Herne. Dogan Yildiz ist schon lange Kioskbetreiber, wollte eigentlich aufhören. Stattdessen haben er und seine Frau Serap den Kiosk26 in Herne eröffnet.

Der Mittfünfziger, der sich nach der Arbeit seine Packung Marlboro „anne Bude“ holt, das kleine Mädchen, das schüchtern nach dem Preis für eine bunt verpackte Süßigkeit fragt oder die beiden Jungs, die sich mit Energy Drinks und Bier eindecken – sie alle werden von Serap und Dogan Yildiz mit einem Lächeln begrüßt. Ende Mai hat das Paar seinen Kiosk26 auf der Hauptstraße in Wanne-Eickel eröffnet. „Wir haben ohne Stammkunden angefangen“, berichtet die Inhaberin und strahlt, „aber es läuft sehr gut.“

Herner Kioskbetreiber: Neueröffnung statt Rente

Familie Yildiz ist nicht neu im Trinkhallengewerbe. Fast 20 Jahre lang hat Dogan Yildiz den Holsterhauser Minishop an der Rottbruchstraße betrieben. Dass er seinen Lebensunterhalt einmal als Kioskbesitzer in Deutschland verdienen würde, hätte sich der heute 59-Jährige in seiner Jugend nicht träumen lassen. In der Türkei hatte er als Lehrer gearbeitet und nie vorgehabt, auszuwandern – bis er seine Frau kennenlernte, deren Familie in Deutschland lebte. Obwohl Dogan Yildiz wusste, dass er seinen Beruf würde aufgeben müssen, weil sein Abschluss hierzulande nicht anerkannt werden würde, zogen die beiden nach Wanne-Eickel. Arbeit zu finden, gestaltete sich schwierig, erzählt der 59-Jährige. „Ich muss alleine etwas machen“, habe er sich gesagt – und sich mit seinem ersten Kiosk selbstständig gemacht.

Für Familie Yildiz ist die Lage ihres neuen Kiosks in der Hauptstraße in Wanne-Eickel ideal.
Für Familie Yildiz ist die Lage ihres neuen Kiosks in der Hauptstraße in Wanne-Eickel ideal. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Dort stand Yildiz Tag und Nacht hinterm Tresen, während seine Frau im St. Anna-Hospital ihrem Schichtdienst nachging. Am Wochenende wurde gemeinsam im Kiosk gefrühstückt, damit der Vater Zeit mit seinen beiden Söhnen Anil und Onur verbringen konnte. „Ich bin morgens früh weg und kam nach Hause, wenn die Kinder schliefen“, erzählt Dogan Yildiz von dieser Zeit. Vor zwei Jahren hat er den Kiosk, der ohnehin nicht mehr so gut lief, verkauft. Nur um festzustellen: „Ich hatte immer Langeweile.“ Serap Yildiz stimmt ihrem Mann zu: „Wenn man immer gearbeitet hat, ist es nicht einfach, aufzuhören.“ Als auf der Wanne-Eickeler Hauptstraße ein Ladenlokal frei wurde, sondierte der erfahrene Budenbetreiber die Lage und erhielt Anfang April den Zuschlag. Der Name, Kiosk26, war schnell gefunden. Er ist eine Hommage an die Wurzeln der Familie: Die Zahl 26 steht im türkischen Kennzeichensystem für die Provinz Eskisehir, aus der Yildiz stammt.

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Kiosk ist Familiensache: „Jeder soll sich hier wohlfühlen“

„Bis jetzt bin ich zufrieden“, sagt Dogan Yildiz nach den ersten Wochen im neuen Kiosk. „Wir wollen hier glücklich sein“, fügt seine Frau Serap hinzu. Es sei zwar immer noch viel Arbeit, aber die Tatsache, dass die ganze Familie im Umkreis wohne, mache alles viel leichter. So habe es sich auch schnell bei Freunden und Bekannten herumgesprochen, dass das Paar nun einen Kiosk in der Hauptstraße betreibt. „Uns kennen hier alle, deshalb haben wir auch meine Eltern ins Logo genommen“, erklärt Anil Yildiz. Die Resonanz sei bisher „unbeschreiblich“. Gemeinsam mit seiner Frau Aysenur, seinem Bruder Onur und dessen Frau Kübra unterstützt der 29-Jährige die Eltern im Kiosk. Der sei längst zum Treffpunkt geworden. „Wir kommen alle gerne her“, so Yildiz. „Das soll hier total familiär sein, sodass jeder, der reinkommt, sich wohlfühlt.“

Gemeinsam mit seiner Frau, seinem Bruder Onur und seiner Schwägerin unterstützt Anil Yildiz (l.) seine Eltern im Laden.
Gemeinsam mit seiner Frau, seinem Bruder Onur und seiner Schwägerin unterstützt Anil Yildiz (l.) seine Eltern im Laden. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Dafür soll auch die moderne Einrichtung sorgen, auf die die Brüder viel Wert gelegt haben und die mit der klassischen Bude, wie man sie sich so vorstellt, wenig zu tun hat. In seinem alten Kiosk habe Dogan Yildiz - wie viele seiner Zunft - noch so ziemlich alles verkauft, von frischen Brötchen bis hin zu Strumpfhosen. Die gibt es im Kiosk26 heute nicht mehr. Geräumig, offen und hell soll es sein, nicht so überfüllt. Kartenzahlung, Gutscheine, Paketshop - alle diese Angebote sollen gerade die junge Generation in den Laden locken. Eine Slush-Eis-Maschine ist schon bestellt und die Shishaecke wird noch erweitert. „Aber ein bisschen retro soll’s schon bleiben“, lenkt Anil Yildiz ein, „eben an Kindheit erinnern“. Deshalb gibt’s im Kiosk26 neben gutem Kaffee und angesagten Softdrinks auch immer noch die gute alte gemischte Tüte.

Für sonstige Kundenwünsche liegt an der Kasse eine Wunschliste aus. Und auch auf Instagram (@kiosk26) nehmen die Brüder Anregungen und Wünsche entgegen. Doch bei allem Sinn fürs Geschäft gestehen die Söhne ihrem Vater auch gern die Erfahrung zu, die dieser in Jahrzehnten „inne Bude“ gesammelt hat. „Letztens kam ein Kunde und hat nach Puffreis gefragt“, erzählt Anil Yildiz. „Ich sagte, das haben wir nicht. Da kommt mein Vater um die Ecke und sagt, er hat gestern erst welchen gekauft.“ Manchmal gehe es eben nicht so sehr ums Geld verdienen. „Wenn ein Kunde sich hier ernst genommen fühlt und sagt, er kommt gerne her, ist das viel mehr wert.“