Herne. Die Akademie Mont-Cenis soll künftig allein dem Land NRW gehören. Die Stadt Herne will ihre Anteile abgeben. Das hat Folgen – auch für die Bürger.
- Stadt Herne will Anteile an der Akademie Mont-Cenis abgeben.
- Grund sind Sanierungskosten von über 100 Millionen Euro.
- Verwaltung muss neue Räume für städtisches Team finden.
Die Stadt Herne will sich aus der Akademie Mont-Cenis komplett zurückziehen. Ihre Anteile will die Verwaltung an das Land verkaufen. Das bestätigt Sodingens Bezirksbürgermeister Mathias Grunert auf Anfrage der WAZ. Das Land NRW wäre dann der alleinige Besitzer des 180 Meter langen und 70 Meter breiten Gebäudes mit der markanten Glashülle. Die Folge: Die Stadt müsste mit ihren Einrichtungen ausziehen. Bürgersaal, Kegel, Verwaltungsgebäude – sie könnten dann nicht mehr von Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden.
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Die Akademie Mont-Cenis in Sodingen wurde 1999 auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Mont-Cenis als neues Stadtteilzentrum eröffnet. Sie dient dem Innenministerium des Landes NRW seit 2000 als Fortbildungsinstitut. Außerdem sind unter der Glashülle Teile der Herner Stadtverwaltung und ein Bürgersaal untergebracht. Eigentümer sind seit dem Start das Land und die Stadt gemeinsam: Das Land besitzt rund 80 Prozent, die Stadt rund 20 Prozent der Anteile.
Herner Bezirksbürgermeister: Akademie ist ein „Fass ohne Boden“
Ab 1. Januar 2023 soll die Akademie dann alleine dem Land gehören, sagt Bezirksbürgermeister Grunert. Die Stadt wolle ihre Anteile verkaufen, weil das Gebäude in den kommenden 20 Jahren für über 100 Millionen Euro saniert werden müsse. Für die finanziell klamme Stadt wäre ein zweistelliger Millionenbetrag als Anteil an den Sanierungskosten aber gar nicht zu stemmen. Außerdem sei jetzt noch gar nicht absehbar, ob die Kosten durch die globalen Krisen am Ende nicht noch explodieren.
Die Akademie, so Grunert, sei deshalb „ein Fass ohne Boden“. Damit die Sanierungen wie geplant durchgeführt werden könnten und damit sich die Stadt finanziell nicht verhebt, wolle die Stadt ihre Anteile verkaufen. Zum Kaufpreis äußerte sich Grunert nicht; es dürfte sich aber um einen symbolischen Kaufpreis handeln.
Bislang gehören der Stadt unter dem Glasdach Kegelbau, Bürogebäude und Bürgersaal. Was Letzteren angeht: Er bietet Platz für 280 Besucherinnen und Besucher, er wird von Vereinen und Verbänden für Veranstaltungen, aber auch von der Bezirksvertretung Sodingen für die Sitzungen genutzt. Aus dem Kegel, in dem früher die Stadtbibliothek Sodingen war, und aus dem Bürogebäude, in dem früher mehrere städtische Dienststellen untergebracht waren, hat sich die Verwaltung in den vergangenen Jahren bereits nach und nach zurückgezogen. Aktuell ist nur noch ein Team des städtischen Fachbereichs Kinder, Jugend und Familie in der Akademie untergebracht. Die Stadt hat ihre freigezogenen Räume zuletzt immer weiter an das Land vermietet, das mehr Platz für die Fortbildung braucht.
Neue Räume müssen gefunden werden
Als er von den Plänen gehört habe, sei ihm „im ersten Moment fast das Herz stehengeblieben“, bekennt Grunert. Die Akademie sei nun mal das Zentrum des Stadtteils. Angesichts der gewaltigen Kosten, die auf die Stadt bei der Sanierung zukämen, sei der Verkauf der städtischen Anteile aber verständlich: „Da muss man in den sauren Apfel beißen.“ Wichtig sei aber, dass die Akademie weiter „ein offenes Haus“ bleibe und dass entsprechende Ersatzräume gefunden werden, gerade auch für die Vereine und Verbände im Stadtteil. Für sie sei der Einschnitt gravierend.
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Das städtische Team des Fachbereichs Kinder, Jugend und Familie habe bereits neue Räume in der Nachbarschaft in Aussicht, sagt Grunert, und mit der Bezirksvertretung wolle er bis auf Weiteres voraussichtlich in den Veranstaltungssaal des Revierparks Gysenberg ziehen; dort habe sie auch früher schon getagt. Als neuen Saal für die Öffentlichkeit biete sich nach dem Umbau der Mont-Cenis-Gesamtschule die Aula an.
Nach Diskussionen in den politischen Gremien soll der Rat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause am 21. Juni über den Verkauf entscheiden.
>> WEITERE INFORMATIONEN: 14 Seminarräume, 170 Hotelzimmer und eine Mensa
Im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Emscherpark (IBA) wurde die Akademie Mont-Cenis nach den Entwürfen der Architekten Jourda & Perraudin gebaut. Die Konstruktion einer Hülle aus Glas und Holz mit Gebäuden im Innern wurde im Jahr 2000 neue Heimat der Fortbildungsakademie des Landes. Dazu gehören 14 Seminarräume, 170 Hotelzimmer und eine eigene Mensa.
Im Innern herrscht ein mediterranes Klima. Die Temperaturen sind durchschnittlich 5 Grad Celsius höher als draußen. Eine computergesteuerte Lüftung ermöglicht einen Wärmeaustausch ohne zusätzliche Energie. Wasserspiele, Erdkanäle und Tore verhindern im Sommer ein Überhitzen.