Herne. Eine Buddha-Statue ziert eine ehemalige christliche Kirche in Herne: Heute ist dort ein thailändischer Tempel. Was es damit auf sich hat.
Zwei Männer in orange-farbenen Gewändern sitzen mit seitlich eingezogenen Beinen auf einer Holzerhöhung des Bodens. Hinter ihnen ragt ein Altar in die Höhe, der geschmückt ist mit kleinen glitzernden Figuren: Es sind verschiedene Versionen von Buddha und Figuren von Drachen. Vor den beiden Männern sitzen Menschen auf Bänken, die an Kirchenbänke erinnern. Auch die bunten Bleiglasfenster erinnern an eine christliche Kirche und stehen im Kontrast zum Rest der buddhistisch geprägten Einrichtung.
Die ehemals neuapostolische Kirche in Herne-Holsterhausen ist heute ein thailändischer Tempel der buddhistischen Religionsgemeinschaft Wat Buddha Barami. 2018 hat die Gemeinschaft das Grundstück in Herne gekauft und einen Tempel dort errichtet. Im Gespräch mit der WAZ erzählt der stellvertretende Tempelvorsitzende und Dolmetscher Natthapong Butdee-Ufer von der buddhistischen Glaubensgemeinschaft in Herne.
Große Thai-Gemeinschaft in Herne und Umgebung
In Deutschland leben knapp 60.000 Thailänderinnen und Thailänder, allein in NRW seien es etwa 11.000, sagt Butdee-Ufer. Auch in Herne und Umgebung gebe es damit eine große Thai-Gemeinschaft. Ein Großteil der Thailänder gehören dem buddhistischen Glauben an. „Wir sind froh, dass wir durch den Tempel unsere Religion im Ausland weiterleben können“, so der stellvertretende Vorsitzende. Der Tempel in Herne sei nicht nur ein Ort für die buddhistische Religion, sondern auch ein Ort, um die thailändischen Traditionen zu leben und mit den Mönchen über Probleme zu sprechen.
Die beiden Mönche, die im Herner Thai-Tempel leben, seien nach Herne gekommen, weil es in der Stadt und Umgebung noch keinen thailändischen Tempel gegeben habe, sagt Butdee-Ufer. In Bangkok gebe es ein zentrales Ausbildungsbüro für Mönche, die ins Ausland gehen möchten, um den Buddhismus auf der ganzen Welt vorzustellen. Nach einer dreijährigen Ausbildung können sich die Mönche bei buddhistischen Tempeln im Ausland bewerben.
Als ältester Mönch ist Phrakhruwarathamphinit Pholluea das Tempeloberhaupt. Phrakhrusamu Yongyut Yimsukhon ist sein Assistent. Sie konzentrieren sich auf die Praxis des buddhistischen Glaubens. Dazu gehöre, dass sie die Morgen- und Abendgebete praktizieren, meditieren und den Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft zur Seite stehen.
Thai-Tempel: Glaube an die Wiedergeburt spielt große Rolle
Der Tag beginne für Pholluea und Yimsukhon bereits um 6 Uhr mit dem morgendlichen Gebet, so Butdee-Ufer. Mit der anschließenden Meditation könne das zwischen einer und eineinhalb Stunden dauern. Erst danach folge das Frühstück. Der Glaube schreibe den Mönchen vor, dass sie nach 12 Uhr mittags keine Mahlzeiten mehr zu sich nehmen dürfen, erklärt der Dolmetscher. Lediglich Tee, Säfte und Buttergebäck seien am Nachmittag noch erlaubt – Mahlzeiten und Dessert seien verboten. Außerdem sei es ihnen nicht erlaubt, das Essen selbst zu kochen, weil sie weder arbeiten noch Geld verdienen dürfen, so Butdee-Ufer.
Also kommen die Mitglieder der Glaubensgemeinschaft Tag für Tag in den Tempel, um ihren Mönchen selbst gekochtes Essen zu überreichen. Dafür werden die Speisen vor ihnen auf einem Tuch abgelegt. Eine Dame komme jeden Tag schon in der Frühe zum Tempel, um Thai-Suppe, belegte Brötchen und Croissants zum Frühstück zu bringen.
„Wir glauben daran, dass unsere verstorbenen Angehörigen das Essen bekommen, das wir den Mönchen geben“, erklärt Butdee-Ufer. „Also bringen wir ihnen Gerichte, die unsere Angehörigen gerne mochten.“ Das sind typisch thailändische Speisen, wie ein Grüncurry mit Hähnchen, eine sauer-scharfe Garnelensuppe oder Glasnudelsalat. „Die Essensbeilage Reis ist der wichtigste Bestandteil unserer Speisen und darf ebenfalls nicht fehlen.“
Die Spende und Weitergabe an die Verstorbenen hängt mit dem buddhistischen Glaube an die Wiedergeburt zusammen. „Wir spenden Essen, Geld, Kerzen oder Blumen und meditieren, weil wir uns damit von unseren Sünden befreien wollen. Unser Ziel ist es, unsere Seelen zu reinigen, um später ein besseres Leben zu haben“, sagt Butdee-Ufer.
Vor der Erhöhung, auf der die beiden Mönche sitzen, ist ein großer Teppich mit roten und blauen Ornamenten ausgebreitet. Darauf kniet Natthapong Butdee-Ufer gemeinsam mit weiteren Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft. Sie verbeugen sich vor den Buddha-Figuren. „In den Tempel zu gehen und zu beten ist uns angeboren. Unsere Eltern haben das schon gemacht und als Kind habe mich so vor dem Unterricht in der Schule gesammelt“, erzählt er.
Mitglieder von Wat Buddha Barami kommen aus ganz Deutschland
Neben dem Tempel in Herne gehören noch sieben weitere Tempel zur Gemeinschaft Wat Buddha Barami. „Unsere Mitglieder kommen aus ganz Deutschland“, sagt Butdee-Ufer. „Wir haben Tempel unter anderem in Bochum, Hamburg, Bremen und sogar in Norwegen.“ Aus diesem Grund sei Herne ein guter Standort für einen der Tempel. „Wir hatten vorher einen Tempel in einer kleinen Bochumer Wohnung“, so Butdee-Ufer. „Das Grundstück in Herne haben wir gekauft, weil wir hier mehr Platz haben. Außerdem ist die Anbindung zur Autobahn ein Vorteil für uns.“ Denn wenn die Gemeinschaft Feste feiert, kommen zwischen 300 und 400 Menschen aus ganz Deutschland zusammen.
Das nächste große buddhistische Fest in Herne steht schon bevor. Am 23. Oktober findet das sogenannte „Ork Phansa“ statt. Es bedeute das Ende der Fastenzeit der Mönche und das Ende der Regenzeit in Thailand. „Dieses Fest ist für uns als thailändische Buddhisten in Deutschland sehr wichtig und wird groß gefeiert“, sagt Butdee-Ufer.
Im Herner Tempel wird an diesem Tag von 9 bis 14 Uhr gefeiert. Es wird eine große Zeremonie geben sowie thailändisches Essen, Musik und Tanz. Interessierte sind eingeladen vorbeizukommen und am Fest teilzunehmen. „Egal welche Religion oder Ethnie man hat - bei uns ist jeder willkommen“, sagt Butdee-Ufer.
Die buddhistische Glaubensgemeinschaft Wat Buddha Barami, Herforder Str. 2, ist auf Facebook unter dem Namen Wat Buddhabarami Herne zu finden. Dort wird regelmäßig veröffentlicht, wann die Mönche im Tempel sind. Bei Interesse an einem Besuch im Tempel wird um Voranmeldung per Mail an buddhabharamibochum@gmail.de oder telefonisch unter 0162 4845617 gebeten.