Herne/Bochum. Bizarrer Prozess: Hat ein 28-jähriger Herner eine Knoblauchknolle geklaut? Er bestreitet und enthüllt Unheimliches: „Die wollen, dass ich morde“.

Zweimal Ladendiebstahl, einmal Wohnungseinbruch: Die Vorwürfe, für die sich ein 28-jähriger Herner seit Freitag, 4. August, vor dem Bochumer Landgericht verantworten muss, erscheinen nur auf den ersten Blick alltäglich. Beutestücke, Abläufe und Erklärungen machen den Fall nahezu einzigartig. Denn es geht um eine Knoblauchknolle, Bowle und Mayonnaise – aber auch um innere Stimmen im Kopf und eine unbefristete Psychiatrie-Einweisung.

Zwischen dem Januar und März soll der Angeklagte in Herne dreimal für jede Menge Aufsehen gesorgt haben. Zweimal kam der 28-Jährige anschließend für wenige Wochen in U-Haft. Inzwischen ist er seit April in einer forensischen LWL-Klinik untergebracht. Denn er gilt als psychisch krank und deswegen möglicherweise für die Allgemeinheit gefährlich. Die 1. Strafkammer prüft daher neben einer Haftstrafe auch die Anordnung einer Unterbringung in einer forensisch-psychiatrischen Klinik.

Angeklagter soll Knoblauchknolle gestohlen haben

Ort der Verhandlung: das Justizzentrum Bochum.
Ort der Verhandlung: das Justizzentrum Bochum. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Am 20. Januar soll der 28-Jährige an der Buschkampstraße durch Aufhebeln eines Fensters in eine Mietwohnung eingebrochen sein. „Sodann suchte er nach Diebesgut“, heißt es in der Anklage. Nachdem der Herner laut Staatsanwaltschaft bei seinem Beutezug von zwei Zeuginnen auf frischer Tat ertappt wurde, soll er sich aus einem Schrank im Esszimmer eine Knoblauchknolle geschnappt und dann Hals über Kopf geflüchtet sein.

„Das stimmt so nicht. Der Angeklagte sagt, das war er nicht“, erklärte die Verteidigerin des Herners. DNA-Spuren an dem aufgebrochenen Fensterrahmen erkläre der 28-Jährige damit, dass er kurz zuvor in der fraglichen Wohnung noch selbst gewohnt habe.

Herner stiehlt Zutaten für Burger

Nachdem der Herner sich anschließend bis zum 16. Februar in U-Haft befand, wurde er am 17. Februar in einem Supermarkt an der Unser-Fritz-Straße bei einem Ladendiebstahl erwischt. Mit gestohlenen Zutaten für ein geplantes Burger-Essen in seiner Jackentasche war der von einem Detektiv angesprochen worden. Bei einem Gerangel zerbrach unter anderem ein Glas mit Mayonnaise. Laut Anklage soll der 28-Jährige auch eine Dose Pfefferspray verloren haben, mit der der Detektiv ihn schlussendlich Schachmatt gesetzt hat.

„Den Diebstahl hat er begangen, das stimmt. Er hatte Hunger und wollte zusammen mit einem Kollegen Burger braten“, hieß es vonseiten der Verteidigerin. Der Herner lege aber Wert darauf, dass die Pfefferspraydose definitiv nicht seine gewesen sei.

Am 10. März soll der Herner in einer Drogerie am Stöckmannshof für Wirbel gesorgt haben. Hier soll er mit zwei Parfümflaschen in seiner Jacke am Ausgang von einem Detektiv angesprochen worden sein und den Mann dann mit einer halbvollen Wodka-Flasche attackiert haben. Auch diesen Coup räumte der 28-Jährige über seine Verteidigerin ein: „Er hatte vorher Bowle getrunken, bekam Hunger, hatte aber keinen Cent Geld in der Tasche. Da hat er sich gedacht, bevor ich jemanden überfalle, mache ich lieber einen Ladendiebstahl.“ Das geklaute Parfüm habe der Herner schnell zu Geld „für Döner und Zigaretten“ machen wollen, hieß es.

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Seine psychische Erkrankung erklärte der Angeklagte den Bochumer Richtern so: „Seit ich 18 bin habe ich gemerkt, dass ich Stimmen im Kopf höre.“ Auch im Moment dieser Erklärung habe gerade im Saal wieder ein innerer Impuls versucht, ihn zu einer Handbewegung zu bewegen. „Das kann ich aber inzwischen gut zurückhalten“, so der 28-Jährige. Auf die Frage, was ihm die Stimmen denn in der Vergangenheit schon alles befohlen haben, enthüllte der Herner: „Die wollen, dass ich morde. Die wollen, dass ich mir eine Knarre kaufe und auf jemanden losballere. Auf unschuldige Leute.“ Für den Prozess sind Verhandlungstage bis zum 11. September anberaumt.