Herne/Witten. In einem Herner Krankenhaus stirbt ein Baby kurz nach der Geburt. Nun droht der Ärztin eine Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung.

  • Nach einem Babytod droht einer Ärztin nun eine Verurteilung wegen fahrlässige Tötung.
  • Sie soll 15.000 Euro zahlen.
  • Vor Gericht konnte sie kaum noch sprechen.

Am Ende konnte die Ärztin kaum noch sprechen. Sie zitterte am ganzen Körper, die Tränen liefen ihr übers Gesicht. „Ich habe immer alles getan, damit alle zufrieden sind“, sagte sie den Richtern am Bochumer Landgericht. Dann versagte ihr die Stimme. Kurz zuvor hatte die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe wegen fahrlässiger Tötung beantragt. Die Ärztin soll 15.000 Euro zahlen.

Über vier Jahre ist es inzwischen her, dass es im Kreißsaal des Herner Marien Hospitals zu dramatischen Komplikationen gekommen ist. Das kleine Mädchen hatte keine Chance. Es war rund anderthalb Tage später gestorben.

Oberstaatsanwalt: Geburt wurde zu spät eingeleitet

„Das Kind ist verstorben, weil die Geburt zu spät eingeleitet worden ist“, so Oberstaatsanwalt Andreas Bachmann am Freitag in seinem Plädoyer. Trotz dramatischer Alarmzeichen sei kein Kaiserschnitt gemacht worden. Obwohl die Ärztin eigentlich genau gewusst habe, dass dies der einzige Weg gewesen sei, das Baby zu retten.

Sie habe sich jedoch nicht durchgesetzt, sei im entscheidenden Moment nicht konsequent genug gewesen. „Sie hätte klar sagen müssen: Wir haben hier ein Problem, dass sogar zu einem tödlichen Ausgang führen kann“, so Bachmann. Aber es habe ihr in der Nacht auf den 3. August 2018 auch niemand geholfen. „Sie ist einfach alleine gelassen worden.“

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Die Eltern des kleinen Mädchens waren am Freitag nicht noch einmal vor Gericht erschienen, hatten aber eine E-Mail verfasst, die ihr Anwalt im Prozess verlesen hat. Darin hieß es: „Es ist einfach unerträglich, dass wir unser Kind aufgrund kollektiven Versagens verloren haben.“ Deshalb sei es wichtig, dass werdende Eltern vor diesen beiden Personen geschützt würden. Damit war nicht nur die Ärztin gemeint, sondern auch die Hebamme, die bis kurz vor der Geburt dabei war. Das Strafverfahren gegen sie ist allerdings schon gegen Zahlung von 3000 Euro an eine gemeinnützige Organisation eingestellt worden. Eine Verurteilung ist nicht erforderlich, hieß es von Seiten der Staatsanwaltschaft und des Gerichts.

Das Baby starb im Arm der Mama

Wie dramatisch die Nacht der Geburt damals gewesen ist, ist dem seitenlangen Behandlungs- und Diagnoseprotokoll der Kinderklinik in Witten zu entnehmen, das im Prozess verlesen worden ist. Dorthin war das das Neugeborene sofort nach der Geburt gebracht worden: Körpertemperatur bei 33 Grad, keine eigene Atmung, kein Herzschlag. Das Baby hatte zwar reanimiert werden können, doch der akut lebensbedrohliche Zustand hat sich immer weiter verschlechtert. Am Ende haben Ärzte und Eltern offenbart gemeinsam entschieden, die Therapie „einzufrieren“. Es bestand keine Hoffnung mehr. Das Baby starb im Arm der Mama. Urteil nächsten Donnerstag.