Herne. Herne erhält eine erste „Protected Bike Lane“. Aber kommt der geschützte Radweg an den richtigen Ort? Darüber gab es heftige Diskussionen.

Die Politik in Herne hat den Weg frei gemacht für einen ersten geschützten Radstreifen in der Stadt, auf Neudeutsch: „Protected Bike Lane“. Er soll auf einer Länge von 400 Metern auf dem Westring in Herne-Baukau entstehen – zwischen Bahnhofstraße und Kreisverkehr Forellstraße. Vor allem die SPD tat sich aber schwer, dem Vorschlag der Verwaltung zuzustimmen.

Zunächst mal zu dem Projekt. Die Stadt hatte der Politik diesen Abschnitt vorgeschlagen, um einen „Piloten“ zu haben und anschließend zu schauen, wie das Ganze funktioniert. Mit dem Ziel: die Schaffung weiterer dieser geschützten Radfahrstreifen. Dazu soll auf dem Westring der vorhandene zwei Meter breite Radfahrstreifen zusätzlich um einen Meter verbreitert werden. Die Fahrbahn hat dann in beiden Richtungen nur noch eine Breite von 3,50 Metern.

Herne: Warnbaken stellen sich nach dem Überfahren wieder aus

Als Absperrung zur Fahrbahn sollen Leitschwellen mit aufgesetzten rund 70 Zentimeter hohen, rot-weißen Warnbaken angebracht werden. Diese Schwellen, sagte Josef Becker, Leiter des städtischen Fachbereichs Tiefbau und Verkehr, im Ausschuss für Digitalisierung, Infrastruktur und Mobilität (DIM), könnten in Notsituationen überfahren werden; die Warnbaken stellten sich anschließend selbstständig wieder auf. Das Sicherheitsgefühl der Radfahrenden, so Becker, werde durch die „Protected Bike Lane“ gesteigert, und sie soll mehr Radfahrende anziehen.

Auf dem Westring soll aus dem Radweg eine „Protected Bike Lane“ werden.
Auf dem Westring soll aus dem Radweg eine „Protected Bike Lane“ werden. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Die Politik begrüßt, ganz allgemein, den Start dieser Radfahrstreifen in Herne. Nachdem der Vorschlag der Stadt die Bezirksvertretung Herne-Mitte einstimmig passiert hatte, gab es im DIM-Ausschuss aber kräftig Gegenwind von der SPD. In mehrfacher Hinsicht. Warum, fragte etwa Jürgen Scharmacher, soll der geschützte Radfahrstreifen ausgerechnet an die Peripherie nach Baukau, wo es wenig Verkehr gibt, aber bereits einen gut ausgebauten „normalen“ Radstreifen? Und warum soll die klamme Stadt Herne dafür 69.000 Euro investieren? Warum komme so ein Radstreifen nicht da hin, wo er Sinn mache: etwa an die Heerstraße. Dort sei er bitternötig. SPD-Ratsherr Michael Zyweck fügte an, dass nach 400 Metern schon Schluss sei, der Radfahrende lande „im Nirwana“. Ähnlich äußerste sich Fraktionskollege Hendrik Bollmann: „Wir wollen kein Puzzlestück.“

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SPD stimmte nach Sitzungsunterbrechung zu

Tiefbauchef Josef Becker war sichtlich angesäuert ob der Kritik der Sozialdemokraten. Für den Start brauche man einen „narrensicheren Abschnitt“, stellte er klar, um Erfahrungen sammeln zu können. Und natürlich sei das ein Puzzlestück, aber weitere sollen schließlich folgen. Außerdem sei der Ort auch deshalb gut, weil der Verkehr, vor allem der Lkw-Verkehr, an der Stelle stark zugenommen habe – auch, weil er Ausweichroute für die gesperrt Emschertalbrücke geworden sei. „Wenn wir nicht probieren, wo sollen wir anfangen?“, fragte er und mahnte: „Wir brauchen ein Zeichen.“ Die 69.000 Euro für den Umbau seien da „sehr sinnvoll“ angelegt.

Die neue Spur soll nicht im „Nirwana landen“: SPD-Ratsherr Michael Zyweck.
Die neue Spur soll nicht im „Nirwana landen“: SPD-Ratsherr Michael Zyweck. © SPD

Nach einer Sitzungsunterbrechung, die die Sozialdemokraten beantragt hatten, stimmte die SPD dann mit den anderen Parteien zu; SPD-Ratsherr Scharmacher enthielt sich. Eigentlich mache eine „Protected Bike Lane“ dort mehr Sinn, wo es für Radfahrende deutlich mehr Gefährdungen gibt, sagte SPD-Sprecher Zyweck. Außerdem sei dieser Abschnitt nicht gerade typisch für Herner Hauptstraßen; so habe er unter anderem kaum Einmündungen. Wenn die gewählte Stelle aber den Erkenntnisgewinn liefere, den sich die Stadt vorstelle, dann sei das Geld gut angelegt. Aus dem städtischen Haushalt soll es aber nach Möglichkeit nicht fließen; die Stadt möge schauen, ob es eine Förderung gibt, bat er. Nicht zuletzt forderte er eine schnelle Evaluation des Piloten, um weitere dieser Radfahrstreifen bauen zu können.

Und vor allem: Dieses erste Stück dürfe auf dem Westring nicht das letzte bleiben. Zyweck erinnerte daran, dass die Stadt eine Nord-Süd-Fahrradtrasse gerade auch über den Westring schaffen wolle, und damit müsse es zügig vorangehen.

Nach dem grünen Licht der Politik soll die neue „Lane“ laut der Stadt im zweiten Quartal dieses Jahres, also bereits bis Juni, gebaut werden. Die Arbeiten sollen – je nach Witterung – zwei Wochen dauern.

>> WEITERE INFORMATIONEN: Rettungsweg für die Feuerwehr

Die neue „Protected Bike Lane“ soll künftig auch als Rettungsweg für Fahrten von Rettungs- und Notarzteinsätzen von Feuerwehr und Polizei genutzt werden, sagte Josef Becker, Leiter des Fachbereichs Tiefbau und Verkehr. So hätten auch sie bei Staus auf der Strecke freie Fahrt.

Radfahrende könnten durch Zwischenräume bei Bedarf zur Seite fahren.