Herne. Die Hernerin Elisabeth Jacobsohn hat eine App für Kunst im öffentlichen Raum entwickelt. Dafür wurde sie von der Bundesregierung ausgezeichnet.
Jeden Tag gehen hunderte Menschen an den vier Stäben aus Betonringen vorbei, die auf der Bahnhofstraße in Herne-Mitte stehen. Ob sie sich fragen, was es damit auf sich hat? Die Antwort könnten sie in der App „Artventure“ finden. Die hat die Hernerin Elisabeth Jacobsohn entwickelt. Damit will sie Kunst im öffentlichen Raum bekannter machen. Ein Projekt, das sogar die Bundesregierung für ausgezeichnet hält.
Den Impuls, sich mit einer App ins Abenteuer der Kunst im öffentlichen Raum zu stürzen, lieferte Jacobsohns Studienkombination: An der Ruhr-Universität in Bochum studiert sie im Master Kunstgeschichte der Moderne, zusätzlich hat sie einen Bachelor in Betriebswirtschaftslehre, was das Gründungsinteresse geweckt habe. „Ich interessiere mich schon lange für Kunst im öffentlichen Raum“, erzählt die 22-Jährige im Gespräch mit der Herne WAZ-Redaktion. Dabei sei ihr aufgefallen, dass es schwierig ist, an Informationen zu manchen Kunstwerken zu kommen. Auch wüssten wenig Menschen, wie viel Kunst es im öffentlichen Raum gebe, zum Beispiel an ihrer Uni.
Nach einem halben Jahr sind 1300 Kunstwerke in der App gelistet
„Ich habe mir schon öfter eine Anwendung gewünscht, die Informationen bereit hält, und irgendwann habe ich mir gedacht: Dann mache ich sie selbst.“ Hilfe habe sie von ihrem Bruder, einem Informatiker, bekommen. Der habe sie auch gewarnt: So etwas sei zu aufwendig - zumal sich Jacobsohn das Ziel gesetzt hat, die Datenbank in der App für Deutschland aufzubauen. „Das wird natürlich lange dauern“, sagt sie. Immerhin: Zurzeit sind rund 1300 Kunstwerke in der App gelistet - rund ein halbes Jahr nach dem Start. Davon natürlich einige in Herne selbst, Jacobsohn weist auf den Skulpturenpark bei Flottmann hin.
Die Informationen dazu sammelt sie zunächst aus öffentlichen Datenbanken. In der App sammle sie neben dem genauen Standort und Bildern die Grunddaten: Künstler, Entstehungsdatum, Auftraggeber oder Material. Im zweiten Schritt fertige sie eine Beschreibung vom Kunstwerk an, die Nutzer der App lesen können, wenn sie vor dem Kunstwerk stehen. In Frage für die App kommen nicht nur Skulpturen, sondern auch Wandgemälde wie zum Beispiel legale Graffiti. Ob später denkmalgeschützte Gebäude hinzukommen, müsse sich noch zeigen.
Bislang gibt es keine bundesweite Datenbank
Die Resonanz sei durchaus erfreulich, so Jacobsohn. Im Dezember habe sie rund 500 Downloads registriert. Jene, die die App genutzt hätten, fänden sie gut. Sie habe schon Mails mit Tipps erhalten, wo weitere Kunstwerke stehen.
Wie groß das Potenzial mit Blick auf ganz Deutschland ist, sei gar nicht leicht zu ermitteln, erläutert die „Kunstabenteurerin“. Es gebe bislang keine Datenbank für ganz Deutschland. Städte würden in aller Regel Datenbanken nur für ihre Kommune aufbauen. Eine Übersicht gebe es nicht. „Da ist eine Lücke, die wir füllen könnten“. Zwar gebe es bereits andere Apps, die sich mit Kunst im öffentlichen Raum beschäftigen, doch die seien nur für eine Stadt. „Ich als reisefreudige Person hätte keine Lust, mir für jede Stadt eine eigene App herunter zu laden.“ Da sehe sie einen Pluspunkt bei „Artventure“. Neben der Beschreibung von Kunstwerken bietet die App bereits GPS-basierte Spaziergänge an, bei denen die App die Nutzer zu mehreren Kunstwerken lotst. Darüber hinaus sei ein Audioversion in Vorbereitung.
Artventure hat inzwischen drei Auszeichnungen erhalten
Jacobsohn ist erst Mitte vergangenen Jahres mit der App gestartet, doch es gebe schon erste Vermarktungsansätze. Sie führe gerade Gespräche mit Museen und Städten.
Helfen könnte bei den Gesprächen die Tatsache, dass „Artventure“ bereits mehrmals ausgezeichnet worden ist. Die Stadt Bochum verlieh Jacobsohn den Preis „Senkrechtstarter“, dazu gab es den Urbanana-Award für kreativen Städtetourismus. Und von der Bundesregierung wurde Jacobsohn 2022 als Kultur- und Kreativpilotin ausgezeichnet. Um das einzuordnen: Für diese Auszeichnung gab es rund 700 Bewerbungen, nur 32 Projekte wurden ausgezeichnet. Mit ihren 22 Jahren war Elisabeth Jacobsohn die jüngste Preisträgerin im vergangenen Jahr.
Die Antwort auf die Anfangsfrage lautet übrigens: Bei den vier Stäben aus Betonringen handelt es sich um das Kunstwerk Licht-Punkt von Jürgen LIT Fischer und Peter Brdenk. Errichtet wurde es 2001, im Jahr 2020 wurde das Kunstwerk restauriert.