Herne. Das Chaos im Flugverkehr geht wieder von vorne los. Dazu präsentieren wir das perfekte Spiel: Overbooked. Für uns das Spiel des Jahres.

Vor wenigen Wochen sind die Spiele des Jahres in den verschiedenen Kategorien gekürt worden, Cascadia heißt der große Gewinner. Wir wollen das Urteil der Experten keinesfalls in Zweifel ziehen. Doch auch wenn die Prämierung längst geschehen ist, schlagen wir an dieser Stelle ein weiteres Spiel für einen Sonderpreis vor: Overbooked. Wir kreieren auch extra eine neue Kategorie. „Pleiten, Pech und Pannen im Flugverkehr“.

Die Grundidee des Spiels - das das Herner Spielezentrum für die WAZ getestet hat - ist es, Passagiere vor dem Abheben im Flugzeug so zu verteilen, dass alle zufrieden sind. Keine einfache Aufgabe, weil verschiedene Voraussetzungen erfüllt werden müssen.

Auch ein Tower gehört zur Ausstattung.
Auch ein Tower gehört zur Ausstattung. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Dass die Spielidee Spaß macht, offenbart sich an der Tatsache, dass „Overbooked“ im Jahr 2020 in den Niederlanden zu den Nominierten für das dortige Spiel des Jahres gehörte. Vielleicht wird es ja mit ein wenig Verspätung in Deutschland ein Bestseller. Nach diesem Sommer… Und in den Herbstferien scheint es keine Besserung zu geben.

Obwohl: Es scheint fraglich, dass die tausenden Passagiere, die wegen der gestrichenen Flüge sitzen geblieben sind, oder jene, die es erst gar nicht bis zum Check-In in Düsseldorf geschafft haben, diese traumatische Erfahrung nun noch einmal am Spielbrett erleben wollen. Vielleicht hilft das Spiel aber auch, die Erlebnisse zu verarbeiten, indem man selbst als Chef des Bodenpersonals über die Vergabe der Sitzplätze entscheiden kann.

Vorfall in den USA gab den Impuls zur Spielentwicklung

Ausgedacht hat sich das Spiel Daryl Chow aus Singapur - den Impuls dazu gab ein Vorfall, der für Furore gesorgt hat: Im Jahr 2017 wurden vier Passagiere aus einer voll besetzten Maschine von United Express geworfen, weil man diese vier Plätze benötigte, um eine Flugzeug-Crew zu ihrem Einsatzort zu bringen. Einer der Passagiere wurde von Polizisten förmlich aus der Kabine gezerrt und bei dem Gerangel bewusstlos. Man merkt: Es hätte also für die deutschen Passagiere noch viel schlimmer kommen können… Für die Airline kam es damals übrigens noch schlimmer. Der Aktienkurs rauschte nach Bekanntwerden des unsanften Rausschmisses erstmal in den Keller.

Bei „Overbooked“ müssen die Spieler die Passagiere nach bestimmten Vorgaben im Flugzeug platzieren. Das wird mit zunehmender Spieldauer schwieriger.
Bei „Overbooked“ müssen die Spieler die Passagiere nach bestimmten Vorgaben im Flugzeug platzieren. Das wird mit zunehmender Spieldauer schwieriger. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Bisher gibt es das Spiel nur in der Brett-Version, aber wäre es nicht klasse, wenn es auch eine Kartenversion gäbe? Dann könnte man es in der Abflughalle in der Warteschlange spielen. Zeit genug für mindestens zwei Runden müsste es auf jeden Fall geben...

Dass Lufthansa-Chef Carsten Spohr das Spiel bereits ausprobiert hat und es beim Bodenpersonal inzwischen fester Bestandteil der Ausbildung ist, ist allerdings nur ein Gerücht.

DAS URTEIL DES HERNER SPIELEZENTRUMS:HERAUSFORDENDES PUZZLESPIEL MIT EINSTEIGERFREUNDLICHEN REGELN

Bei „Overbooked“ schlüpfen die Spielenden in die Rollen von Mitarbeitenden am Serviceschalter eines Flughafens. Ihre Aufgabe ist es, die Sitzplätze in einem Flugzeug zu füllen, möglichst allen Fluggästen einen Platz zu verschaffen und dabei auch noch den besonderen Bedürfnissen unterschiedlicher Passagiere gerecht zu werden.

Zu Beginn erhalten alle ein Tableau, das ihr Flugzeug und dessen Sitzplätze zeigt. Wer am Zug ist, wählt eine Passagierkarte aus der Auslage und platziert dann Passagiere nach der von der Karte vorgegebenen Anordnung in seinem Flugzeug.

Karsten Höger, Mitarbeiter des Herner Spielezentrums, hat „Overbooked“ für die Herner WAZ getestet.
Karsten Höger, Mitarbeiter des Herner Spielezentrums, hat „Overbooked“ für die Herner WAZ getestet. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Wer eine „Reise nach Jerusalem“ für den Spieltisch erwartet, dürfte auf angenehme Weise enttäuscht werden. Wenn im weiteren Spielverlauf die Sitzplätze stetig knapper werden, entwickeln sich die zu erfüllenden Aufgaben zur knackigen Knobelei. Es gilt, viele unterschiedliche Faktoren zu beachten: Liebespärchen möchten natürlich beieinander sitzen, Kinder sollen von Erwachsenen begleitet werden, und Gruppen sollten am besten beisammen sitzen. Werden beim Legen bereits anwesende Fluggäste überdeckt, so verlassen sie den Flieger wegen Überbuchung und erzeugen Minuspunkte. Ein schöner Mechanismus sorgt dafür, dass zunächst unattraktive Karten in der Auslage stetig an Wert gewinnen.

Wer die Passagiere nun so schlau wie möglich auf die Plätze in der Flugzeugkabine verteilt, erzielt die meisten Punkte und gewinnt das Spiel.

Mehrere zusätzliche Spielvarianten für Fortgeschrittene erhöhen den Wiederspielreiz und bieten denjenigen, die das Grundspiel gemeistert haben, einen taktisch anspruchsvolleren Spielverlauf und einen höheren Schwierigkeitsgrad. „Overbooked“ kleidet ein herausforderndes Puzzlespiel in einfache, einsteigerfreundliche Regeln, dem es gelingt, fesselnde Rätselaufgaben in einen spannenden Spielfluss einzubetten.

„Overbooked“ von Daryl Chow, Jumbo, für 1-4 Spielende ab 8 Jahren, Spieldauer etwa 30 Minuten, circa 35 Euro.