Herne. Mehr als 300 Anrufe beim Herner Straßenverkehrsamt und dennoch kein Termin: Max Boinski (18) beklagt lange Wartezeiten und untragbare Zustände.

Na also – da ist das Ding! Max Boinski präsentiert lächelnd seinen rosafarbenen „Lappen“, oder wie es im Beamtendeutsch korrekt heißt: „Vorläufiger Nachweis der Fahrberechtigung“. Bis der 18-Jährige diesen jedoch erhalten hat, brauchte es viel Geduld und eine Menge Anrufe beim Herner Straßenverkehrsamt.

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Doch von vorne: „Am 11. Mai habe ich meine Prüfung abgelegt“, erinnert sich Max. Damals, als er sich im Sommer 2020 bei der Fahrschule für den Führerschein ab 17 Jahren mit begleitetem Fahren anmeldete, ahnte er nicht, dass Corona die Prozedur in die Länge ziehen würde. „Oft ist der Theorie-Unterricht ausgefallen und dann gab es für die Praxisstunden eine sehr lange Wartezeit.“ Als der Schüler also seine Führerscheinprüfung ablegt und besteht, ist er schon 18 Jahre alt. Unter normalen Umständen hätte er den Führerschein ausgehändigt bekommen. „Weil ich aber den Führerschein für begleitetes Fahren beantragt hatte, gab es noch keinen Führerschein. Ich sollte zum Amt.“

Noch auf Taxi Mama angewiesen, geht es für Max zum Straßenverkehrsamt an der Südstraße. Allerdings vergeblich. „Ohne Termin gibt es keinen Einlass, hat der Pförtner mir gesagt.“ Er solle es telefonisch oder online versuchen. „Zu Hause haben wir dann direkt angefangen, dort anzurufen“, sagt Max. Allerdings auch hier kein Durchkommen, und das trotz vollem Einsatz. „Mama und ich haben beide jeweils mit unseren Handys angerufen und ich dann noch parallel mit dem Festnetz-Telefon.“ Bis 15 Uhr sind alleine von einem Handy 290 Anrufe an das Straßenverkehrsamt gegangen. „Nach einer halben Minute ist man einfach aus der Leitung geflogen.“ Schließlich kommt der 18-Jährige durch, die ernüchternde Antwort des Mitarbeiters am anderen Ende der Leitung: Telefonisch ließen sich keine Termine ausmachen. „Er hat mir gesagt, dass immer donnerstags und montags ab 8 Uhr neue Termine freigeschaltet werden.“

„Das Schild beim Straßenverkehrsamt überklebt, das wirkte ziemlich unprofessionell“, so Max Boinski.
„Das Schild beim Straßenverkehrsamt überklebt, das wirkte ziemlich unprofessionell“, so Max Boinski. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Am kommenden Morgen, glücklicherweise ein Donnerstag, auch hier Fehlanzeige. „Ich habe extra um 7 Uhr, um 8 Uhr und noch mal um 9 Uhr geschaut“, sagt Max. „Aber es gab keine neuen Termine.“ In ihrer Wut und Verzweiflung wendet sich Max’ Mutter, die nicht namentlich genannt werden möchte, an den Oberbürgermeister, schreibt ihn kurzerhand bei Facebook an. Und es kommt eine Antwort zurück. „Guten Morgen, die Verärgerung können wir gut verstehen“, beginnt die Nachricht. „Personelle Engpässe, auch durch Corona bedingt, und hohe Arbeitsbelastung bei den Kolleginnen und Kollegen sind sicher keine Entschuldigung, gleichwohl aber die Wahrheit.“ Man wolle mit dem zuständigen Dezernat über den Vorgang sprechen und plane, das Personal aufzustocken.

Straßenverkehrsamt Herne: Personalsituation ist angespannt

Die Stadt Herne bestätigt auf Nachfrage, dass die Personalsituation nach wie vor angespannt sei. „Es besteht eine hohe Arbeitsbelastung, die unter anderem dem fortlaufenden Umtausch der Papierführerscheine geschuldet ist“, erklärt Sprecherin Anja Gladisch. „Die Verwaltung hat auf dieses Problem reagiert und eine zusätzliche Stelle in der Führerscheinstelle eingerichtet. Da zwischenzeitlich eine Mitarbeiterin zu einer anderen Stadtverwaltung gewechselt ist, müssen zwei neue Mitarbeitende eingearbeitet werden.“ Derzeit befänden sie sich jedoch noch in Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, seien also nicht vor Ort. Auch das Problem der telefonischen Erreichbarkeit scheint der Stadt bekannt zu sein. Dazu erklärt Anja Gladisch: „Da sich alle eingearbeiteten Mitarbeitenden meistens in Vorsprachen befinden, ist die telefonische Erreichbarkeit leider eingeschränkt.“ Mit der Einarbeitung des neuen Personals gehe man davon aus, dass sich die Situation schon bald verbessern werde.

Und wie ist Max nun an seinen „Lappen“ gekommen? „Am Montag, zwei Wochen nach der Prüfung, habe ich dann einen Termin bekommen und konnte den vorläufigen Führerschein abholen“, sagt der 18-Jährige. Natürlich nur gegen eine Gebühr für den Mehraufwand, versteht sich. Der richtige Führerschein soll dann in einigen Wochen per Post kommen.