Herne. In Herne gibt es in einem städtischen Gebäude jetzt gleich vier unterschiedliche Toiletten nebeneinander. Wer darf welches WC benutzen?

  • In Herne gibt es erstmals im neuen Stadtteilzentrum H2Ö vier Toiletten nebeneinander.
  • Zielgruppe: „WC Besucher“, „WC Besucherinnen“, „WC Besuchende“ und „WC Besuchende Barrierefrei“.
  • Verwaltung hat sich dabei nach der Empfehlung der queeren Community gerichtet.

Im neuen Stadtteilzentrum H2Ö in Herne gibt es im Erdgeschoss gleich vier Toiletten nebeneinander: laut Schildern ein „WC Besucher“, ein „WC Besucherinnen“, ein „WC Besuchende“ sowie ein „WC Besuchende Barrierefrei“. Für viele Nutzerinnen und Nutzer ist da nicht gleich klar, auf welches Klo sie nun dürfen, wenn sie mal müssen. Fragen wirft auch der Umstand auf, dass auf allen vier Toiletten Hygienebehälter unter anderem mit Tampons angebracht wurden.

Das Stadtteilzentrum H2Ö, das im Gebäude der ehemaligen Hauptschule Hölkeskampring entstand und im Frühjahr 2022 öffnete, beherbergt unter anderem das Spielezentrum Herne, außerdem Büros für Angebote der Familienhilfe. Rund 5 Millionen Euro kostete der Umbau. Dabei wurden im „WC-Flur“ links neben dem Haupteingang erstmals in einem städtischen Gebäude auch Toiletten für alle Geschlechter geschaffen. Dabei, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken, habe sich die Verwaltung nach der Empfehlung der Expertinnen und Experten der queeren Community gerichtet.

Herne: Hygienebehälter auf allen Toiletten

Den Hygienespender unter anderem mit Tampons gibt’s im H2Ö auch im im „WC Besucher“.
Den Hygienespender unter anderem mit Tampons gibt’s im H2Ö auch im im „WC Besucher“. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Das macht es aber nicht jeder Nutzerin oder jedem Nutzer leicht. So gibt es das „WC Besucher“, das laut Hüsken „für männliche gelesene Menschen“ sei, ein „WC Besucherinnen“, das „für weiblich gelesene Menschen“ sei, außerdem ein „WC Besuchende“ für diverse Menschen, darunter trans- und intergeschlechtliche Menschen. Die vierte Toilette, „WC Besuchende Barrierefrei“, sei für Menschen mit Behinderungen – und also nicht nur für diverse Menschen mit Behinderungen, wie der WC-Name auch vermuten lassen könnte. Alles klar?

In allen vier Toiletten hat die Stadt die Hygienebehälter aufgestellt, im „WC Besucher“ hängt es direkt gegenüber den Urinalen an der Wand. Warum auch auf der Toilette „für männliche gelesene Menschen“? „Die Hygienebehälter werden auf allen Toiletten vorgehalten, da es zum Beispiel männlich gelesene Menschen mit weiblichen Sexualorganen gibt sowie weitere Möglichkeiten im Rahmen der sexuellen Vielfalt“, erklärt Stadtsprecher Hüsken. Dass der Automat gerade auf dieser Toilette oft leer ist, liege aber vor allem an dem Umstand, dass sich offensichtlich auch neugierige Jungen, die das Spielezentrum besuchen, daran bedienten, heißt es im Spielezentrum.

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Warum die vier Toiletten? Die Stadt habe beim Umbau des Gebäudes die Möglichkeit gehabt, die von der queeren Community gewünschten Vorgaben einmal umzusetzen, sagt Stadtsprecher Hüsken. Zur Regel werde das aber nicht, im Gegenteil. In Bestandsgebäuden, darunter den Schulen, könnten jetzt nicht überall zusätzliche WCs eingebaut werden. Dafür sei gar kein Platz da, und es fehle auch an den entsprechenden Mitteln. Die rechtlichen Vorgaben seien durch die gängigen drei Toiletten – Männer, Frauen, Behinderte – erfüllt. Die Stadt wolle aber künftig „gucken, was pragmatisch“ sei: „Bei Einzelprojekten schauen wir, was möglich ist.“

Bei Einzelprojekten könnten auch in Zukunft weitere Unisex-Toiletten kommen: Stadtsprecher Christoph Hüsken.
Bei Einzelprojekten könnten auch in Zukunft weitere Unisex-Toiletten kommen: Stadtsprecher Christoph Hüsken. © Stadt Herne | Frank Dieper

Diese „All-Gender-Toiletten“, seien wichtig, heißt es auf dem Regenbogenportal im Internet, einem Informationspool der Bundesregierung zu gleichgeschlechtlichen Lebensweisen und geschlechtlicher Vielfalt. Sie ermöglichten allen Menschen – unabhängig vom Geschlecht – einen möglichst angstfreien und diskriminierungsarmen Zugang zu Klos. Die meisten Toiletten, aber auch Umkleiden in öffentlichen Gebäuden, Schulen, Restaurants und Arbeitsplätzen seien nur nach Frauen und Männern aufgeteilt, kritisiert das Portal. „Viele inter*, trans*, nicht-binäre und gendernonkonforme Personen machen diskriminierende und gewaltvolle Erfahrungen auf solchen Toiletten und Umkleiden“. Diese Menschen berichteten zum Beispiel, dass sie „misgendert, angestarrt oder beschimpft“ und ihnen „intime Fragen zu Geschlecht oder Körper“ gestellt würden.

Stellt sich abschließend noch die Frage nach der richtigen Beschriftung, um Fragezeichen oder Verwirrung zu vermeiden. Die Landesstelle für Gleichbehandlung in Berlin empfiehlt einen einfachen Weg: die Beschriftung der Toiletten mit „WC für alle Geschlechter“, gegebenenfalls mit Übersetzung „All gender toilet“ oder einfach „WC“.