ausgeschriebenen Lehrstellen besetzt seien.

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Schulleiterin Katharina Rodermund bestätigt das Problem: Elf Lehrerinnen seien derzeit schwanger. Es gebe noch immer die Regel, dass sie bei einem Corona-Fall an der Schule acht Tage Beschäftigungsverbot hätten. „Bei einer Schule mit 1200 Schülern ist das quasi immer“, so ihr Dilemma. Hinzu kämen derzeit bis zu 23 erkrankte Kollegen. Wenn 34 Lehrkräfte fehlen, könne dies nicht kompensiert werden. Es werde versucht, für die Klassen 5 und 6 und die Jahrgangsstufe 10 sowie die Oberstufe, den Unterricht weitestgehend aufrechtzuerhalten. Aber besonders in den Jahrgängen 7 und 8 falle derzeit viel aus, gesteht sie ein. Das sei kein neues Problem, „aber in der Dimension haben wir es noch nicht gehabt“, so Rodermund.

Sie hoffe, dass die Corona-Regelung bald aufgehoben und Corona als normale Erkrankung eingestuft werde. Das würde die Personalsituation etwas entspannen. Außerdem ist sie mit der Elternpflegschaft in Gesprächen, wie auch die Eltern die Schule unterstützen können. So bitten die Elternpflegschaftsvertreterinnen andere Eltern darum, sich mit einzubringen und beispielsweise AGs an der Schule anzubieten. Melanie Mieske und Agnes Kretschmann möchten selbst künftig in regelmäßigen Abschnitten ein Elterncafé einrichten, um in engerem Austausch mit anderen Eltern zu kommen. Denn ihnen ist ganz wichtig: „Wir möchten nicht nur kritisieren und gegen die Schule arbeiten, wie möchten, dass sich hier etwas ändert und die Schule nach vorne kommt.“

WEITERE INFORMATIONEN: Task-Force eingerichtet

  • Schulleitung, Elternvertreter und auch die Stadt möchten gemeinsam die Missstände an der Gesamtschule angehen. Dafür soll am 31. Januar ein erstes Treffen einer „Task-Force“ stattfinden, kündigen Mieske und Rodermund an. Zudem suchen die Elternvertreter weiter den direkten Kontakt zur Bezirksregierung.
  • Bei der digitalen Ausstattung der Schulen stehen die Gesamtschulen in Herne laut Katharina Rodermund ganz hinten in der Kette. So solle die Ausstattung mit digitalen Tafeln erst ab 2025 beginnen. Auch das kritisiert Schulpflegschaft Melanie Mieske: „Es fehlt an der Grundausstattung einer modernen Schule.“ Für die nötige Ausstattung sei die Stadt verantwortlich und sie verstehe nicht, warum die Gesamtschule hier erst nach allen anderen Schulen bedacht werde.