Herne. Sie leben zusammen wie in einer normalen WG – doch sie alle sind an Demenz erkrankt. Warum die WG so wichtig ist, berichtet ein Angehöriger.
Sie leben zusammen in einer Wohngemeinschaft (WG), essen gemeinsam, teilen sich einen Wohnbereich, jeder hat sein eigenes Zimmer – ähnlich wie viele Studentinnen und Studenten. Doch die acht Bewohnerinnen und Bewohner der WG am Buschmannshof sind nicht Mitte 20. Die meisten von ihnen sind bereits über 80 Jahre alt – und alle haben Demenz.
Die Krankheit, unter der in Deutschland Millionen Menschen leiden, sorgt dafür, dass die Betroffenen mit der Zeit ihre im Leben erlernten Fähigkeiten vergessen und verlernen. Ohne Betreuung ist ein Leben für sie ab einem gewissen Krankheitsstadium nicht mehr möglich.
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So auch für Bärbel Müller, die seit März in einer Demenz-WG in Wanne-Eickel lebt. Ihr Mann, Hans-Peter Müller, pflegte sie zunächst sechs Jahre lang zu Hause. „Aber das war irgendwann nicht mehr möglich“, erzählt er. Daraufhin versuchte er es erst in einem Pflegeheim. „Was wir dort erlebt haben, war ganz schlimm. Ich wusste schon nach zwei Tagen, dass meine Frau nicht lange dortbleiben wird.“ Dann stieß er auf die Demenz-WG und wusste: Das ist der richtige Ort für seine Frau.
Herne: Demenz-WG findet neuen Pflegedienst
Doch schon nach wenigen Wochen der nächste Schock: Der betreuende Pflegedienst, der die Bewohnerinnen und Bewohner rund um die Uhr in den Räumen betreut, kündigte an, die WG ab August zu verlassen. Gerade zu dem Zeitpunkt, als Müller das Zimmer für seine Frau fertig eingerichtet hatte. „Wir Angehörigen waren verzweifelt und haben alle möglichen Pflegedienste abgeklappert, um jemanden zu finden, der uns übernimmt.“ Schließlich wurden sie fündig – beim Pflegedienst „Herzvoll“. „Der Name ist dort Programm“, sagt Müller. „Wir sind so froh, dass wir sie noch gefunden haben.“ Ab September wird der Pflegedienst die Pflege der acht Menschen übernehmen. Außerdem gehen die Pflegerinnen und Pfleger einkaufen, kochen und übernehmen alle Aufgaben, für die die zwei Bewohner und sechs Bewohnerinnen und nicht mehr in der Lage sind.
Seine Frau in ein Pflegeheim zurückschicken, wäre für Müller keine Alternative gewesen. „Meine Frau kann seit drei Jahren nicht mehr sprechen und deswegen auch nicht mehr auf sich aufmerksam machen.“ In dem Heim, in dem sie wenige Wochen gelebt hat, sei es vorgekommen, dass stundenlang kein Pfleger oder Pflegerin vorbeigeschaut hätte, sie stundenlang nicht gepflegt wurde. „Meine Frau wurde einfach vergessen.“ Wäre er nicht regelmäßig gekommen, hätte sie kein Essen bekommen. Und auch bei anderen Bewohnerinnen und Bewohnern des Hauses packte er mit an. „Manche alten Menschen sind nicht in der Lage, alleine zu essen. Die brauchen Unterstützung dabei.“ Doch darauf sei keine Rücksicht genommen worden.“
„Tiere im Tierheim werden besser behandelt“
Ihm sei bewusst, dass die Situation in den Heimen aufgrund von Personalmangel alles andere als einfach sei, aber dass darunter die alten und hilflosen Menschen leiden, könne nicht sein. „Da muss etwas passieren.“ Und er wird noch direkter: „Tiere im Tierheim werden besser behandelt.“
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Deswegen ist er so froh, dass er die Wohngemeinschaft gefunden hat. „Hier gibt es keine sterilen langen Gänge – hier ist es mummelig.“ Mit den anderen Angehörigen treffe er sich regelmäßig, um die wichtigsten Sachen zu besprechen. Sie entscheiden beispielsweise gemeinsam über neue Anschaffungen für die WG.
Von den Bewohnerinnen und Bewohnern ist seine Frau, die bald 59 Jahre alt wird, quasi die Tochter von allen, sagt Müller und lacht. Alle anderen seien über 80 Jahre alt – die älteste Bewohnerin wird bald 100 Jahre alt. „Wenn man ihr das sagt, ist sie selbst ganz erstaunt.“