Herne. Die Pläne für das Funkenberg-Quartier in Herne sind fehlerhaft, so ein Gutachten. Auftraggeber war eine Bürgerinitiative. Was diese nun sagt.
- Funkenberg-Quartier: Gutachter sieht Fehler in Bebauungsplan der Stadt.
- Bürgerinitiative fordert Stadt Herne zum Handeln auf.
- Gutachten und Unterschriften wurden an Stadt übergeben.
Die Bürgerinitiative Funkenberg-Quartier fordert die Stadt Herne auf, ihre Pläne für den Bau der Hochschule für Polizei und Verwaltung zu ändern oder sogar zu begraben. In der Planung der Verwaltung, so kritisieren die Anwohnerinnen und Anwohner, gebe es massive Fehler. Das bestätige auch ein Gutachten, dass die Bürgerinitiative (BI) in Auftrag gegeben hat. „Der Standort ist für die Polizeihochschule nicht geeignet“, sagt Christian Lux, Sprecher der Initiative, nach der Lektüre des Berichts.
Gegen die geplante Ansiedlung der Hochschule habe die Bürgerinitiative nichts, sagt Lux zur WAZ. Im Gegenteil: „Sie hätte einen Mehrwert für Herne.“ Auf dem von der Stadt geplanten Standort in der Nähe des Bahnhofs Herne habe sie aber nichts verloren. Die Einschnitte wären zu massiv. Wenn überhaupt, dann müsste die Hochschule auf der gesamten Brache entstehen – und nicht nur auf einem Teilstück. „Die Stadt hat das Ganze nur mit halbem Arsch geplant“, spricht der 50-jährige Bauingenieur Klartext.
Campus für 4500 Studierende und 340 Mitarbeitende
Die Stadt will wie berichtet auf einer rund sechs Hektar großen Fläche einen Hochschulcampus für rund 4500 Studierende und 340 Mitarbeitende bauen. Vor Ort wären täglich bis zu 2900 Studierende, heißt es. Am Rande der Fläche soll ein bis zu achtgeschossiges Parkhaus mit mindestens 1100 Stellplätzen entstehen. Die Erschließung des Areals soll vor allem durch eine Verlängerung der Funkenbergstraße am Herner Bahnhof erfolgen. Darüber hinaus ist Wohnbebauung und Gewerbe auf diesem Teil des Funkenberg-Quartiers vorgesehen. Das gesamte Quartier soll rund 13 Hektar groß sein, angesiedelt werden sollen dort neben Wohnungen und weiteren Hochschuleinrichtungen auch Logistik, Gesundheits- und Fitness-Angebote, Gastronomie und Kultureinrichtungen.
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Durch das Gutachten des bundesweit tätigen Büros Bosch & Partner (Herne) fühlt sich die BI bestätigt. Beschrieben werden darin die Auswirkungen des Hochschulbaus auf die Umwelt. Generell gelte: Die Themen Klimaanpassung und erneuerbare Energien, kritisiert Geschäftsführer Klaus Müller-Pfannenstil gegenüber der WAZ, würden im Bebauungsplan nicht berücksichtigt. Außerdem sei die Versiegelung zu groß. Und nicht zuletzt seien die Pläne nicht zusammen mit denen für das nahe gelegene Knipping-Dorn-Gelände gemeinsam betrachtet worden. Auch dort soll gebaut werden.
Im Gutachten hat das Büro mehrere Kritikpunkte aufgelistet. Die Stadt, so heißt es in dem Papier, das der WAZ vorliegt, plane ausschließlich passive Schallschutz-Maßnahmen an stark betroffenen Gebäuden, um Lärm zu vermindern. Die Grenzwerte der Gesundheitsgefährdung würden auf diese Weise nur knapp unterschritten. Besser wäre es, „Verkehrsberuhigung in dem betroffenen Stadtviertel zu initiieren und zumindest keine Verschlechterung der Lärmbelastung für die betroffenen Bürger zu verursachen“, meinen die Gutachter.
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Auch das achtgeschossige Parkhaus ist laut Gutachten nur „schwer nachzuvollziehen“, denn es füge sich nicht ins Stadtbild ein. Die geplante Hochschule liege in Bahnhofsnähe, deshalb „sollte es einem Großteil der Auszubildenden auch zuzumuten sein, mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen“, so die Gutachter. Die für das Parkhaus vorgesehene Fläche sollte besser als grüner Park mit Bäumen zum Schattenspenden und zur Luftverbesserung genutzt werden.
Darüber hinaus bemängelt das Gutachten unter anderem, dass es in den städtischen Plänen weder ein Entwässerungskonzept gebe noch Hinweise zum Umgang mit Starkregen, dass kein Bezug genommen werde zu den Ergebnissen des Verkehrsgutachtens oder der Zunahme des Verkehrs. „Die im Umweltbericht getroffene Bewertungsaussagen, dass ,keine erhebliche Belastung der Luft mit Schadstoffen zu erwarten ist’, kann so nicht nachvollzogen werden“, so das Gutachten.
Der Bebauungsplan der Stadt, resümiert Bosch & Partner-Geschäftsführer Müller-Pfannenstil, sei „rechtsfehlerhaft“. Die Fehler müssten nun behoben werden. Das sei möglich. Er spricht sich aber dafür aus, den ganzen Entwurf zu überarbeiten und den Umweltgedanken ins Zentrum der Planungen zu rücken. Er kann sich eine Polizeihochschule auf dem gesamten Areal vorstellen, eingebettet in einen Park mit maximal leichter Randbebauung. „Herne hat solche Inseln nicht“ – dort bestehe die Möglichkeit, eine solche grüne Insel zu bauen.
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Bei der Bürgerinitiative Funkenberg-Quartier dürfte Müller-Pfannenstil damit auf offene Ohren stoßen. Die BI, sagt Sprecher Lux, wolle nun auf die Politik zugehen und auf die Mängel in den städtischen Plänen hinweisen, damit Druck gemacht werde und sie abgeändert würden. Die Stadt Herne hat das Gutachten schon: Die Bürgerinitiative hat sie Stadtbaurat Karlheinz Friedrichs nun im Technischen Rathaus übergeben – gemeinsam mit 13 Einzeleinwänden und 437 Unterschriften gegen die Pläne.