Herne. Die geplante Anlaufstelle für Suchtkranke in Wanne hat Ängste bei Bürgern ausgelöst. Die Stadt Herne sieht den Treff als „große Chance“.

Die geplante Anlaufstelle für die Wanner Drogenszene in der ehemaligen Gaststätte Warsteiner Stuben an der Freisenstraße 22 hat Ängste in der Bevölkerung ausgelöst. Nachbarinnen und Nachbarn sorgen sich, dass Suchtkranke künftig in ihren Straßen ein- und ausgehen. Die Stadt beschwichtigt: Der neue Treffpunkt sei eine große Chance, die man nutzen müsse. Das sieht auch die Politik so.

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Zum Hintergrund: Dass die Szene in der Ex-Kneipe unterkommen soll, hatte die Stadt Herne der Politik in diesem Monat vorgeschlagen. Seit vielen Jahren halten sich Suchtkranke, aber auch obdachlose und psychisch kranke Menschen in einem Unterstand im Postpark sowie auf dem benachbarten Buschmannshof auf. Das sorgte immer wieder für Kritik: Bürgerinnen und Bürger, aber auch Geschäftsleute sowie Politikerinnen und Politiker ärgern sich über die Menschen, die sich dort aufhalten und offen Alkohol und andere Drogen konsumieren. Der Versuch, für sie eine feste Anlaufstelle zu finden, in denen sie auch betreut werden, war in den vergangenen Jahren gescheitert – bis jetzt.

Stadt Herne: Es gibt eine große Chance, dass das funktioniert

In einem Unterstand im Postpark in Wanne-Mitte halten sich die Suchtkranken auf.
In einem Unterstand im Postpark in Wanne-Mitte halten sich die Suchtkranken auf. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Nun also sollen die ehemaligen Warsteiner Stuben ab Mitte Juli der Treffpunkt werden. Medienberichte, darunter ein WAZ-Artikel, die die Pläne der Verwaltung vorstellten, haben bei Bürgerinnen und Bürgern Unruhe ausgelöst, hieß es am Mittwoch im Sozialausschuss. Und nicht nur dort: Auch die Vertreterinnen und Vertreter der Parteien waren angesäuert, wie in der Sitzung deutlich wurde. Nicht, weil nun eine Anlaufstelle gefunden wurde (im Gegenteil), sondern weil die Politik erst über die Pläne diskutieren, ja abstimmen durfte, nachdem der Mietvertrag schon längst unterschrieben war. Tenor: Wären sie früher informiert worden, hätten sie die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig mitnehmen können, so die Parteien; Ängste in der Bevölkerung hätten so vermieden werden können.

Dass es diese Ängste gibt, da waren sich im Sozialausschuss alle einig. Auch ein Nachbar der künftigen Anlaufstelle, der Rederecht erhielt, fragte: Ist ein solcher Treffpunkt mitten in einem Wohngebiet, in der Nähe von Schulen und einer Kita, sinnvoll? Ja, meinte Angelika Burrichter, Leiterin des städtischen Fachbereichs Gesundheitsmanagement. Jahrelang sei vergeblich eine Anlaufstelle gesucht und nun endlich gefunden werden, diese Gelegenheit müsse man nutzen: „Es gibt eine große Chance, dass das funktioniert.“ Der Mietvertrag, erklärte sie, habe schon vor der Information an die Politik unterschrieben werden müssen, weil die Räume sonst möglicherweise an jemand anderen vermietet worden wären.

Politik begrüßt die Pläne

Der Bedarf sei groß: Kadesch-Chefin Kristin Pfotenhauer.
Der Bedarf sei groß: Kadesch-Chefin Kristin Pfotenhauer. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

An dem Projekt sind mehrere Träger beteiligt, darunter Kadesch, die gemeinnützige Gesellschaft zur Förderung der Jugend- und Suchtkranken-Hilfe Herne, Jobcenter Herne, Gesellschaft freie Sozialarbeit und das St. Marienhospital Eickel. Sie wollen in der ehemaligen Gaststätte eine Kontakt- und Anlaufstelle mit Cafébetrieb aufbauen, in dem zwölf der Abhängigen und Kranken mitarbeiten sollen, berichtete Kadesch-Geschäftsführerin Kristin Pfotenhauer im Sozialausschuss.

Eröffnet werden soll die Einrichtung am 13. Juli, und das Café soll zunächst zwischen 10 und 16 Uhr geöffnet sein. Pfotenhauer zeigte sich ebenfalls optimistisch, dass der neue Treff funktioniere: „In keinem anderen unserer Projekte gab es bislang Probleme“, sagte sie mit Verweis auf Einrichtungen wie die Sozialgeschäfte „Budenzauber“ oder „Brockenhaus“. Überhaupt: Ein fester Treff tue Not, „der Bedarf ist groß“.

Die Politik begrüßte die Pläne und gab einstimmig grünes Licht. „Diese Chance muss man nutzen“, sagte Frank Salzmann (SPD). Er setzt darauf, dass nicht nur der Treff funktioniert, sondern auch die soziale Kontrolle rund um die Ex-Kneipe. Wichtig sei, dass im Umfeld keine Drogen konsumiert würden. Am Ende, so zeigte er sich optimistisch, profitiere der gesamte Bereich. Bettina Szelag (CDU) äußerte sich ähnlich. Das Konzept habe „Hand und Fuß“, gut sei zudem, dass „starke Partner“ mit im Boot seien.

Wichtig sei, dass spätestens jetzt die Bürgerinnen und Bürger, aber etwa auch die Schulen im Umkreis informiert würden, so der weitere Tenor der Politik. Die SPD kündigte kurzfristig an, dass sie nun selbst eine Veranstaltung für die Bürgerinnen und Bürger durchführen werde.

>> WEITERE INFORMATIONEN: SPD lädt zu Infoveranstaltung

Die SPD veranstaltet zum Thema neue Anlaufstelle für Suchtkranke eine Veranstaltung „Fraktion vor Ort“. Sie findet statt am Dienstag, 24. Mai, 17.30 Uhr, in der Aula der Gesamtschule Wanne-Eickel (Stöckstraße 41), heißt es in einer Ankündigung.

Teilnehmer seien der Ärztliche Direktor des St. Marien Hospitals Eickel, Dr. med. Peter W. Nyhuis, Kadesch-Geschäftsführerin Kristin Pfotenhauer, Frank Köhler, Geschäftsführer der Gesellschaft freie Sozialarbeit, Sozialdezernent Johannes Chudziak und Patrick Steinbach, Vorsitzender des Sozialausschusses, heißt es. Anmeldung: info@spd-fraktion-herne.de oder telefonisch unter 02323 / 949150.