Herne/Kabul. Der Herner Verein Amiri e.V. engagiert sich für Notleidende in Afghanistan. Die Lage dort sei prekärer denn je, Hilfsbereitschaft kaum vorhanden.

Die Währung in Afghanistan heißt Afghani. Durch Inflation und Machtergreifung der Taliban hat sie enorm an Wert verloren – bares Geld besitzen nur noch die wenigsten Menschen im Land. Meist nur dann, wenn sie ihren letzten Besitz verkaufen oder gar Organe, vorzugsweise Nieren. „Man könnte sagen, dass Organe die neue Währung dort geworden sind“, sagt Dr. Mohammad Hamed Amiri, der in Herne eine Arztpraxis führt. „Die Zustände sind katastrophal“, ergänzt Marwa Amiri, seine Schwester. „Durch den Krieg in der Ukraine bekommt das kaum jemand mit.“

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Marwa Amiri und ihr Bruder Dr. Mohammad Hamid Amiri setzen sich mit ihrem Verein Amiri e.V. für Notleidende in Afghanistan ein.
Marwa Amiri und ihr Bruder Dr. Mohammad Hamid Amiri setzen sich mit ihrem Verein Amiri e.V. für Notleidende in Afghanistan ein. © oh | Amiri

Vergangenes Jahr gründete die 27-jährige Studentin den Hilfsverein Amiri e.V., um Notleidenden in Afghanistan zu helfen (wir berichteten). Unterstützer der ersten Stunde ist ihr Bruder Mohammad, regelmäßig spendet er für den Verein, weist Patientinnen und Patienten auf die prekäre Lage in seinem Heimatland hin. „Mittlerweile schaffe ich meine eigene Arbeit kaum noch, weil ich so viel Zeit in den Verein stecke“, sagt der Mediziner. Die Situation in Afghanistan sei schlimmer denn je. „Die Menschen essen irgendwelche Pflanzen vom Straßenrand, weil sie so verzweifelt sind“, sagt Marwa Amiri. „Da können wir nicht einfach wegsehen.“

Hungersnot in Afghanistan: Lage schlimmer denn je

Dass in den europäischen Medien über diese humanitäre Krise kaum berichtet wird, können die Geschwister nur schwerlich nachvollziehen. „Wir verstehen schon auch die Sicht der Europäer, alle Augen sind auf die Ukraine gerichtet“, sagt Mohammad Hamed Amiri. Er wolle den Krieg nicht kleinreden. „Aber die Menschen in Afghanistan wurden vergessen, sie werden wie Menschen zweiter Klasse behandelt.“ Hilfe aus dem Ausland sei problematisch – niemand wolle mit der afghanischen Regierung kooperieren. Für die Ortskräfte von Amiri e.V. bleibt es weiterhin gefährlich, Lebensmittelverteilungen zu organisieren. „Wir müssen uns immer vor den Taliban verstecken“, sagt Marwa Amiri.

Eine Auszeit vom Alltag: Bei der Lebensmittelverteilung im Februar konnten die Kinder das Kind-Sein genießen, sagt Marwa Amiri.
Eine Auszeit vom Alltag: Bei der Lebensmittelverteilung im Februar konnten die Kinder das Kind-Sein genießen, sagt Marwa Amiri. © Unbekannt | Amiri e.V.
Viele Kinder in Afghanistan versuchen ihre Familien mit dem Putzen von Schuhen zu unterstützen.
Viele Kinder in Afghanistan versuchen ihre Familien mit dem Putzen von Schuhen zu unterstützen. © Unbekannt | Amiri e.V.

Bei der letzten großen Aktion in Kabul von Amiri e.V. im Februar konnten 80 Kinder vorbeikommen. In einem sicheren Innenhof erhielten sie Nahrung, Kleidung, Schuhe und etwas Bargeld. Das Team um Cousin Ehsan Amiri organisierte die Verteilung, schickte viele Bilder und Videos nach Deutschland. „Das Schönste war für mich zu sehen, dass die Kinder für ein paar Stunden einfach das Kind-Sein genießen konnten“, sagt Marwa Amiri. Essen, Fußball spielen, herumtoben – was eigentlich selbstverständlich sein sollte, sei für diese Kinder nur ein kurzer Ausflug gewesen. „Die meisten Kinder gehen nicht mehr zur Schule. Sie versuchen, mit Schuhe putzen und Flaschen sammeln Geld zu verdienen.“

Den Großteil der Spenden für die Aktion im Februar finanzierte Mohammad Hamed Amiri aus eigener Tasche. „Auch wenn wir wollten, das können wir nicht jedes Mal so machen“, sagt er. Als junger und kleiner Verein lebe Amiri e.V. von Aufmerksamkeit. „Eigentlich müssten wir mehr in unserer Öffentlichkeitsarbeit investieren“, bekennt Marwa Amiri. „Ich bringe es aber nicht übers Herz, die Spenden nicht vollständig in Hilfsgüter zu investieren.“ Im Prinzip ein Teufelskreis, denn auch für eine Webseite oder Mitarbeitende fehlen dem Verein die Mittel.

>>> Amiri e.V. bei Instagram

  • In dem sozialen Netzwerk Instagram teilt Amiri e.V. unter dem Nutzernamen @hilfsorganisationamiri regelmäßig Eindrücke aus Afghanistan. „Wir versuchen, die Videos zu untertiteln. Aber das ist sehr aufwendig“, erklärt Marwa Amiri. Die Fotos und Videos stammen überwiegend von Ehsan Amiri. Er vertritt den Verein in Kabul.
  • Spenden sind jederzeit willkommen. Spendenkonto: DE 0642 0400 4004 4009 3300, Empfänger: Hilfsorganisation Amiri e.V. Unter Angabe der Kontaktdaten erhalten Spenderinnen und Spender einen Beleg.