Herne. Für Auszubildende ist der Beruf nicht attraktiv: Friseure in Herne stehen deshalb vor großen Problemen – was sich in der Branche ändern muss.
- Friseure leiden unter Personalmangel
- Niedrige Gehälter verschrecken Auszubildende
- Vier-Tage-Woche könnte eine Lösung sein
Immer mehr Friseursalons in Herne geraten in Schwierigkeiten. Die Gründe dafür sind vielfältig: Personalmangel, fehlende Einheitspreise, schlechte Bezahlung von Auszubildenden – das verunsichert auch die Kunden. Ein selbstständiger Friseur und der Obermeister der Friseur-Innung beschreiben den aktuellen Zustand der Branche.
Seit 20 Jahren führt Daniel Obermeier eigene Friseursalons, wobei sein derzeitiger Laden im Stadtteil Wanne steht. Vor Kurzem hat der 39-Jährige seine Öffnungszeiten verändern müssen: Statt fünf Tage die Woche Haare zu schneiden, könnten Gäste nur noch aus Terminen an vier Tagen wählen, heißt es. „Wir haben viel zu tun, daran liegt es nicht“, stellt der Friseurmeister klar. Woran liegt es dann?
40 Stunden Arbeit trotz Vier-Tage-Woche
Der Grund für die eingeschränkten Öffnungszeiten: Es fehlt schlichtweg an Personal. In seinem Salon beschäftige er aktuell eine Teilzeitkraft (15 Stunden) sowie eine weitere Friseurmeisterin, die drei Tage die Woche bei ihm arbeite (25 Stunden), sagt Obermeier. Er selbst stehe vier volle Tage in seinem 70 Quadratmeter großen Laden (inklusive Büro und Aufenthaltsraum). Auf die 40 Stunden-Woche kommt er trotzdem. „Mit sechs Vollzeitkräften könnte ich auch sechs Tage öffnen“, stellt der Friseurmeister fest.
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Den Personalmangel in der Branche bestätigt der Obermeister der Friseur-Innung Herne/Castrop-Rauxel. Jörg Böhlke, seit 2000 im Amt, erklärt: Die Mitarbeiter fänden schnell einen neuen Arbeitgeber, wenn der Salon schließe – so dringend seien Fachkräfte gesucht. Von mehr als 100 Betrieben in Herne seien 32 aktuell in der Innung und stünden mit ihm regelmäßig in Kontakt, so Böhlke. Dazu kommt: Der Beruf ist für Auszubildende finanziell nicht attraktiv.
Kaum ein Handwerk ist schlechter bezahlt
Daniel Obermeier absolvierte seine Lehre mit 17, seinen Meister machte er mit 20 Jahren. Eine weitere Herausforderung für Friseursalons sei, dass es kaum Nachwuchs gebe: „Vielleicht ist der Beruf nicht mehr so attraktiv für junge Leute?“ Der Friseur erinnert sich noch an seine Ausbildung und den Jahrgang von 90 Personen. Heutzutage sei es hingegen schwierig, eine Klasse von zehn bis zwölf Leuten zu füllen.
Seit einigen Jahren sinkt die Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge für angehende Friseure rapide. Böhlke nimmt hierfür vor allem die schlechte Bezahlung in die Verantwortung, denn: Ein Lehrling verdient im ersten Ausbildungsjahr lediglich 620 Euro brutto pro Monat. Damit sind Friseure nach den Orthopädieschuhmachern die am schlechtesten bezahlten Auszubildenden.
Friseur-Innung Herne sieht Preispolitik als Schwachstelle
Sind die Preise der Herner Friseure zu hoch? Nach Aussagen von Obermeier ist das nicht der Grund für sinkende Zahl der Friseurläden. Schließlich sei sein Salon eher hochpreisig, doch die (Stamm-)Kunden kämen trotzdem. Auch deshalb könne er sich erlauben, seit einem Jahr keine weiteren anzunehmen. Zugleich funktioniert seiner Meinung nach auch das Konzept günstiger Barbershops als Gegenspieler. Dort gebe es genug Kunden, die in kürzeren Zeitabständen mehrfach für die Frisur oder den Bart bezahlen.
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Böhlke ist anderer Meinung: „Die Preispolitik gewinnt immer mehr an Bedeutung.“ Viele Kunden seien durch die Preisschwankungen verunsichert und fragen deshalb bei den einzelnen Friseuren die Preise ab. Im Gegensatz zu vielen anderen Handwerksberufen seien zudem die Stundenlöhne in den Salons nicht überall gleich. „Es gibt tarifliche Regelungen“, aber die tatsächlichen Preise stünden immer in Abhängigkeit von den individuellen Kosten, sagt Böhlke. Finanziell nicht tragbar seien die Läden, die Haarschnitte zu unterdurchschnittlichen Konditionen anböten.
Was muss geschehen, um die Friseure in Herne zu stärken?
„Wir müssen versuchen, dass die Kunden die vier Tage akzeptieren“, so Böhlke. Verringerten sich die Öffnungszeiten und damit die Fixkosten, zahle sich das bei gleichbleibender Anzahl der Termine für die Friseure aus. Aktuell werde es von den Kunden auch gut angenommen, zumal er gesteht: „Wir verlieren auch ein paar.“ Seit der Corona-Pandemie kämen ebenfalls Hausbesuche durch ungelernte Friseure dazu, die die Lage der Friseure verschärfen, indem die Kunden nicht mehr in den Salon kommen: „Kunden, die das einmal so gemacht haben, die gewöhnen sich nicht mehr um.“
Darüber hinaus könnte eine einheitliche Preispolitik den Friseuren helfen. Böhlke findet, das sei ein schöner Ansatz. Auch wünscht er sich einen Mindestpreis als gesetzliche Regelung, wohlwissend, dass es jene niemals geben wird.