Herne. Die Bahn lässt die A42 für einen Brückenabriss sperren, arbeitet aber nicht. Dass man der Aussage nicht trauen durfte, ist ein Armutzeugnis.

Das Vertrauen ist verspielt. Nachdem die Autobahn GmbH jahrelang in mühevoller Arbeit gegen das Image einer trantütigen Dödel-Truppe angekämpft hatte, offenbart die Sperraktion am dritten Adventswochenende jetzt Chaos zwischen den Beteiligten. Es ist peinlich, heftige Einschränkungen mit absolut unvermeidbaren Arbeiten zu begründen und dann einen halben Arbeitstag lang das Bild von Nichtstun zu vermitteln. Die Sperrung wäre nicht so früh notwendig gewesen, gesteht die Bahn letztlich ein.

Sperrung von der Deutschen Bahn gar nicht benötigt zu diesem Zeitpunkt?

Die Bahn hatte (anders als kommuniziert) wohl nie vor, schon in der Nacht von Freitag auf Samstag auf der gesperrten Autobahn zu arbeiten. Man sei schneller fertig geworden, heißt es. Das ist schön. Aber man war ja eben schon vor Beginn der Sperrung fertig. Das heißt im Umkehrschluss, dass man die Sperrung für die Vorarbeiten des Brückenabrisses über der A42 überhaupt nicht brauchte. Auf Nachfrage bekam die Redaktion jedenfalls keinen nachvollziehbaren Grund genannt.

Die Bahnbrücke über der A42 wird abgerissen, damit Platz für die neue Einmündung von der A43 ist. Ist der immense Aufwand für die Arbeiten zur Erweiterung der A43 wirklich gerechtfertigt? Die Baustellen zwischen Marl und Witten haben auf Jahrzehnte so heftige Auswirkungen, dass ein guter Teil der Menschen, die dort beruflich pendeln, die Vorteile der Erweiterung vor der Rente nicht erleben wird. Zur Erinnerung: Wir reden hier nicht von einer Revolution des Verkehrs und zukunftsfähigen Lösungen, sondern einer zusätzlichen Fahrspur.

Die Autobahn 42 ist seit Freitag zwischen Herne-Baukau und Herne-Crange gesperrt.
Die Autobahn 42 ist seit Freitag zwischen Herne-Baukau und Herne-Crange gesperrt. © Herne | Jonas Richter

Wo ist die Gesamtkompetenz? Wer managt die Probleme?

Warum es so lange dauert? Es ist für die Planer wahrlich eine Operation am offenen Herzen. So gut wie keine Autobahnbaustelle in Deutschland ist so komplex wie das Kreuz Herne. Straßen, Leitungen und eben die Bahn... Alles ist so ineinander verschachtelt wie ein Stapel Mikado-Stäbe. Wenn man falsch zieht, wackelt das ganze System. Dazu noch die marode Brücke, die durch eine Waage vor schweren Lasten geschützt werden muss. Die einzelnen Verantwortlichen geben viel, arbeiten flott. Wer genauer hinsieht, bekommt ein Bild von Einsatz und Kompetenz vermittelt.

Das Problem liegt im System. Aller Abstimmungsrunden zum Trotz scheint jeder vor sich hinzuwurschteln. Die Autobahn GmbH baut ihre Straße. Die Bahn reißt ihre Brücke ab und legt nebenbei mal eben auch noch den Zugverkehr im halben Ruhrgebiet lahm. Die Baufirmen machen ihr Ding. Jeder kommuniziert für sich, oft gegenteilig – und am Wochenende recht wenig.

Es fehlt Gesamtkompetenz, jemanden, der das Projekt von A bis Z steuert. Im Zweifel ist es ja immer der andere Beteiligte, der das Problem verursacht hat. Keine Stadtverwaltung, die mal mit echten Ideen den Eindruck von Anpacken vermittelte. Fast schon tragisch-komisch: Die Stadt empfahl den Gästen des Cranger Weihnachtszaubers „grundsätzlich eine Anreise mit dem ÖPNV zu prüfen“. Vor dem Hintergrund, dass kaum eine Bahn fuhr und die Busse unweigerlich im Stau steckten, ein schlechter Witz.

Die nächste Sperrung wird kommen. Verständnis wird dafür aber kaum noch jemand haben.

+++ Hintergrund: Dicke Staus im Berufsverkehr in Herne +++