Herne. Was muss eine Urlaubslektüre leisten? Welches Buch muss man in diesem Sommer lesen? Was Elisabeth Röttsches, Buchhändlerin in Herne, dazu sagt.

Sommerzeit, Reisezeit – und: Lesezeit! Was macht eine Urlaubslektüre aus? Was ist das Buch des Sommers? Und was sollte man am besten gar nicht lesen? Darüber sprach die WAZ mit Elisabeth Röttsches vom Literaturhaus Herne.

Was ist Ihr Buch dieses Sommers?

Lucy Fricke, „Die Diplomatin“. Das ist ein hochaktueller, politischer Roman, bei dem eine deutsche Diplomatin im Mittelpunkt steht. Das Buch hat mich gefesselt, es ist spannend und sehr gut recherchiert, spielt in Montevideo und Istanbul.

Und was ist die größte Enttäuschung?

Das neue Buch von Martin Suter. Suter ist eigentlich ein guter Erzähler, davon merkt man beim neuen Titel leider nichts. Außerdem interessiert es mich inhaltlich nicht. Es ist ein Buch über den Ex-Fußball-Nationalspieler Bastian Schweinsteiger und heißt „Einer von euch: Bastian Schweinsteiger“. Normalerweise freue ich mich immer über einen neuen Suter, weil er den Spagat schafft zwischen einer guten Geschichte und einer leichten, fantasievollen Sprache. Das klappte diesmal nicht. Da muss man wohl wirklich ein Fan sein, um das gut zu finden.

Nun sind Sommerferien, und viele Menschen greifen im Urlaub zu einem Buch. Was macht eine gute Urlaubslektüre aus?

Urlaubslektüre muss begeistern, spannend sein und den Leser packen, außerdem muss sie ein gutes Tempo haben und einen guten Plot – sonst wird das Buch zu schnell zur Seite gelegt. Ein Patentrezept ist das aber nicht: Der eine greift im Urlaub lieber zum Krimi, der andere will dagegen eine Landschaftsbeschreibung oder lieber ein politisches Buch. Da gelten dann möglicherweise andere Maßstäbe.

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Geht am Strand oder in den Bergen auch ein Klassiker?

Klassiker gehen auf jeden Fall, es kommt einfach auf persönliche Vorlieben an. Eine gute Wahl ist auch immer ein Buch, das einen Bezug zur Urlaubsregion hat, zum Beispiel die Bücher von Theodor Fontane – „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“.

Wer in die Ferien fährt, muss meist Platz sparen. Da sind E-Books doch eine gute Alternative. Oder lehnen Sie als Buchhändlerin Reader ab?

Nein. Ich habe zwar einen Reader, nutze ihn aber sehr selten. Bücher sind einfach robuster und praktischer.

Welches Genre lesen Sie am liebsten?

Ich lese gerne gut geschriebene Gesellschafts- oder Familienromane, wie zum Beispiel die Bücher von Karine Tuil, Benedict Wells, Bernhard Schlink und Daniela Krien. Sehr blutige Thriller interessieren mich hingegen gar nicht. Allerdings gefallen mir viele regionale Krimis, die gerne auch einen Bezug zu Urlaubsorten haben dürfen. Es gibt tolle, gut geschriebene Krimis, die zum Beispiel in Italien, Frankreich oder Dänemark spielen.

Wo lesen Sie im Alltag am liebsten – und wo gar nicht?

Also am liebsten lese ich auf der Couch, im Sommer auch gerne draußen im Liegestuhl, wenn möglich zwei bis drei Stunden lang. Das geht natürlich nicht täglich, darum genieße ich die Zeit am Wochenende. Mit ins Bett nehme ich meine Bücher auch, und auf dem Nachttisch habe ich auch immer mindestens ein Buch liegen. Aber oft schlafe ich schon nach drei Seiten ein – auch wenn ich zum Lesen extra mal früher ins Bett gehe. Gar nicht lese ich in der Badewanne.

Machen Sie eigentlich Eselsohren, um sich Seiten zu merken? Oder sind diese für sie ein No-go?

Eselsohren nur im Notfall! Ich freue mich immer über schöne Lesezeichen.

Lesen geht nicht nur auf der Couch und im Bett.
Lesen geht nicht nur auf der Couch und im Bett. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Wie informieren Sie sich als Buchhändlerin über Neuerscheinungen?

Ganz wichtig sind für uns die Verlagsinformationen. Wir achten aber auch immer auf Literatursendungen und Rezensionen im Feuilleton.

Wie viele Bücher lesen Sie?

Es kommt darauf an, was ansonsten anliegt. In der Regel schaffe ich aber pro Woche ein Buch.

Welches Buch wollten Sie schon immer mal lesen, haben es aber noch nie geschafft?

Marcel Proust: „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“. Ich bin gespannt, ob es mir irgendwann gelingt.

Sie sind jetzt 65 Jahre alt, da treten die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Ruhestand. Wenn Sie das auch täten, hätten Sie endlich Zeit für Marcel Proust. . .

Ganz so schnell geht es noch nicht. Ich freue mich aber darauf, bald etwas mehr Zeit zu haben.

Entweder/oder

Gebundenes Buch oder Taschenbuch?

Gerne ein gebundenes Buch. Ich mag einfach die schönere Haptik.

Liebesroman oder historischer Roman?

Eher historische Romane – wenn sie gut recherchiert und außerdem noch fesselnd sind.

Bitte ergänzen:

Bücherschränke find ich. . .

. . .spannend und unverzichtbar.

Niemals lesen würde ich ein Buch von. . .

. . .Sebastian Fitzek.

Den Nobelpreis für Literatur soll beim nächsten Mal. . .

. . .Annie Ernaux bekommen.

>> Weitere Informationen: Buchhändlerin in vierter Generation

Elisabeth Röttsches (65) machte nach dem Abitur am Haranni-Gymnasium eine Lehre zur Buchhändlerin. Sie betreibt die Buchhandlung Koethers und Röttsches auf der Bebelstraße in Herne-Mitte gemeinsam mit ihrem Bruder Ludger (59) in vierter Generation und hat 2015 das Literaturhaus Herne Ruhr e.V. gegründet.

Der Verein richtet in der Alten Druckerei auch Veranstaltungen aus, darunter Lesungen und Konzerte. Zur Buchhandlung gehört seit einigen Jahren auch ein kleines Café. Informationen im Internet: https://koethers-roettsches.buchkatalog.de/ und https://www.literaturhaus-herne-ruhr.de/.