Herne. Ein Herner (26) meldet sich als Opfer eines brutalen Überfalls. Eine junge Frau soll ihn in eine Sex-Falle gelockt haben. Aber was war das Motiv?

Er wird ganz unruhig, wenn er von dieser Nacht redet. Der 26-jährige Herner sagt, er erinnere sich noch genau an diesen 10. August: Er habe sich mit einer jungen Frau in Unna treffen wollen. Sie wartete am Supermarkt, gemeinsam fuhren sie ins Maisfeld. Plötzlich, sagt der Herner, habe er ein Machete vorm Gesicht gehabt. Ein Mann habe aufs Auto eingeschlagen. Er sei in eine Sex-Falle gelockt worden. Aber warum? Die Ermittler finden kein klares Motiv. Der Weiße Ring unterstützt den Herner.

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Badoo – kennengelernt über Flirt-App im Internet

Der jüngste Bericht über einen 18-jährigen Herner, der in Lünen Ähnliches erlebt haben soll, habe ihn aufgewühlt, sagt der 26-Jährige, der nach den ganzen Erlebnissen seinen Namen nicht nennen will. Er wolle andere warnen. Brigitte Grüning, Leiterin der Außenstelle Herne beim Weißen Ring, hat dem Mann Unterstützung angeboten. Sie fürchtet, dass es sich hier offensichtlich um eine äußerst brutale Masche handeln könne, erklärt die Opferschützerin: „Die beiden Fälle sind sich ja sehr ähnlich.“

Der Fall hatte auch die Polizei in Unna massiv beschäftigt, der Notruf einen Großeinsatz ausgelöst. So sehr die Geschichte auch der Polizei in Erinnerung blieb, einen durchschlagenden Erfolg konnten die Ermittler nicht feiern. Viele Fragen blieben offen. Warum soll jemand im abgelegenen Maisfeld gelauert haben? Warum wurde nichts gestohlen? Der Fall sei ohne weitere Ermittlungsansätze an die Staatsanwaltschaft abgegeben worden, sagt Unnas Polizeisprecher Bernd Pentrop.

Das vom Opfer aufgenommene Foto vom 10. August 2022 zeigt den Audi während der Spurenaufnahme durch die Polizei. Die Beschädigungen seien unter anderem durch die Machete entstanden.
Das vom Opfer aufgenommene Foto vom 10. August 2022 zeigt den Audi während der Spurenaufnahme durch die Polizei. Die Beschädigungen seien unter anderem durch die Machete entstanden. © Privat | n.n.

Die junge Frau habe er über das Portal „Badoo“ im Internet kennengelernt, sagt der 26-Jährige. Dort bekommt man wie bei Tinder und Co. potenzielle „Dates“ angezeigt: ein Wisch nach links für „Ja“, ein Wisch nach rechts für „Nein“. Sagen beide „Ja“ ergibt’s ein „Match“. Die potenziellen Partner können dann in Kontakt treten. Das habe er getan. Er habe das Mädchen eine ganze Zeit vor dem Vorfall sogar getroffen. Es sei ein unauffälliges Date gewesen, nichts weiter gelaufen. „Danach brach der Kontakt ab.“

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Nachricht per Whatsapp geschrieben: „Zieh dir nicht zu viel an“

Dann, am 10. August, habe sie sich wieder gemeldet, mit einer anderen Handynummer, sich als Jenny vorgestellt, wollte ihn wieder treffen. „Ich hatte sie als Türkin in Erinnerung. Das war komisch“, sagt der 26-Jährige. „Aber ich bin hingefahren. Ich bin ehrlich: Ich hatte Lust auf Sex. Ich bin Single.“

Es gibt vor dem Treffen Kommunikation per Whatsapp. Der junge Mann zeigt die Nachrichten auf seinem Handy: „Zieh dir nicht zu viel an“, hatte er der Frau noch mit auf den Weg gegeben. Beim Treffen auf dem Edeka-Parkplatz habe schon ein anderer Wagen mit dem Mann dort gestanden. „Ich habe mir noch nicht einmal das Kennzeichen gemerkt“, sagt der Herner heute. Die junge Frau habe aber zum Maisfeld, unweit des Autobahnkreuzes der A1 und der A44 fahren wollen. „Sie zögerte es immer hinaus. Sie wollte, dass ich immer weiter nach vorne fahre.“

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Mit Lampe geblendet, mit der Machete bedroht und aufs Auto eingetrümmert

Plötzlich habe da der Typ gestanden. Mit einer hellen Lampe sei er geblendet worden. „Er schlägt mir aufs Autodach. Dann hat er die Machete auf mich gerichtet. Ich habe die Zacken an der Spitze gesehen. Ein Schlag und ich wäre weg gewesen.“ Der Mann habe mit der Machete aufs Auto geschlagen. „Die Frau saß die ganze Zeit dabei teilnahmslos im Auto.“ Dann habe er Pfefferspray ins Gesicht bekommen. Die Frau und der Mann seien geflüchtet. Beide seien offensichtlich skrupellos gewesen: „Der hat sich nicht einmal versprochen. Der hatte keine Hemmschwelle.“

Das Motiv bleibe für ihn selbst unklar, sagt der 26-Jährige. „Ich weiß nicht, was die wollten. Mein Auto ist 9000 Euro wert. Das ist nicht schlecht. Aber das lohnt sich doch nicht dafür.“ Die Polizei sei mit mehreren Streifenwagen ausgerückt. Es sei gar nicht so einfach gewesen, ihn zu finden. „Ich konnte nichts sehen. Ich konnte überhaupt kein Schild lesen und sagen, wo ich war.“ Danach sei er zwei Tage nur mit Sonnenbrille rumgelaufen. Die Frau habe ihn später noch angerufen, während er selbst bei der Polizei saß. „Sie hat dann aufgelegt und mich geblockt.“ Er zeigt in der Anrufliste seines Handys einen Anruf zu der Zeit, der immer noch gespeichert ist.

Tipp: Nicht am einsamen Ort treffen – egal ob als Mann oder Frau

Eine Flirt-App habe er seitdem nicht mehr angefasst. Für Dates rate er – wie schon die Polizei nach dem jüngsten Vorfall – zu Vorsicht bei der Ortswahl. „Ob Mann oder Frau: Triff dich niemals an so einem verlassenen Ort.“

Die Polizei in Unna hatte den Fall seinerzeit gar nicht öffentlich gemacht, weil die Umstände so unklar waren. Der Weiße Ring hat dem 26-Jährigen unterdessen anwaltliche Hilfe organisiert. Er wolle, dass die Täter ermittelt werden, um den Schaden an seinem Auto ersetzt zu bekommen.