Herne. Es sind so viele Wespen wie sonst nur im August unterwegs. Eine Herner Expertin erklärt, woran es liegt und warum sie gerade jetzt Süßes naschen.
Die Wespen krabbeln sogar über die ersten Christstollen: In Herner Bäckereien fliegen gerade so viele der gelb-schwarzen Insekten, wie wohl noch nie zu dieser Jahreszeit. Dabei gilt ja der August als Wespenmonat. Ist das ein einmaliges Phänomen oder ein Indikator für den Klimawandel?
- Viele Wespen sind aktuell noch unterwegs.
- Sie verzehren vor allem Süßes, weil die Brut jetzt großgezogen ist.
- Nur wenige Tiere überleben den Winter als befruchtete Königinnen.
- Expertin Ingrid Reckmeier vom BUND in Herne erklärt die Problematik.
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Wespen in den Bäckereien: Stutenkerle und Christstollen statt Pflaumenkuchen
„So schlimm war es noch nie“, heißt es von Verkäuferinnen bei Brinker, die sich seit mittlerweile fünf Monaten mit den „Plagegeistern“ herumschlagen und zum Glück nur „relativ wenig gestochen“ wurden. Auch in der Bäckerei Sponheuer staunt man über den Wespen-Ansturm kurz vor St. Martin. „Die kommen wohl wieder alle raus, weil es so warm wird“, heißt es auf Nachfrage. Die Wespen schlagen sich in der Verkaufstheke beherzt die „Bäuche“ voll. Statt auf Pflaumenkuchen, nun auf Stutenkerlen und den ersten frühen Christstollen.
Für die Wespen sei das eine pure Lusterfüllung, erklärt Ingrid Reckmeier, Ortsvorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Herne. Nach der Versorgung der Brut bis zum Spätsommer seien die einzelnen Tiere danach unterwegs, um sich selbst zu versorgen. „Die machen sich noch ein paar schöne Wochen und naschen Süßes“, sagt Reckmeier. „Die haben dann sozusagen frei.“ Was vielleicht den einen oder anderen Menschen beruhigen wird: Der Tod gilt für den Großteil der Tiere als sicher. „Alle Wespen sterben – bis auf die Königin“, sagt die Expertin. „Nur die befruchteten Jungköniginnen überleben im Winter.“
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Erst Insekten für die Brut, erst im Spätsommer Süßes für die Wespen
Im Sommer seien die Wespen damit beschäftigt, die Brut mit Nahrung zu versorgen. Dabei stünden vor allem Insekten auf der Nahrungsliste. „Deshalb haben die Wespen auch eine wichtige Funktion. Sie verzehren zu einem gewissen Teil auch tote Tiere“, sagt Reckmeier. Dass man als Mensch die Wespen im Spätsommer als ungebetene Gäste mehr wahrnehme, habe damit zu tun, dass die einzelnen Wespen dann auf süße Leckereien umstellen und sich dann auch mal am Kuchen oder dem Gegrilltem bedienen.
„Ich kann nicht sagen, ob es insgesamt mehr Wespen geworden sind“, sagt Reckmeier. „Dass sie jetzt noch munter sind, wundert mich aber bei den ungewöhnlich hohen Temperaturen nicht.“ Genetisch sei die Lebensdauer der Wespen auf etwa sechs Monate begrenzt. Durch die Wärme werde die Lebenszeit aber gerade sehr ausgedehnt. Die Kälte im September habe nicht ausgereicht.
Klimawandel? Sind die Wespen deshalb länger unterwegs?
Ist das eifrige Ausschwirren der Wespen Ende Oktober/Anfang November auch ein Indikator für den Klimawandel? „Ja, das kann man so sehen“, sagt Ingrid Reckmeier. Je länger es warm sei, desto länger seien auch die Wespen aktiv. Wie sehr sich die Arten grundsätzlich an den Klimawandel anpassten, sei aber noch eine andere Frage.
Was heißt die verlängerte Wespenflugzeit für den Umgang mit den Tieren? Muss man jetzt im eigenen Garten vorsichtiger sein? „Man muss genau hingucken, welche Wespe das ist“, sagt Ingrid Reckmeier. Nicht alle Wespenarten seien gleichermaßen aggressiv. Letztlich sei immer das Verhalten des Menschen entscheidend.
Altes Wespennest: Hängenlassen oder entfernen?
Wenn ein Wespennest zum Ende der Saison „leergezogen“ wird, könne man es bedenkenlos hängenlassen und damit vielleicht sogar fürs nächste Jahr vorbeugen: „Wenn man es ein Jahr lang geschafft hat, kann man ziemlich sicher sein, dass man im nächsten Jahr an der Stelle Ruhe hat“, sagt die Expertin von BUND. „Die Wespe kommt nie zurück ins gleiche Nest.“ Für die Bäckereien dürfte das nicht gelten.