Herne. Das „Café 22“, die neue Anlaufstelle für Wanne, ist offiziell eröffnet worden. Wie sie Suchterkrankten eine neue Tagesstruktur ermöglichen soll.

„Aufgeben war nie eine Option.“ Nun ist Kristin Pfotenhauer als Geschäftsführerin der Herner Kadesch gGmbH am Ziel: Am Mittwoch wurde in Wanne-Mitte das Café 22 offiziell eröffnet. In den ehemaligen Warsteiner Stuben an der Freisenstraße 22 – so erklärt sich die Namensgebung – finden nun suchtkranke und psychisch erkrankte Menschen eine Anlaufstelle.

Sieben lange Jahre hat die Suche von zahlreichen Beteiligten nach so einem Ort gedauert, um die Situation am Buschmannshof und im Postpark zu verändern. Dort halten sich zahlreiche dieser erkrankten Menschen auf. Sieben lange Jahre, in denen eine Reihe von Räumlichkeiten in den Blick genommen wurden, sich die Beteiligten fast am Ziel sahen – und die Suche doch wieder neu starten mussten. Mit dem Café 22 ist die Suche doch erfolgreich beendet.

Das Café 22 ist eröffnet (v. l.): Kristin Pfotenhauer, Geschäftsführerin Kadesch gGmbH, Frank Köhler, Geschäftsführer der Gesellschaft freie Sozialarbeit, OB Frank Dudda, Peter Nyhuis, Chefarzt des St. Marien Hospitals Eickel, und Jobcenter-Geschäftsführer Karl Weiß.
Das Café 22 ist eröffnet (v. l.): Kristin Pfotenhauer, Geschäftsführerin Kadesch gGmbH, Frank Köhler, Geschäftsführer der Gesellschaft freie Sozialarbeit, OB Frank Dudda, Peter Nyhuis, Chefarzt des St. Marien Hospitals Eickel, und Jobcenter-Geschäftsführer Karl Weiß. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Wie groß der Erfolg sein wird, wird die Zukunft zeigen. „Wir können keine Wunder versprechen“, sagte Oberbürgermeister Frank Dudda im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Bei seinen offiziellen Worten war er auch auf die Tatsache eingegangen, dass dieses Projekt Emotionen auslöst und die Anwohner zunächst unsicher reagiert haben. Doch er betonte: „Wir sind sicher, dass wir das Richtige tun.“

Herner Jobcenter finanziert zwölf Arbeitsgelegenheiten

Den Betroffenen sollten Brücken zurück in die Gesundheit und ins Leben gebaut werden, ihnen solle es ermöglicht werden, wieder eine eigene Tagesstruktur aufzubauen. Ohne Hilfe komme man nicht aus der Krise. Auf WAZ-Nachfrage erklärte Dudda, dass die Hütte im Postpark zunächst stehenbleibe und man abwarte, wie sich die Situation dort und in der neuen Anlaufstelle entwickle. Doch es sei das Ziel, die „unhaltbare“ Situation am Buschmannshof zu beenden.

Erste Entwicklungen sind bereits erkennbar. So entstehen mit dem Café zwölf Arbeitsgelegenheiten, die vom Jobcenter gefördert werden. Sieben der Plätze sind bereits vergeben, Jobcenter-Geschäftsführer Karl Weiß zeigte sich überzeugt davon, dass auch die restlichen fünf Plätze belegt werden können. Die Teilnehmer der Maßnahme werden verschiedene Arbeiten rund um das Café 22 übernehmen. Ziel sei eine Reintegration in den Arbeitsmarkt. Weiß: „Das ist für uns eine nicht alltägliche Maßnahme, aber ich bin überzeugt, dass sie richtig ist.“ Der Hintergrund: Länger andauernde Arbeitslosigkeit ist ein erheblicher Risikofaktor, der die Entwicklung oder Verschlimmerung von psychischen Problemen und Suchtproblemen begünstigen kann.

Anwohner sollen im Oktober zu einer ersten Bestandsaufnahme eingeladen werden

Und da das Café bereits seit einigen Tagen geöffnet ist, konnte Kristin Pfotenhauer auch in anderer Hinsicht eine Entwicklung schildern. Anwohner hätten die Einrichtung bereits besucht, erste Vorbehalte seien abgebaut worden. Die Betroffenen selbst würden dafür sorgen, dass es vor der ehemaligen Eckkneipe besonders sauber sei. Ratsherr (und Sozialausschussvorsitzender) Patrick Steinbach kündigte an, dass die SPD die Bürger im Oktober zu einer ersten Bestandsaufnahme einladen werde.

In die Feierstimmung mischte sich auch Kritik. Ein Anwohner – der OB gab ihm nach seiner eigenen Rede das Wort – behauptete, dass das ganze Projekt zu nichts führe. Die Menschen vom Buschmannshof würden gar nicht zur Freisenstraße kommen. Auf Nachfrage der WAZ erklärte Pfotenhauer, dass die Betroffenen sehr wohl bereits den Weg dorthin gesucht hätten.

Diese Bewegung könnte sich in Zukunft verstärken. Der Bus, der seit Beginn 2021 zweimal in der Woche am Buschmannshof Station gemacht und dort sowohl eine ambulante psycho-soziale Beratung und Akutversorgung als auch eine Versorgung mit Essen und Getränken angeboten hat, wird demnächst nicht mehr kommen – weil all dies nun im Café 22 geschieht.

>>> DIE PARTNER DES PROJEKTS

■ Träger der Anlaufstelle sind die Kadesch gGmbH, die Gesellschaft freie Sozialarbeit und das St. Marien Hospital Eickel.

■ Bei der Durchführung des Projekts arbeiten die Partner zudem eng mit Jobcenter und der Stadt Herne zusammen.