Herne. Um die rote Ampel zu umfahren, ziehen Fahrer auf die grüne Linksspur -und werden geblitzt. Was ein Anwalt zu den Chancen eines Widerspruchs sagt.

Der Blitzer an der Holsterhauser Straße / Ecke Westring in Herne sorgt für Unmut bei einigen Geblitzten. Zahlreiche Betroffene rätselten unter anderem in der Herner Facebook-Gruppe, ob der Blitzer vielleicht kaputt sei oder fälschlicherweise auslöse. Was die Stadt dazu sagt und ob ein Widerspruch Sinn macht.

Ursache ist eine Situation, die ein Facebook-Nutzer wie folgt beschreibt: „Geradeaus war rot, nach links war grün, habe mich dann kurz vor der Kreuzung beim Rollen entschieden, nach links zu fahren und bin rüber gezogen.“ Drei Wochen später habe er Post bekommen mit dem Blitzer-Foto. Zu Unrecht, findet er. Denn er sei ja links abgebogen und nicht geradeaus über die Kreuzung gefahren, für die die Ampel rot gezeigt habe. Daraufhin entbrannte bei Facebook eine Diskussion über Ursachen und Richtigkeit der Blitzer-Funktion.

Betroffene rätselten, ob Blitzer in Herne-Mitte kaputt ist

„Ich wollte gestern links abbiegen, habe auch nichts falsch gemacht. Und dennoch wurden ich und mein ,Vorfahrer’ geblitzt. Das Ding ist kaputt“, schreibt eine Nutzerin. Und eine andere: „Ich bin dort am Montag auch geblitzt worden. Stand ganz normal auf der Spur, war das zweite Auto beim Abbiegen. Die Autos vor und hinter mir wurden auch geblitzt. Sind ganz normal links abgebogen, als es grün wurde. Falls was kommt, lege ich Einspruch ein.“

Ahmet Demir ist ebenfalls vor einigen Monaten an dieser Stelle geblitzt worden. Die Folge: Zwei Punkte in Flensburg und rund 100 Euro Strafe. „Ich habe mich sehr geärgert, aber war auch froh, dass ich kein Fahrverbot bekommen habe, da ich beruflich aufs Auto angewiesen bin“, sagt der Mann aus Horsthausen zur WAZ. Widerspruch habe er deshalb keinen eingelegt.

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Denn es hätte ihn auch deutlich härter treffen können: Die Strafen bei dem Rot-Blitzer sind hoch. „Ist die Ampel unter einer Sekunde rot, sind dies 90 Euro und ein Punkt in Flensburg. Bei länger als einer Sekunde Rotlicht sind es 200 Euro, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot“, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken. Denn dann handelt es sich um einen qualifizierten Rotlicht-Verstoß. Insgesamt habe der Blitzer im vergangenen Jahr 1596-mal ausgelöst, in diesem Jahr bereits 585-mal (Stand 30. April), so Hüsken.

Stadt stellt klar: „Keine Fehlfunktion des Blitzers“

„Der Blitzer hat keine Fehlfunktion“, betont Hüsken auf WAZ-Anfrage. Zwar beobachte die Stadt diesen Sachverhalt an der Kreuzung häufiger, allerdings handele es sich weniger um Spontanabbieger, sondern um Fahrzeuge, welche die linke Geradeausspur zur Abbiegespur umfunktionierten, um einem Rückstau von der Linksabbiegerampel zu umfahren, so Hüsken. „Dies geschieht insbesondere an Tagen, an denen die A 43 aufgrund der dortigen Arbeiten zum Umbau des Kreuzes Herne gesperrt ist“, so Hüsken. Anstatt die weiträumigen Umleitungen über andere Autobahnen zu nutzen, suchten Pkw und Lkw dann ihre eigenen Wege durch das Stadtgebiet und eben auch über die besagte Kreuzung.

„Es gibt zwei Induktionsschleifen, die den Blitzer auslösen“, erklärt Hüsken auf WAZ-Anfrage. Die erste sei im Bereich des Haltebalkens, die zweite im Kreuzungsbereich. „Alleine das Überfahren der Haltelinie bei roter Ampel stellt eine Ordnungswidrigkeit dar“, sagt Hüsken. Wenn der Blitzer auslöst, sei die Haltelinie überfahren worden und es spiele keine Rolle, ab der Fahrer danach links abbiege, so der Stadtsprecher.

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Dem stimmt auch Andreas Peters, Fachanwalt für Verkehrsrecht in Herne, zu – wenn auch mit Einschränkung: „Das ist eindeutig ein Rotlicht-Verstoß, da gibt es juristisch nichts zu deuten“, sagt er. Sehr häufig würden sich Betroffene genau wegen dieser Situation an der Holsterhauser Straße / Ecke Westring an ihn wenden. „Diese Art des Rotlicht-Verstoßes kommt an dieser Ampel meines Erachtens häufiger vor als der normale.“ Dabei befinde sich beim Überqueren der Haltelinie der Fahrer zwar schon auf der Linksabbiegerspur, die Beifahrerseite aber noch auf der Geradeausspur.

Fahrverbot kann verhindert werden

Einen Unterschied könne es aber schon machen, ob der Fahrer geradeaus oder links abgebogen sei, erklärt Peters. Denn das könne sich bei der Strafbewertung auswirken. So habe auch das Oberlandesgericht Hamm vor einem Jahr entschieden, dass es sich in einem solchen Fall sehr wohl um einen Rotlicht-Verstoß handele, von der Verhängung eines Fahrverbotes aber abgesehen werden könne, erläutert der Fachanwalt. Und so handhabe das die Stadt Herne in der Regel auch, so seine Erfahrung.

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Mit einem Widerspruch könne man beim Amtsgericht vielleicht noch erzielen, dass auch nach mehr als einer Sekunde Rotlicht, das Bußgeld dennoch auf 90 Euro und einen Punkt reduziert werde, da beim Linksabbiegen keine Gefahr für den Linksverkehr bestehe, stellt Peters in Aussicht. „Das ist dann aber schon ein Bombenergebnis. Mehr geht nicht“, betont er.

Wichtig sei es hingegen, sich frühzeitig in die richtige Spur einzuordnen, betont Hüsken. Und darauf achtet auch Ahmet Demir an dieser Kreuzung von nun an ganz besonders.

>>>WEITERE INFORMATIONEN: Einziger Rot-Blitzer in Herne

  • Der Blitzer an der Holsterhauser Straße ist der einzige Rot-Blitzer in ganz Herne. Er wurde 2015 installiert, da die Kreuzung Holsterhauser Straße / Westring ein Unfallschwerpunkt war, gibt Stadtsprecher Hüskens an.
  • Zwei weitere festinstallierte Blitzer, die allerdings die Geschwindigkeit kontrollieren, befinden sich an der Wakefieldstraße und an der Sodinger Straße, Ecke Lütgebruch.