Herne. „Ein Antisemit“: Eine Hernerin schlägt vor, die Hermann-Löns-Straße umzubenennen. Die Politik lehnt das ab – folgt aber einem anderen Vorschlag.

  • Johanna Mines (31) fordert Umbenennung der Herman-Löns-Straße.
  • Dichter sei Antisemit gewesen und von den Nazis vereinnahmt worden.
  • Stadt Herne will stattdessen ein Schild aufstellen

Mit einer Bürgereingabe hat die Hernerin Johanna Mines die Politik aufgefordert, die Hermann-Löns-Straße in Herne-Mitte umzubenennen. Der „Heide“-Dichter (1866-1914) sei ein Antisemit gewesen, begründete die 31-Jährige am Donnerstag in der Bezirksvertretung Herne-Mitte. Der Aufwand für diesen Schritt, so die Stadt Herne wäre sehr groß. Sie will stattdessen ein Schild aufstellen, das auf die kritische Seite des Dichters hinweist.

Auf ihrem Weg zur Arbeit, berichtete Johanna Mines der Politik, komme sie jeden Tag an der Hermann-Löns-Straße vorbei. Das reiche, um ihr die Laune zu verderben: Löns sei ein Antisemit gewesen und später von den Nazis vereinnahmt worden. Außerdem liege die nach ihm benannte Straße ausgerechnet „genau zwischen zwei Orten jüdischer Erinnerungskultur“: einem Ort, an dem eine Synagoge niedergebrannt wurde, und einem, an dem eine jüdische Schule stand. Und einen Bezug zu Herne sehe sie bei Löns auch nicht. Die Biologin fragte: Wäre es nicht besser, die Straße nach einem jüdischen Dichter oder einer jüdischen Dichterin zu benennen oder nach einem jüdischen Herner oder einer jüdischen Hernerin?

Stadt Herne: 500 Bürgerinnen und Bürger müssten sich ummelden

Schlug die Umbenennung vor: Johanna Mines (31) aus Herne.
Schlug die Umbenennung vor: Johanna Mines (31) aus Herne. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Nach Angaben der Stadt wäre eine Umbenennung sehr aufwendig. Etwa 500 Bürgerinnen und Bürger müssten sich ummelden, bräuchten neue Papiere, sagte Volker Schmid vom städtischen Fachbereich Vermessung und Kataster in der Bezirksvertretung. Außerdem müssten die Anwohnerinnen und Anwohner ihre geänderten Anschriften überall weitergeben, etwa an Versicherungen, Banken und Energieversorger. Hinzu kämen diverse Büros, Verbände und Unternehmen, die an der Straße am Rande der Innenstadt ansässig seien. Auch sie müssten die Änderungen vornehmen, unter anderem auch auf Firmenschildern, Werbung und Briefköpfen. Allein bei den Kosten für all das wäre man „schnell im höheren sechsstelligen Bereich“. Deshalb sehe die Verwaltung eine Umbenennung „kritisch“ an. Zudem gebe es durchaus eine Verbindung zwischen Löns und Herne: Die Vorfahren des Dichters hätten seit Jahrhunderten in Eickel gelebt.

Statt die Straße umzubenennen, schlug die Stadt deshalb vor, in Höhe der ehemaligen Synagoge an der Ecke Hermann-Löns-Straße/Schaeferstraße ein Schild anzubringen; das soll die Person Hermann Löns einordnen.

SPD: Löns war auch frauenfeindlich

Umstritten: Herman Löns. Im Bild: eine Bronze-Statue des Dichters in Walsrode (Niedersachsen).
Umstritten: Herman Löns. Im Bild: eine Bronze-Statue des Dichters in Walsrode (Niedersachsen). © picture alliance / dpa | Philipp Schulze

Melissa Arnold, Vorsitzende der SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung Herne-Mitte, konnte die Argumente der Bürgerin Johannes Mines gute nachvollziehen. Und nicht nur die: Löns sei außerdem frauenfeindlich gewesen, fügte Arnold an. Die Argumente der Verwaltung, dass eine Umbenennung (zu) aufwendig sei, könne sie aber auch verstehen. Das vorgeschlagene Schild, so die SPD-Frau, wäre eine gute Alternative, es „würde das Ganze abrunden“. Das sahen auch die anderen Parteien-Vertreter so.

So soll der Text auf dem Schild nach der Ergänzung des Wortes „frauenfeindlich“ lauten: „Hermann Löns (1866-1914), berühmter deutscher Dichter. Umstritten wegen seiner antisemitischen und frauenfeindlichen Einstellung, die er in seinen Schriften und musikalischen Werken verbreitete.“

Und was sagt Johanna Mines? Sie zeigte sich nach der Sitzung zufrieden. Ein Schild mit diesem Text sei „ein guter Kompromiss“. Auf diese Weise werde Geschichte nicht ausgelöscht, sondern erklärt. So könne man die Ambivalenz des Mannes aushalten.

>> WEITERE INFORMATIONEN: Vorfahren waren eine Küsterfamilie

Die Hermann-Löns-Straße hat laut Stadt eine bewegte Geschichte hinter sich: Erst hieß sie Bismarckstraße, dann Hohenzollernstraße, bis sie 1922 in Lönsstraße umbenannt wurde. Im Jahre 1933 wurde sie dann wiederum umbenannt in Hermann-Löns-Straße.

Ältester bekannte Vorfahr von Hermann Löns ist nach Angaben der Stadt Johann Georg Löns, der Verwalter des Gutes Nosthausen bei Eickel war und 1713 starb. Er sei 30 Jahre lang Küster der St. Marienkirche in Eickel gewesen – so wie weitere Familienmitglieder über fünf Generationen. Neben Ländereien besaß die Familie Löns, an dem Gahlenschen Kohlenweg (heute „Dorstener Straße“) gelegen, auch eine Gaststätte und eine Mühle.