Herne. 1939 kaufte Familie Heitkamp in Wanne-Eickel das Grundstück der niedergebrannten Synagoge. Warum Engelbert Heitkamp nun um Entschuldigung bat.
1939 kaufte die Unternehmerfamilie Heitkamp der jüdischen Gemeinde in Wanne das Gelände der ein Jahr zuvor niedergebrannten Synagoge ab. Nach dem Krieg sahen sich Heitkamps mehrfach mit dem Vorwurf konfrontiert, ein würdiges Gedenken an diesem Ort zu blockieren. 84 Jahre nach dem Kauf des Grundstücks nahm ein Familienmitglied erstmals öffentlich Stellung zu diesem Thema: Ein spürbar angefasster Engelbert Heitkamp bat die jüdische Gemeinde um Entschuldigung.
Auf eigenen Wunsch ergriff der letzte Geschäftsführer des 2013 in Insolvenz gegangenen Unternehmens das Wort. Nach OB Frank Dudda sprach er zu den über 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der städtischen Gedenkveranstaltung an der ehemaligen Synagoge an der Langekampstraße. „Obwohl mein Elternhaus auf der einen Seite dieser Mauer stand und das meines Cousins Heiner direkt hier, habe ich von der geschichtlichen und kulturellen Bedeutung dieses besonderen Ortes erst sehr spät erfahren“, sagte er.
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„Über den entsetzlichen Krieg und das den Juden widerfahrene furchtbare Leid konnte die Generation meiner Eltern scheinbar kaum sprechen“, so der 75-Jährige. Der Grundstücksverkauf durch die jüdische Gemeinde sei unter Druck des nationalsozialistischen Regimes erfolgt. „Unser damaliger Vertragspartner, der Kaufmann Albert Klestadt, wurde mit seiner Frau Lisette in der Shoah ermordet - wie viele andere jüdische Menschen aus Wanne-Eickel und Herne. Wie unsagbar schlimm!“
Nach seinem heutigen Empfinden und das seines Cousins Heiner - er nahm ebenfalls an der Gedenkstunde teil - „hätte unsere Familie auf die tragische Geschichte dieses besonderen Stücks Erde schon ganz früh hinweisen müssen.“ Wenn seine Familie die jüdische Gemeinde durch Tun oder Nichtstun verletzt habe, so bedauerten sein Cousin und er das: „Wir begrüßen und unterstützen ein würdiges Gedenken sehr.“
Wie kam es zu diesem Bekenntnis? Die Idee sei ihm erstmals bei der Übergabe des Gemäldes „Die Wildpferde in der Cranger Heide“ an den OB im Technischen Rathaus der Stadt - früher: die Firmenzentrale von Heitkamp - gekommen. Verstärkt habe sich dieser Wunsch dann in Gesprächen mit dem städtischen Historiker Ralf Piorr, so Engelbert Heitkamp zur WAZ.
In Kürze wird diese Episode erneut zum Thema: Am kommenden Donnerstag, 16. November, wird im Heimatmuseum Unser Fritz die von Piorr konzipierte Ausstellung „Was habe ich damit zu tun? Der Nationalsozialismus im Stadt- und Familiengedächtnis in Herne und Wanne-Eickel“ eröffnet. Neben Heitkamp geht es darin unter anderem auch um die Familien Schuitz, Flottmann und Meyerhoff, so der Stadthistoriker.
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Zurück zur Heitkamp-Historie: Dokumente belegen, dass das Wanner Unternehmen im 2. Weltkrieg rund 140 „Fremdarbeiter“ im Tief- und Bunkerbau eingesetzt hatte. Im Jahr 2000 beteiligte sich die Heitkamp-Daniel-Haniel GmbH, so der damalige Name der Bergbausparte des Unternehmens nach einer Fusion, an der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft für Zwangsarbeiter im NS-Regime. Wesentlich verantwortet worden sei dies von seinem Cousin, dem späteren BDI-Präsidenten und im August 2022 verstorbenen Jürgen Thumann, so Engelbert Heitkamp in seiner Rede. „Wir sind sicher, auch in seinem Namen zu sprechen.“