Herne. Die Herner AfD-Fraktion hat einen Empfang gegeben. Zu Gast war auch einer der laut Verfassungsschutz „geistigen Brandstifter“ der Neuen Rechten.
Wie weit rechts steht eigentlich die Herner AfD? Diese Frage stellt sich (nicht erst) nach dem Besuch eines wichtigen Vertreters der Neuen Rechten in Deutschland.
Berichte und Fotos vom Herner AfD-Empfang auf Facebook
Als „geistige Brandstifter“ und „zentrale Figuren“ des neurechten Netzwerks hat Bundesverfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang vor einigen Monaten den Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke sowie den 2020 aus der AfD ausgeschlossenen Brandenburger Landtagsabgeordneten Andreas Kalbitz bezeichnet. Ihre offensichtliche Sympathie für den Rechtsextremisten Höcke hat die Herner AfD bereits mehrfach auf ihrer Facebook-Seite durch das Teilen von dessen Inhalten dokumentiert. Nun hat die AfD deutlich gemacht, dass sie auch mit Kalbitz keine Probleme hat. Der Brandenburger – der Rechtsextremist gehört dort trotz der Annullierung seiner Mitgliedschaft noch immer der AfD-Landtagsfraktion an – war in Herne zu Gast beim Jahresempfang der AfD-Ratsfraktion. Motto: „Ost trifft West“.
Das bestätigte die Herner AfD-Fraktion auf Anfrage. Die Öffentlichkeit hatte die selbst ernannte Alternative für Deutschland allerdings nicht über das Treffen informiert. Das „übernahm“ der Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich: Nach seiner Teilnahme stellte der Dortmunder auf Facebook zu einem kurzen Text auch einige Fotos von der Herner Veranstaltung. Helferich? Genau: Das ist jener AfD-Mann, der 2020 bundesweit Schlagzeilen machte, weil er sich in älteren Chats selbst als „das freundliche Gesichte des NS“ (Nationalsozialismus) bezeichnet hatte. Der AfD-Bundestagsfraktion gehört er seitdem nicht mehr an.
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Hernes AfD-Fraktions-Chef Thomas Berning – er weilt auf den Philippinen und nahm deshalb nicht am Empfang teil – und sein Vize Guido Grützmacher können die Nachfrage bezüglich des Besuchs der beiden Rechtsaußen nicht nachvollziehen. Es verwundere ihn, so Berning, dass die WAZ Herne die Arbeit der AfD-Ratsfraktion „totschweige“, sich nun aber für den Empfang interessiere. Zu den Kosten der offenbar auch aus Mitteln der Stadt finanzierten Veranstaltung erklärte er, dass diese gering gewesen seien und die Redner keine Honorare bekommen hätten.
Mit dem Besuch der beiden umstrittenen AfD-Politiker knüpft die Fraktion an eine Herner „Tradition“ an. Ihr im handfesten Streit geschiedener Vorgänger Armin Wolf hatte 2018 für die AfD-Ratsgruppe Hans-Thomas Tillschneider aus Sachsen-Anhalt zu einer (öffentlichen) Veranstaltung zum Thema „Islam und Antisemitismus“ im Kulturzentrum eingeladen. Tillschneider zählte damals zum äußersten rechten Parteirand.
Der amtierende Herner AfD-Chef und Fraktions-Vize Guido Grützmacher weist in seiner Antwort auf die nach seinem Eindruck „wertend und eher tendenziös gestellte“ Anfrage der WAZ darauf hin, dass Andreas Kalbitz nicht persönlich eingeladen worden sei, sondern von einem AfD-Landtagsabgeordneten als „Zuhörer“ mitgebracht worden sei. Im Übrigen sei es „absurd“, durch die Anwesenheit von Kalbitz eine politische Ausrichtung festzumachen, denn die Herner AfD-Ratsfraktion habe schon immer Vertreter aller Strömungen der Partei empfangen.