Herne. Der Klimawandel in Herne bedroht die Teiche. Sie drohen auszutrocknen. Die Stadt muss überall Wasser nachfüllen. Wie lange geht das noch?
■ Wasserstand von Teichen sinkt seit Jahren
■ Dorneburger Mühlenbach ist streckenweise ausgetrocknet
■ Gräfte an Schloß Strünkede dürfen nicht austrocknen, sonst rutscht das Schloss ab
„Wir haben ein Riesenproblem“: Hernes Stadtgrün-Chef Heinz-Jürgen Kuhl schlägt Alarm. Die Teiche in Herne kämpften mit dem Klimawandel und drohten, nach und nach auszutrocknen. Der Aufwand für die Stadt, das zu verhindern, sei groß: „Jeder Teich in Herne braucht unsere Hilfe.“ Nach und nach versuche die Verwaltung, sie so gut es geht, am Leben zu erhalten. Ob das dauerhaft möglich und nötig ist, ließ Kuhl offen. Er stellte aber klar: Angesichts der großen Hitze und der wenigen Niederschläge im Sommer müsse man prüfen, welche Teiche überhaupt erhaltenswert seien.
Es war die CDU, die das Thema „Zustand und Zukunft der Teiche“ auf die Tagesordnung des Umweltausschusses brachte. Die Situation der Gewässer, so begründete Ratsfrau Barbara Merten, habe sich zuletzt immer weiter verschlechtert. Ob der Teich im Voßnacken, der Ententeich, der Dorneburger Mühlenbach oder die Teiche am Tierheim in Röhlinghausen: Die Pegelstände sänken, viele Bereiche seien sogar schon trocken: „Die Veränderungen sind sichtbar und spürbar in der Stadt.“ Merten wollte deshalb wissen: Wie schätzt die Stadt die Lage ein? Und wie kann verhindert werden, „dass weitere Gewässer in Herne aufgegeben werden“?
Herne: Grundwasserspiegel sind gesunken
In den Fokus rückten im Umweltausschuss einmal mehr die beiden Teiche am Tierheim. Dort, bemängelte die Ratsfrau, gebe es „eine deutliche Verschlechterung“. Der Wasserstand nehme seit Jahren ab, nun sei er dramatisch gesunken, ganze Uferbereiche seien ausgetrocknet. Das bestätigte Gunnar Jacobs, bei der Emschergenossenschaft zuständig für Gewässer- und Landschaftspflege. Er präsentierte dem Ausschuss Fotos, die trockengelegte Bereiche zeigten. „Diese Bilder will keiner“, kommentierte er die niederschmetternden Fotos. Und ergänzte: „Sie sind kein Einzelfall.“ Vielerorts in Herne, ja im ganzen Ruhrgebiet, sehe es ähnlich aus.
Grund: Die wiederholt viel zu trockenen Sommer- und Herbstmonate in den vergangenen Jahren mit viel zu wenig Niederschlägen. Sie hätten den Grundwasserstand der Region insgesamt auf ein deutlich niedriges Niveau absinken lassen. Die Niederschläge lägen oft weit unter dem langjährigen Mittel, im August seien in Herne etwa nur 11 Prozent der sonst üblichen Regenmenge gefallen.
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Mutmaßungen, dass die Arbeiten der Emschergenossenschaft am nahe gelegenen Hüller Bach Grund für den gesunkenen Grundwasserspiegel an den Zwillingsteichen an der Röhlinghausener Hofstraße seien, wies Jacobs zurück. Zwar seien im Zuge der Emscher-Naturierung in den vergangenen Jahren dort Abwasserkanäle und Regenwasser-Behandlungsanlagen gebaut und dazu auch die Pegel gesenkt worden. Allein: Die Gewässer seien wöchentlich, im Winter alle zwei Wochen, begangen und kontrolliert worden. Speziell die Teiche hätten dabei aufgrund ihrer besonderen Biotop-Funktion im Fokus gestanden.
Seien die Wasserstände zu niedrig gewesen, dann habe die Emschergenossenschaft eingegriffen und Wasser aufgefüllt. Dadurch sei die Biotop-Funktion während der gesamten Bauzeit erhalten geblieben, so der Landschaftsökologe. Seit Juni 2022 nun sei die Grundwasser-Absenkung abgeschlossen, seitdem stiegen auch wieder die Pegel. Wegen der Klimaveränderungen aber eben nicht mehr auf ihr altes Niveau.
Fast alle Teiche wurden künstlich angelegt
Das sei auch an anderen Gewässern zu beobachten. So am Dorneburger Mühlenbach, der bislang dauerhaft Wasser geführt habe. Im vergangenen Sommer sei er abschnittsweise trockengefallen. „Solche Verhältnisse könnten in Zukunft häufiger zu beobachten sein“, so Jacobs zur WAZ. Das wirke sich nicht nur auf das Leben der Menschen, sondern auch auf die Ökosysteme aus, die sich vielerorts verändern würden. Was tun gegen das sinkende Grundwasser? Da sei man noch „relativ ratlos“, bekannte Jacobs im Ausschuss. Der falsche Weg sei es, immer wieder „mit Trinkwasser zu antworten“, sprich: die Teiche aufzufüllen.
Die Stadt Herne geht diesen Weg – noch. Außer den Ostbachteichen habe kein Herner Teich einen natürlichen Zufluss, alle seien künstlich angelegt, sagte Stadtgrün-Chef Kuhl. Andere Ideen müssten her, so wie etwa am Ententeich in Herne-Süd. Dieser sei bereits verkleinert worden. Dadurch könne weniger Wasser verdunsten. Aber auch dort reiche diese Maßnahme nicht aus. Die Gräfte am Schloß Strünkede etwa bräuchten unbedingt Trinkwasser, sonst wären sie schnell trocken. Das aber dürfe nicht sein, sonst würde das Schloss, das auf Holzstelzen gebaut sei, abrutschen.
Eine mögliche Lösung skizziert Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft. Bäche, Flüsse und stehende Gewässer bedürften einer besonderen Aufmerksamkeit bei Klima-Anpassungsmaßnahmen: „Es geht darum, das Wasser in der Fläche zurückzuhalten, um die Grundwasser-Neubildung zu fördern.“ Darauf zielten Maßnahmen zur Verbesserung der Klimaresilienz. Konkret gemeint sei damit das Prinzip der Schwammstadt: Regen müsse dort versickern, wo er falle – oder in Gewässer eingeleitet werden. Regenwasser habe nichts in Abwasserkanälen oder Kläranlagen zu suchen. Je angereicherter ein Teich oder ein Bach sei, umso langsamer falle er auch in Dürreperioden trocken.