Herne. Ist die Bürgerbeteiligung bei Bauprojekten in Herne angemessen? WAZ-Redakteur Lars Christoph sieht wie die BIs große Defizite: ein Kommentar.
Nein. Nicht alle Einschätzungen von Mitgliedern der fünf Bürgerinitiativen sind plausibel. Etwas befremdlich wirkt zudem die pauschale Kritik an Herner Kommunalpolitikern. Doch blickt man auf die Entstehungsgeschichte der BIs und ihre bisherigen Erfahrungen mit Stadt und Parteien, so kann es unterm Strich nur eine Bewertung geben: Die grundsätzliche Forderung nach einer stärkeren Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern ist berechtigt, der Zusammenschluss der Initiativen zum Erreichen dieses Ziels ist zu begrüßen. Deshalb: Daumen hoch für das ehrenamtliche Engagement der BIs!
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Die Art und Weise, wie die Herner Bevölkerung bislang bei Bauprojekten bzw. Bebauungsplänen eingebunden und beteiligt wird, mag formalen gesetzlichen Ansprüchen genügen. Das reicht aber nicht annähernd aus, um dem Anspruch an ein bürgernahes Handeln von Verwaltung und Politik gerecht zu werden. Der Vorwurf in Richtung Stadt, dass auch „getrickst“ wird, um Interessen – hier vor allem: Ausweisung neuer Wohnungsbaugebiete – durchzusetzen, ist keineswegs aus der Luft gegriffen.
Und es gibt ja auch bereits Reaktionen der Verantwortlichen auf die (zunehmende) Kritik. Die OB-Partei SPD hatte bekanntlich (überraschend) zunächst ein Veto gegen städtische Baupläne an der Vödestraße eingelegt und die Verwaltung zu einer Überarbeitung aufgefordert. Außerdem suchen Parteien offenbar zunehmend einen Austausch mit Bürgerinitiativen.
Der Hebel muss allerdings viel früher angesetzt werden. Schon im Vorfeld der Planung größerer Bauprojekte muss die Stadt proaktiv auf die betroffenen Bürgerinnen und Bürger im Umfeld zugehen und sie informieren. Die Verwaltung hat ja bereits in diversen Sitzungen angedeutet, dies künftig praktizieren zu wollen. Und beim Projekt Funkenbergquartier - hier entsteht die Polizeihochschule - ist die Stadtspitze auf die BI zugegangen und hat sie jüngst über anstehende Verfahrensschritte informiert, berichtete BI-Sprecher Christian Lux im Treffpunkt Eickel.
Alles nur taktische Manöver und/oder Lippenbekenntnisse? Der Schulterschluss der BIs dürfte den Druck auf die Verantwortlichen erhöhen und dazu beitragen, dass in Planungsverfahren künftig mehr Transparenz und vor allem Fairness herrscht. Dass es aufgrund unterschiedlicher Interessenlagen und angesichts der Prioritätensetzung in der Verwaltung – Wohnbebauung hat Vorrang vor Klimaschutz – künftig weiterhin zu Kontroversen kommen dürfte, sollte hier aber nicht verschwiegen werden.