Herne/Düsseldorf. Und der „Faust“ geht an ...: Wie die beiden Herner Nominierten bei der Verleihung des bedeutendsten deutschen Theaterpreises abschnitten.

Und der „Faust“ geht an...: Lina Beckmann. Die Hernerin ist am Samstagabend im Düsseldorfer Schauspielhaus für ihre Darstellung in „Richard the Kid & the King“ ausgezeichnet worden. Der ebenfalls für diesen bedeutendsten deutschen Theaterpreis nominierte Regisseur Frank Hörner vom Herner Theater Kohlenpott ging in der Rubrik „Inszenierung Theater für junges Publikum“ mit dem Stück „Trial & Error“ leer aus.

Beckmann (41), die einst die Hibernia-Schule besucht und in den Herner Flottmann-Hallen erstmals auf der Bühne gestanden hatte, setzte sich in der Jury-Entscheidung gegen Susanne Wolff („Schwester.Von“, Deutsches Theater Berlin) und Vincent zur Linden („Das Vermächtnis“, Residenztheater München) durch. Mit dieser Auszeichnung habe sie bei ihrer bereits dritten „Faust“-Nominierung nicht unbedingt gerechnet, bekannte die Schauspielerin nach der Verleihung im Foyer des Düsseldorfer Theaters im Gespräch mit der WAZ: „Ich dachte mir, dass jetzt auch mal jemand anderes an der Reihe ist.“

Die Krönung: Lina Beckmann spielt in Karin Henkels Inszenierung „Richard the Kid & the King“ den englischen König Richard III. Das Stück ist eine Koproduktion des Hamburger Schauspielhauses und der Salzburger Festspiele.
Die Krönung: Lina Beckmann spielt in Karin Henkels Inszenierung „Richard the Kid & the King“ den englischen König Richard III. Das Stück ist eine Koproduktion des Hamburger Schauspielhauses und der Salzburger Festspiele. © Monika Rittershaus

Denn: Für das von Karin Henkel am Hamburger Schauspielhaus inszenierte Drama habe sie bereits drei renommierte Preise erhalten – den Nestroy-Preis, den Gertrud-Eysoldt-Ring sowie den Kritiker-Preis des Fachmagazins „Theater heute“. Dieser Faktor spielte für die „Faust“-Jury am Ende jedoch keine Rolle, so dass nach 2019 zum zweiten Mal eine Beckmann-Frau diese undotierte Auszeichnung entgegennehmen konnte. Vor drei Jahren hatte Linas ältere Schwester Maja für ihre Rolle im zehnstündigen Marathon-Stück „Dionysos Stadt“ (Schauspiel Zürich) gewonnen.

Lina Beckmann als Richard III.: Wahnsinniger Druck, absolute Freiheit

Die Arbeit für „Richard the Kid & the King“ sei für sie etwas ganz Besonderes und Einmaliges gewesen, so Lina Beckmann: „Die Regisseurin Karin Henkel hatte etwas im Kopf, das sie mit mir erarbeiten wollte. Für mich war das eine Mischung aus: Ich will das Geschenk, aber ich habe auch Angst vor diesem Geschenk.“

Eine große Verantwortung habe in dem knapp vier Stunden langen Stück auf ihren Schultern gelastet: „So eine Aufgabe – jetzt sag’ ich was ganz Krasses – habe ich in meinem Leben noch nie bekommen und werde ich in meinem Leben nie wieder bekommen.“ Sie habe einen wahnsinnigen Druck, aber auch eine absolute Freiheit gespürt, ihr Gefühlszustand habe zwischen Panik und Euphorie geschwankt: „Vor der Premiere habe ich manchmal nicht schlafen können, weil ich gedacht habe: Ich schaffe das nicht.“

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Der „Faust“ und die anderen Preise, aber auch regelmäßige stehende Ovationen des Hamburger Publikums zeigen: Sie hat es geschafft. Und die nächste Premiere steht bereits vor der Tür: Am 20. Januar spielt Lina Beckmann am Hamburger Schauspielhaus in der Dystopie „Der lange Schlaf“ unter der Regie von Philipp Stölzl. Bereits abgedreht worden sind zwei neue „Polizeiruf“-Produktionen. Lina Beckmann hat in diesem ARD-Krimiformat als Kommissarin bekanntlich ihren Ehemann Charly Hübner „beerbt“ und ermittelt an der Seite von Anneke-Kim Sarnau. Die Folgen „Gespenster“ und „Diebe“ sollen 2023 und 2024 ausgestrahlt werden, so der NRW.

Co-Produktion aus Herne und Bochum auf Augenhöhe mit Deutschem Theater Berlin

Zurück zum „Faust“. Anders als Lina Beckmann blieb Frank Hörner am Samstagabend die „Kirsche auf der Torte“ (Hörner) verwehrt: Dem Regisseur von „Trial & Error“, eine mit Christian Eggert inszenierte Co-Produktion von Theater Kohlenpott und Urbanatix (Bochum), war nach der Preisverleihung keinerlei Trauer über den entgangenen Preis anzumerken. Im Gegenteil: „Allein die Nominierung war schon eine sehr große Auszeichnung“, sagte der 56-Jährige.

Prickelnde Vorfreude: Lina Beckmann (re.) und Frank Hörner (li.) vor der Preisverleihung im Düsseldorfer Schauspielhaus mit ihren Partnern Charlie Hübner und Gabriele Kloke.
Prickelnde Vorfreude: Lina Beckmann (re.) und Frank Hörner (li.) vor der Preisverleihung im Düsseldorfer Schauspielhaus mit ihren Partnern Charlie Hübner und Gabriele Kloke. © loc

Der Sieg in der Sparte „Inszenierung Junges Theater“ – einer von insgesamt 14 Preisen – ging an Liesbeth Coltof für „Miroloi“, aufgeführt am Deutschen Theater Berlin. Die Größe und Bedeutung dieses Hauptstadt-Hauses unterstreicht, in welche Dimensionen das Ensemble aus Herne und Bochum hier vorgedrungen ist.

>>> Für die WAZ: Brosdas Laudatio auf Beckmann

Für die WAZ Herne hielt Hamburgs Kultur- und Mediensenator Carsten Brosda (48) nach der Preisverleihung im Foyer des Düsseldorfer Schauspielhauses eine ganz persönliche Kurz-Laudatio auf Lina Beckmann und würdigte ihre große Schauspielkunst.

Carsten Brosda ist in Hamburg Senator für Kultur und Medien sowie seit 2020 Präsident des Deutschen Bühnenvereins.
Carsten Brosda ist in Hamburg Senator für Kultur und Medien sowie seit 2020 Präsident des Deutschen Bühnenvereins. © Roland Magunia/Funke Foto Services

Der Präsident des Deutschen Bühnenvereins (und gebürtige Gelsenkirchener) sagte über die Hernerin: „Lina Beckmann ist als Schauspielerin eine Urgewalt. Wer sie in der Rolle als Richard III. gesehen hat, der hat eine Ahnung davon bekommen, was Bühnenpräsenz heißt, wie eine Person einen Riesenraum ausfüllen kann mit allen Formen der Äußerungen, mit allen Formen von Körperlichkeit, von Stimme, von Gestik, von Mimik. Das ist ein Ereignis. Von daher hat sie diesen Preis völlig zurecht bekommen.“

„Richard the Kid & the King“ mit Lina Beckmann wird in diesem Jahr noch am 30. November sowie am 29. Dezember im Deutschen Schauspielhaus Hamburg aufgeführt. „Trial & Error“ ist vom 18. bis 20. Dezember in den Herner Flottmann-Hallen zu sehen.